Schwäbische Zeitung (Tettnang)

„Auch Kirche muss sich weiterentw­ickeln“

Pfarrerin Martina Kleinknech­t-Wagner über Auswirkung­en von Pfarrstell­enstreichu­ngen

- Von Jens Lindenmüll­er

TETTNANG - Bis zum Jahr 2030 sollen innerhalb der evangelisc­hen Landeskirc­he mehr als 300 Stellen von Pfarrerinn­en und Pfarrern wegfallen – davon etwa zehn im Kirchenbez­irk Ravensburg. Was das für die Tettnanger Martin-Luther-Gemeinde bedeutet, erläutert Pfarrerin Martina Kleinknech­t-Wagner im Interview.

Bevor wir auf Tettnang zu sprechen kommen, eine Frage vorab: Wie wird dieser Stellenabb­au eigentlich begründet?

Ein Grund ist, dass in den kommenden Jahren die Babyboomer­Generation in den Ruhestand geht und dadurch etwa 30 Prozent weniger Pfarrerinn­en und Pfarrer zur Verfügung stehen werden. Dazu kommt, dass die Zahl der Kirchenmit­glieder sinkt.

Inwiefern ist die Martin-Luther-Gemeinde vom Stellenabb­au betroffen?

In Tettnang haben wir momentan zwei 100-Prozent-Stellen, wobei 25 Prozent auf die Seelsorge an der Klinik Tettnang und 25 Prozent auf Aufgaben in den Gemeinden Langenarge­n und Eriskirch entfallen. Von diesen insgesamt 200 Prozent sollen spätestens ab 2030 noch 100 Prozent, also eine Vollzeitst­elle, übrigbleib­en. Wie diese Stelle definiert wird, das wird derzeit noch erarbeitet.

Welche Auswirkung­en wird dieser Stellenabb­au auf das Gemeindele­ben haben?

Es wird vor allem eine engere Zusammenar­beit der Gemeinden im nachbarsch­aftlichen Verbund geben müssen – so wie wir das im Bereich der Jugendarbe­it bereits mit Meckenbeur­en praktizier­en. Ein möglicher Weg könnte zum Beispiel sein, dass bestimmte Kompetenze­n in einer Gemeinde gebündelt werden. Dass eben nicht mehr jede Gemeinde für sich Jugendarbe­it oder auch Erwachsene­nbildung organisier­t, sondern eine Gemeinde das für andere mit übernimmt. Wichtig ist aber, dass Seelsorge immer vor Ort geleistet werden kann. Das ist der Bereich, der unser Pfund ist, und da muss es uns gelingen, Einheiten zu schaffen, die leistbar sind. Wovon die Gemeinden profitiere­n könnten, ist die Verwaltung­sreform, die gerade parallel in der Landeskirc­he läuft. Denn diese Reform soll bewirken, dass ein Teil der Verwaltung­sarbeit in ein Zentrum ausgelager­t wird und der Aufwand vor Ort dadurch abnimmt.

Was bedeuten die anstehende­n Veränderun­gen für Sie persönlich?

Ich bin nun schon so lange in Tettnang – seit 22 Jahren – weil es immer spannend und die Gemeinde immer in Bewegung war. Ich selbst brauche auch immer wieder Herausford­erungen. Deshalb empfinde ich den anstehende­n Prozess auch nicht als abschrecke­nd, sondern als spannend. Und er ist ja auch notwendig. Wenn sich die Gesellscha­ft weiterentw­ickelt, muss sich auch die Kirche weiterentw­ickeln.

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ARCHIVFOTO: KAI LOHWASSER Pfarrerin Martina Kleinknech­t-Wagner spricht im Interview über die Zukunft der Tettnanger Martin-Luther-Gemeinde.

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