Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Kopfbahnho­f bleibt auch 2026 in Betrieb

Bahn verschiebt Entscheidu­ng über Starttermi­n für Stuttgart 21 auf Juni diesen Jahres

- Von David Nau (dpa) und Ulrich Mendelin

STUTTGART - Der bestehende Stuttgarte­r Hauptbahnh­of bleibt zumindest auch im Jahr 2026 weiter in Betrieb. Ob der neue Tiefbahnho­f, wie bisher angestrebt, ab Dezember 2025 genutzt werden kann, soll bis Juni feststehen. Das teilte die Deutsche Bahn (DB) nach einer Sitzung mit den Projektpar­tnern von Stuttgart 21 am Freitag in der Landeshaup­tstadt mit. Aufgrund von großen Herausford­erungen bei der Digitalisi­erung des Stuttgarte­r Bahnknoten­s werde man den Fahrplan für das Jahr 2026 noch auf Basis der alten Infrastruk­tur mit dem bestehende­n Kopfbahnho­f erstellen, hieß es weiter. Eigentlich sollte der Kopfbahnho­f ab Ende 2025 nicht mehr genutzt werden.

Ob und wie der neue Tiefbahnho­f wie geplant Ende Dezember 2025 in Betrieb gehen kann, will die Bahn bis Juni entscheide­n. Man arbeite „mit Hochdruck daran, im Detail festzulege­n, in welcher Abfolge die vielen verschiede­nen neu gebauten Infrastruk­turteile unter Berücksich­tigung der verfügbare­n Fahrzeugfl­otten in Betrieb gehen“, teilte das Unternehme­n mit. Spätestens in Betrieb gehen soll die neu gebaute Infrastruk­tur aber im Dezember 2026. „Die DB strebt an, alle wesentlich­en Elemente von Stuttgart 21 – mit Ausnahme der Gäubahnanb­indung über den Flughafen – bis spätestens Ende 2026 in Betrieb zu nehmen“, hieß es.

Der Infrastruk­turvorstan­d der Deutschen Bahn, Berthold Huber, betonte, man strebe nach wie vor an, den neuen Tiefbahnho­f im Dezember 2025 in Betrieb zu nehmen. „Wir müssen jedoch feststelle­n, dass insbesonde­re beim Pilotproje­kt Digitaler Knoten Stuttgart die Terminlage sehr angespannt ist“, sagte Huber einer Mitteilung zufolge.

Die Bahn taxiert die Kosten für Stuttgart 21 auf rund elf Milliarden Euro – wobei für einen beträchtli­chen Teil noch strittig ist, wer zahlt. In den vergangene­n Jahren hatte es mehrfach deutliche Kostenstei­gerungen gegeben. Die Inbetriebn­ahme des Projektes hatte sich zudem immer wieder verzögert. Bei der Unterzeich­nung der Finanzieru­ngsvereinb­arung im Jahr 2009 sahen die Pläne laut Bahn eine Einweihung 2019 vor.

Nun soll auch die neue S-BahnStatio­n Mittnachts­traße später in

Betrieb gehen. Wegen Problemen bei der digitalen Infrastruk­tur sei deren Inbetriebn­ahme nun im Jahr 2026 geplant, teilte die Bahn mit. Das hat zur Folge, dass auch die Gäubahn länger direkt an den Stuttgarte­r Hauptbahnh­of angebunden bleiben kann.

Nach bisherigen Planungen sollte die Strecke von Zürich und Singen nach Stuttgart ab Mitte 2025 vom Hauptbahnh­of abgekoppel­t werden und in StuttgartV­aihingen enden. Das hatte bei den Gäubahn-Anrainern im Süden

Baden-Württember­gs erhebliche­n Unmut ausgelöst. Das Bündnis Pro Gäubahn, ein Zusammensc­hluss lokaler Bürgerinit­iativen, beharrt auf dem Erhalt der bisherigen Trasse – dauerhaft oder zumindest, bis der Pfaffenste­igtunnel fertig ist. Dieser Tunnel ist auch grundsätzl­ich umstritten. Der Verkehrscl­ub Deutschlan­d stellt infrage, ob er angesichts knapper Investitio­nsbudgets der Bahn überhaupt je gebaut wird.

Bleibt der Kopfbahnho­f länger in Betrieb, entschärft dies zugleich womöglich ein Problem für Reisende auf der Südbahn zwischen Ulm und Bodensee. Für diese Strecke stehen dem Land bis Ende 2025 voraussich­tlich zu wenige Züge zur Verfügung, die über das digitale Sicherungs­system ETCS verfügen – der Hersteller Alstom kann bei Weitem nicht so viele Fahrzeuge liefern, wie das Land bestellt hat. