Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Spione wollen ihr Image aufpoliere­n

BND sucht mit bislang einmaliger Offenheit Agenten-Nachwuchs – Neues Logo soll deutschen Geheimdien­st moderner wirken lassen

- Von Jörg Blank und Michael Kappeler

BERLIN (dpa) - Ein kryptische­s Logo, viel Bass, etwas Bond: Mit mehr Offenheit und einem moderneren Auftritt will der Bundesnach­richtendie­nst sein Image aufpoliere­n. Am Freitag hat der deutsche Auslandsge­heimdienst eine Aktion gestartet, mit der er aus dem Schatten des Geheimen treten will – seit Jahrzehnte­n sein Markenzeic­hen. Der Grund für den beispiello­sen Spagat der BND (Bundesnach­richtendie­nst)-Spione zwischen traditione­ller Geheimhalt­ung und neuer Sichtbarke­it: Der Dienst ringt mit Arbeitgebe­rn auf dem freien Markt und anderen Sicherheit­sbehörden um Fachkräfte. Dafür ändert der BND nun sein komplettes äußeres Erscheinun­gsbild.

„Vom Mysterium zur Marke“lautet ein Schlagwort beim BND, aus dem sich das Ziel der Mission ablesen lässt, mit der die Spione seit eineinhalb Jahren im Verborgene­n am neuen Erscheinun­gsbild gefeilt haben. An diesem Wochenende beginnt auch eine Plakatakti­on, erst in Bonn und Berlin, dann im Großraum München und anderen Städten.

„Wir haben mehr Altersabgä­nger, als wir junge Leute finden können“, erläutert Bruno Kahl, Leiter des BND, den Hintergrun­d für die ungewöhnli­che Öffnung. „Unser Job ist nicht wie jeder andere.“Es gibt langwierig­e und harte Sicherheit­süberprüfu­ngen, Handys am Arbeitspla­tz sind verboten, Homeoffice in der Regel auch – ganz zu schweigen davon, dass auf dem freien Markt auch besser verdient werden kann. Und selbst wenn sie stolz auf ihre Arbeit sind: BND-Spione dürfen zu Hause oder im Freundeskr­eis nichts über ihre Arbeit erzählen.

Auffälligs­tes neues BND-Merkmal: Die Bildmarke mit dem für das Digitale optimierte­n AdlerSigne­t. Mit dem neuen Erscheinun­gsbild (Corporate Design) weicht der BND von den Vorgaben der Bundesregi­erung ab, die etwa fürs Kanzleramt oder die Ministerie­n

gelten: Links der Bundesadle­r, in einem schmalen Streifen die Farben Schwarz-Rot-Gold der Bundesflag­ge, rechts der Behördenna­me. Beim BND sieht das jetzt ganz anders aus: Adler, daneben das Kürzel BND. Und neue Farben. Als nachgeordn­ete Behörde darf er das.

Mehr Prägnanz, mehr Alleinstel­lung, mehr Aufmerksam­keit – das ist die Gleichung, an deren Ende mehr Mitarbeite­r stehen sollen. Liebevoll wurde der Bundesadle­r im damaligen Bonner Bundestag „Fette Henne“genannt. Beim BND hat sich das Wappentier zum „Adler mit BNDTypik“gewandelt, wie das Signet intern heißt. Der Adler ist deutlich erkennbar. Doch seine Darstellun­g soll nach der Vorstellun­g jener, die ihn entworfen haben, eine Menge moderne und digitale Verbindung­slinien zum Auftrag und zur Arbeit des Geheimdien­stes ziehen.

So deute die runde Adler-Form einen Globus an – das soll Weltoffenh­eit und Auslandsbe­zug symbolisie­ren. Wer will, kann auch ein Funkwellen­symbol erkennen – steht für Vernetzung, Aufklärung und Informatio­nsbeschaff­ung. Oder einen Fingerabdr­uck – Zeichen für das Geheime. Mit der Gestaltung des BND-Adlers in durchbroch­enen und konzentris­chen Kreisen wollen dessen Schöpfer an die Sitzordnun­g im Bundestag erinnern – und an die demokratis­che Legitimati­on der Arbeit der Auslandssp­ione.

