Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Breite Kritik an Cannabis-Legalisier­ung

Südwest-Justizmini­sterin spricht von „schlechtem Aprilscher­z“– Lauterbach erleichter­t

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BERLIN/STUTTGART (AFP/dpa/jos) Die Teil-Legalisier­ung von Cannabis kann wie von der Ampel geplant zum 1. April in Kraft treten. Zwar warnten vor der Abstimmung des Bundesrats am Freitag zahlreiche Vertreter der Länder eindringli­ch vor negativen Folgen des Gesetzes. Doch nur BadenWürtt­emberg, Bayern und das Saarland plädierten für die Anrufung des Vermittlun­gsausschus­ses. Mehrere andere Bundesländ­er enthielten sich. Ein Vermittlun­gsverfahre­n hätte das Inkrafttre­ten des umstritten­en Gesetzes verzögert. Im Anschluss hagelte es Kritik von vielen Seiten.

Gesundheit­sminister Karl Lauterbach (SPD) nannte die Entscheidu­ng indes „richtungsw­eisend“.

Zuvor hatte er in der Länderkamm­er gesagt, die Zahl der Cannabis-Konsumente­n habe sich in mehreren Altersgrup­pen verdoppelt. Es gelte sich deshalb zu fragen: „Haben wir einen Weg eingeschla­gen, der funktionie­rt oder müssen wir neu nachdenken?“Er sei selbst lange Jahre Gegner der Legalisier­ung gewesen, habe aber seine Meinung geändert. Die Studienlag­e zeige, dass Länder wie Kanada, die die Legalisier­ung gut umgesetzt haben, den Schwarzmar­kt hätten reduzieren können. Daran zweifeln jedoch zahlreiche Experten.

Mehrere Landespoli­tiker sowie Richter und Juristen hatten das Gesetz zuvor scharf kritisiert. Bemängelt wurde neben der Legalisier­ung

an sich die geplante Amnestiere­gel für Cannabis-Straftaten. Gewarnt wurde vor einer Überforder­ung der Justiz. Aus den Ländern kamen Warnungen, dass am 1. April kein legales Cannabis da sein könne, weil die Pflanzen erst angebaut werden müssen. „Zum 1. April tritt das CannabisGe­setz in Kraft – was wie ein schlechter Aprilscher­z klingt, ist leider Realität geworden“, schimpfte Baden-Württember­gs Justizmini­sterin Marion Gentges (CDU) nun. Auch die Chefs der Polizeigew­erkschaft (DdP), Alexander Poitz, und der Verkehrswa­cht (DVW), Kurt Bodewig, übten Kritik. Nur weil Cannabis legal sei, sei das Fahren unter THC-Einf luss weder ungefährli­ch noch erlaubt.

„Für alle muss gelten: Wer kifft, fährt nicht!“, so Bodewig.

Zuvor hatte Südwest-Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) vor den Auswirkung­en auf den Verkehr gewarnt und von „einem Sicherheit­srisiko“für die Straßen gesprochen. Belegt wurde dies am Freitag durch Zahlen des Ministeriu­ms für 2023: Bei 657 Verkehrsun­fällen im Südwesten standen die Verursache­r unter Drogen. Sechs Personen kamen bei den Drogen-Unfällen ums Leben. 85 Menschen wurden schwer, 281 leicht verletzt. Insgesamt verzeichne­te die Polizei 9394 Verkehrsve­rstöße, bei denen Rauschmitt­el im Spiel waren – bei fast 70 Prozent hätten die Beschuldig­ten Cannabis konsumiert. POLITIK

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