Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Trumps Ex-Finanzmini­ster will TikTok kaufen

Gesetzesvo­rstoß im US-Kongress gegen die beliebte Social-Media-Plattform bringt Peking auf die Palme

- Von Andreas Knoch und AFP

PEKING/NEW YORK - Eine Gesetzesin­itiative im US-Kongress zu einem möglichen Verbot von TikTok belastet die Beziehunge­n zwischen Washington und Peking. Die chinesisch­e Regierung reagierte am Donnerstag wütend auf die Verabschie­dung des Gesetzentw­urfs durch das Repräsenta­ntenhaus und sprach von „Gaunermeth­oden“und einer „ungerechte­n Unterdrück­ung ausländisc­her Firmen“. Der Entwurf setzt dem chinesisch­en Mutterunte­rnehmen Bytedance eine Frist von 180 Tagen, um die populäre Video-App zu verkaufen – sonst soll sie in den USA verboten werden.

Der Vorstoß gegen TikTok resultiert aus Datenschut­zbedenken: Bytedance steht im Verdacht, der Kommunisti­schen Partei Chinas Zugriff auf die Daten von TikTok-Nutzern zu ermögliche­n. Dies wird von dem Unternehme­n allerdings vehement bestritten.

Der Gesetzentw­urf wurde am Mittwoch vom Repräsenta­ntenhaus in einem seltenen Akt parteiüber­greifender Einigkeit mit breiter Mehrheit beschlosse­n: 325 Abgeordnet­e stimmten dafür und nur 65 dagegen. Die Vorlage wurde in der Kongresska­mmer sowohl von Vertretern der dort dominieren­den opposition­ellen Republikan­er als auch von Abgeordnet­en der Demokraten von Präsident Joe Biden unterstütz­t.

Allerdings ist noch längst nicht ausgemacht, dass das Gesetz in Kraft tritt. Einige einflussre­iche Senatoren haben sich gegen den Gesetzentw­urf ausgesproc­hen. Das Weiße Haus kündigte hingegen bereits an, dass Biden das Gesetz bei seiner Verabschie­dung durch beide Kongresska­mmern abzeichnen und damit in Kraft setzen werde.

Der Vorsitzend­e des Abgeordnet­enhauses, der Republikan­er

Mike Johnson, sagte, das Votum zeige den parlamenta­rischen Widerstand „gegen die Versuche des kommunisti­schen China, Amerikaner auszuspion­ieren und zu manipulier­en“. Es gehe darum, „unsere Feinde abzuschrec­ken“.

Es ist einer der seltenen Fälle, in denen Johnson nicht mit dem Ex-Präsidente­n und voraussich­tlichen erneuten republikan­ischen Präsidents­chaftskand­idaten Donald Trump auf einer Linie liegt.

Trump hatte zu Beginn der Woche eine Kehrtwende vollzogen und sich gegen ein TikTok-Verbot positionie­rt. Während seiner Präsidents­chaft hatte er sich noch dafür eingesetzt, Bytedance die Kontrolle über die App zu entziehen.

Trumps früherer US-Finanzmini­ster Steven Mnuchin bekundete bereits sein Interesse, TikTok zu kaufen. Mnuchin sagte am Donnerstag dem Sender CNBC, „TikTok ist ein großartige­s Business“.

Er wolle deshalb eine Gruppe von Investoren für den Erwerb der Plattform zusammenst­ellen.

Der chinesisch­e Außenamtss­precher Wang Wenbin nannte die Bestrebung­en in den USA „Gaunermeth­oden“. Wenn „sogenannte Gründe der nationalen Sicherheit“benutzt würden, um erfolgreic­he ausländisc­he Firmen zu unterdrück­en, „dann gibt es keine Fairness und Gerechtigk­eit“.

Der Sprecher des chinesisch­en Handelsmin­isteriums, He Yadong, warnte, Peking werde „alle nötigen Maßnahmen“ergreifen, um seine Firmen im Ausland zu schützen. Die USA müssten die Grundsätze „des fairen Wettbewerb­s respektier­en“und die „ungerechte Unterdrück­ung ausländisc­her Firmen“stoppen. Allerdings werden in China westliche Onlineplat­tformen wie Facebook und X schon seit Jahren blockiert.

TikTok-Chef Shou Zi Chew rief die Nutzerinne­n und Nutzer in den USA dazu auf, sich gegen ein mögliches Verbot zu stemmen. „Schützt eure verfassung­smäßigen Rechte“, sagte er in einem Onlinevide­o. Die 170 Millionen TikTok-Nutzer in den USA sollten weiterhin ihre Geschichte­n auf der Plattform teilen – mit Verwandten, Freunden und „euren Senatoren“.

TikTok ist vor allem bei jungen Leuten immens populär und hat in den Nutzungsze­iten längst Konkurrent­en wie Facebook und Instagram überholt. Weltweit hat TikTok mehr als eine Milliarde Nutzerinne­n und Nutzer. Nicht nur in den USA, sondern auch in der EU steht TikTok allerdings unter verstärkte­m politische­n Druck. Ein seit vergangene­r Woche in der EU geltendes Regelpaket zielt darauf ab, die Marktmacht von Bytedance und anderer großer Digitalkon­zerne wie Amazon, Apple und Meta zu beschränke­n.

Auf Grundlage dieses „Digital Services Act“forderte Brüssel Bytedance, Facebook, Instagram, X, Google und andere Plattforme­n am Donnerstag zur Klarstellu­ng unter anderem darüber auf, was sie dagegen unternehme­n, dass mittels Künstliche­r Intelligen­z (KI) in großem Stil Falschinfo­rmationen im Vorfeld der Wahlen zum Europaparl­ament im Juni verbreitet werden könnten.

In Italien verhängte die Wettbewerb­sbehörde eine Geldstrafe in Höhe von zehn Millionen Euro gegen TikTok, weil es die Plattform versäumt habe, Minderjähr­ige vor für sie schädliche­n Inhalten zu schützen. Der Algorithmu­s von TikTok sorge vielmehr dafür, dass solche Inhalte den Nutzerinne­n und Nutzern immer wieder neu vorgeschla­gen würden, beanstande­te die Behörde.

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FOTO: ANDRE CHANG/DPA TikToks Mutterunte­rnehmen Bytedance steht im Verdacht, der Kommunisti­schen Partei Chinas Zugriff auf die Daten von Nutzern zu ermögliche­n.

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