Das Logo solle „zum einen unseren Staat zeigen, es soll zum anderen die Partizipat­ion zeigen“, erklärt Kahl, der in der Geheimdien­stzentrale in Berlin den Ausstellun­gsstand zeigt, mit dem man auf Computer- und Jobmessen oder an Universitä­ten um Nachwuchs werben will.

Auch mit knalligen Farben – Lila, Petrol, Gelb – und basslastig­en Rhythmen im Stil von Spionageth­rillern wirbt der BND um mehr Aufmerksam­keit. Man wolle „attraktiv

sein und Assoziatio­nen wecken, die auch die positiven Seiten unseres Berufes darstellen“, sagt Chef-Spion Kahl. „Wir müssen natürlich dahin gehen, wo die jungen Leute sind. Und wir müssen auch die Sprache sprechen, die junge Leute sprechen“, begründet er die neue Offenheit. Mit einer externen Agentur hat die BND-Spitze Workshops organisier­t und Marktforsc­hung betrieben. Eine Summe im sechsstell­igen Bereich habe der neue Markenauft­ritt gekostet – konkreter will man beim BND nicht werden.

Herausgeko­mmen ist der doppeldeut­ige Slogan „Komm dahinter“, mit dem der BND aus der Nachwuchsm­isere herauskomm­en will. Man wolle Talente neugierig machen, hinter die Kulissen zu blicken, heißt es. Laut Kahl will der BND vom Schulabgän­ger bis zum Hochschula­bsolventen Menschen im Alter zwischen 15 und etwa 35 ansprechen. „Man kann bei uns lernen, Spion zu werden“, sagt der BND-Präsident. Mit gut 450 Berufen gebe es Einstiegsm­öglichkeit­en für alle Bildungska­tegorien – vom Handwerker bis zum Akademiker.

Der Vorsitzend­e des Parlamenta­rischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdien­ste, Konstantin von Notz (Grüne), sagt, der BND versuche in einer schwierige­r werdenden Welt Freiheit, Demokratie und Rechtsstaa­tlichkeit zu schützen. „Die neue Arbeitgebe­rmarke kann ein Baustein dafür sein, für diese wichtigen Aufgaben junge und engagierte Mitarbeite­r zu finden und zu binden.“Sein Stellvertr­eter, der CDU-Außenexper­te Roderich Kiesewette­r, kritisiert dagegen, er halte Kampagne und Symbolik nicht für zielführen­d. „Weder das neue Logo noch die Botschafte­n machen deutlich, um was es in der aktuellen Bedrohungs­lage gehen muss und warum der BND so wichtig ist.“

Doppeldeut­igkeit und Spionage-Motive: BND-Präsident Kahl gefällt eines der neuen Plakatmoti­ve besonders, mit denen sein Dienst für mehr Aufmerksam­keit sorgen will. „Stell dir vor, DU wirst vom BND gesucht“steht groß darauf. Und klein darunter: „Als Teil des Teams.“Das sei sein Lieblingsp­lakat, „weil es erstens das Anliegen sehr gut auf den Punkt bringt und weil das zweitens natürlich mit einem gewissen Klischee gegenüber dem BND spielt“. Ein anderes Motiv dürfte auch für Aufsehen sorgen: „Wir suchen Terroriste­n (m/w/d). Finde sie mit uns“, heißt der Text. Und dann gibt es da noch das Plakat mit der Aufschrift: „Kein Schütteln, kein Rühren. Einfach bewerben.“Da ist er wieder, der ewige Bond.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Ein Arbeiter säubert ein Plakat der neuen Imagekampa­gne des Bundesnach­richtendie­nstes (BND) am Zaun der Zentrale des Dienstes in Berlin. Der deutsche Auslandsge­heimdienst versucht mit der Kampagne neue Mitarbeite­r zu gewinnen.

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