Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Trumps Ex-Finanzminister will TikTok kaufen
Gesetzesvorstoß im US-Kongress gegen die beliebte Social-Media-Plattform bringt Peking auf die Palme
PEKING/NEW YORK - Eine Gesetzesinitiative im US-Kongress zu einem möglichen Verbot von TikTok belastet die Beziehungen zwischen Washington und Peking. Die chinesische Regierung reagierte am Donnerstag wütend auf die Verabschiedung des Gesetzentwurfs durch das Repräsentantenhaus und sprach von „Gaunermethoden“und einer „ungerechten Unterdrückung ausländischer Firmen“. Der Entwurf setzt dem chinesischen Mutterunternehmen Bytedance eine Frist von 180 Tagen, um die populäre Video-App zu verkaufen – sonst soll sie in den USA verboten werden.
Der Vorstoß gegen TikTok resultiert aus Datenschutzbedenken: Bytedance steht im Verdacht, der Kommunistischen Partei Chinas Zugriff auf die Daten von TikTok-Nutzern zu ermöglichen. Dies wird von dem Unternehmen allerdings vehement bestritten.
Der Gesetzentwurf wurde am Mittwoch vom Repräsentantenhaus in einem seltenen Akt parteiübergreifender Einigkeit mit breiter Mehrheit beschlossen: 325 Abgeordnete stimmten dafür und nur 65 dagegen. Die Vorlage wurde in der Kongresskammer sowohl von Vertretern der dort dominierenden oppositionellen Republikaner als auch von Abgeordneten der Demokraten von Präsident Joe Biden unterstützt.
Allerdings ist noch längst nicht ausgemacht, dass das Gesetz in Kraft tritt. Einige einflussreiche Senatoren haben sich gegen den Gesetzentwurf ausgesprochen. Das Weiße Haus kündigte hingegen bereits an, dass Biden das Gesetz bei seiner Verabschiedung durch beide Kongresskammern abzeichnen und damit in Kraft setzen werde.
Der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, der Republikaner
Mike Johnson, sagte, das Votum zeige den parlamentarischen Widerstand „gegen die Versuche des kommunistischen China, Amerikaner auszuspionieren und zu manipulieren“. Es gehe darum, „unsere Feinde abzuschrecken“.
Es ist einer der seltenen Fälle, in denen Johnson nicht mit dem Ex-Präsidenten und voraussichtlichen erneuten republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump auf einer Linie liegt.
Trump hatte zu Beginn der Woche eine Kehrtwende vollzogen und sich gegen ein TikTok-Verbot positioniert. Während seiner Präsidentschaft hatte er sich noch dafür eingesetzt, Bytedance die Kontrolle über die App zu entziehen.
Trumps früherer US-Finanzminister Steven Mnuchin bekundete bereits sein Interesse, TikTok zu kaufen. Mnuchin sagte am Donnerstag dem Sender CNBC, „TikTok ist ein großartiges Business“.
Er wolle deshalb eine Gruppe von Investoren für den Erwerb der Plattform zusammenstellen.
Der chinesische Außenamtssprecher Wang Wenbin nannte die Bestrebungen in den USA „Gaunermethoden“. Wenn „sogenannte Gründe der nationalen Sicherheit“benutzt würden, um erfolgreiche ausländische Firmen zu unterdrücken, „dann gibt es keine Fairness und Gerechtigkeit“.
Der Sprecher des chinesischen Handelsministeriums, He Yadong, warnte, Peking werde „alle nötigen Maßnahmen“ergreifen, um seine Firmen im Ausland zu schützen. Die USA müssten die Grundsätze „des fairen Wettbewerbs respektieren“und die „ungerechte Unterdrückung ausländischer Firmen“stoppen. Allerdings werden in China westliche Onlineplattformen wie Facebook und X schon seit Jahren blockiert.
TikTok-Chef Shou Zi Chew rief die Nutzerinnen und Nutzer in den USA dazu auf, sich gegen ein mögliches Verbot zu stemmen. „Schützt eure verfassungsmäßigen Rechte“, sagte er in einem Onlinevideo. Die 170 Millionen TikTok-Nutzer in den USA sollten weiterhin ihre Geschichten auf der Plattform teilen – mit Verwandten, Freunden und „euren Senatoren“.
TikTok ist vor allem bei jungen Leuten immens populär und hat in den Nutzungszeiten längst Konkurrenten wie Facebook und Instagram überholt. Weltweit hat TikTok mehr als eine Milliarde Nutzerinnen und Nutzer. Nicht nur in den USA, sondern auch in der EU steht TikTok allerdings unter verstärktem politischen Druck. Ein seit vergangener Woche in der EU geltendes Regelpaket zielt darauf ab, die Marktmacht von Bytedance und anderer großer Digitalkonzerne wie Amazon, Apple und Meta zu beschränken.
Auf Grundlage dieses „Digital Services Act“forderte Brüssel Bytedance, Facebook, Instagram, X, Google und andere Plattformen am Donnerstag zur Klarstellung unter anderem darüber auf, was sie dagegen unternehmen, dass mittels Künstlicher Intelligenz (KI) in großem Stil Falschinformationen im Vorfeld der Wahlen zum Europaparlament im Juni verbreitet werden könnten.
In Italien verhängte die Wettbewerbsbehörde eine Geldstrafe in Höhe von zehn Millionen Euro gegen TikTok, weil es die Plattform versäumt habe, Minderjährige vor für sie schädlichen Inhalten zu schützen. Der Algorithmus von TikTok sorge vielmehr dafür, dass solche Inhalte den Nutzerinnen und Nutzern immer wieder neu vorgeschlagen würden, beanstandete die Behörde.