Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Hopfenpflanzer leiden unter sinkendem Bierabsatz
Bürokratie und höhere Auflagen machen Landwirten zu schaffen – Verband eröffnet die Saison
LAIMNAU - Zunehmende Bürokratie, neue Grenzwerte beim Pf lanzenschutz und ein sinkender Bierabsatz machen den Hopfenpf lanzern derzeit das Leben nicht einfach – trotz der aktuell schwierigen Rahmenbedingungen wurde bei der Frühjahrs-Mitgliederversammlung des Tettnanger Hopfenpflanzerverbands am Mittwoch ein Aufruf zum Optimismus spürbar. Rund 120 Hopfenpflanzer hatten sich dazu in der Argentalhalle in Laimnau eingefunden.
Verbandsgeschäftsführer Jürgen Weishaupt hob hervor, dass man auch beim Thema Pflanzenschutz mit wegfallenden Wirkstoffen und neuen Grenzwerten nicht zufrieden sei, obwohl im EU-Bereich einige Regelungen gekippt oder abgeschwächt wurden, wobei noch vieles auf Eis liege.
Weishaupt stellte eine Petition der Sonderkulturbetriebe vor, die von rund 2000 Betrieben unterschrieben wurde. Ziel sei es, auf das Thema eines branchenspezifischen Nettomindestlohns aufmerksam zu machen. Darüber hinaus sprach Weishaupt die Themen Bewässerung, Innovationen und Züchtungen sowie Risikomanagement und Bezuschussungen an. Betrachte man die Rahmenbedingungen mit Markt und Preisen, bleibe es bei einer eher mäßigen Nachfrage. Hoffnung mache, dass man im Tettnanger Raum sortenmäßig grundsätzlich gut aufgestellt sei.
Die produktionstechnischen Empfehlungen des Landwirtschaftsamtes stellte Referent Gabriel Bader vom Landwirtschaftsamt Bodenseekreis vor. Der Experte wies dabei auch auf einige Besonderheiten der Düngeverordnung hin und gab Tipps für Düngemaßnahmen.
Zum Thema Pflanzenschutz sprach Max Weber vom landwirtschaftlichen Technologiezentrum. Wegen zahlreicher Hiobsbotschaften könne man für die kommende Saison schon vom „wildesten Frühjahr“sprechen, meinte er. Bei einigen Stoffen gelte es nun noch abzuwarten, weil Vorgaben noch unklar seien. Verschärfungen gebe es auch bei den Schutzkleidungsanforderungen bis hin zu beschränkten Aufenthaltszeiten vor Ort. Weber konnte auch noch eine gute Nachricht speziell für das Anbaugebiet Tettnang verkünden: Nach abgeschlossenem Monitoring sei dieses frei vom sogenannten Zitrusrindenrissviroid. Verbandsvorsitzender Wolfgang Ruther betonte zum Thema Pf lanzenschutz: „Wir machen nur das, was unbedingt notwendig ist.“Das Reduktionsziel sei schwierig zu erreichen, wobei es immer wieder Lösungen und neue Mittel gebe.
Das Thema Flüssiggas bei der Hopfentrocknung stellten Frank Hart und Andreas Mencke von der Firma Primagas vor. Sie zeigten anhand von Referenzprojekten Vorteile bei Energiepreisen und Versorgungssicherheit auf und sprachen auch über biogenes Flüssiggas.
Martin Schimpf, Präsident des Verbands Private Brauerein Deutschland hielt einen Vortrag zum Thema „Hopfen und Bier – Herausforderungen in schwierigen Zeiten“. Von den 1492 Braustätten
in Deutschland vertrete der Verband immerhin 600. Von leichten Zeiten könne keine Rede sein, denn man verzeichne beim Bierabsatz deutschlandweit ein Minus von 4,5 Prozent – bei 5,7 Millionen Hektolitern in BadenWürttemberg (ohne alkoholfreies Bier). Das führe freilich auch zu einem Minderverbrauch von hunderten Tonnen Hopfen. Schimpf sprach auch die Aktionspreise von Großbrauereien an, die bei den mittelständischen Brauereien nicht funktionierten. Als mögliche Wege, um dem Rückgang zu begegnen, nannte er, verstärkt auf alkoholfreie Sorten zu setzen sowie auf Geschmacksund Stilverbesserungen, dazu mehr Nachhaltigkeit, Bewässerung oder klimaresistentere Sorten bei den Rohstoffen.
Zum Ausblick auf den Hopfenmarkt 2024 sah Reinhold Kugel von Barth-Haas eher Herausforderndes. So bleibe die Frage der Saisonkräfte ebenso ein Thema wie der Pflanzenschutz. Thema blieben auch die neuen Sorten, die trotz toller Werte eher wenig Absatz fänden. Johann Pichelmaier von der Hopfen-VerwertungsGenossenschaft resümierte, der Hopfenbedarf steige nicht mehr, wegen nachlassender Nachfrage bei den Spezialbieren.
Pichelmaier ging auf Überschüsse, Preise und Nachfragewegfall bei bestimmten Sorten ein. Insgesamt sprach der Handelsexperte dennoch von einem „vergleichsweise intakten Markt“. Dazu bescheinigte Pichelmaier: „Der Tettnanger Anbau steht bei Klima, Finanzen und Preisen im Vergleich durchaus gut da.“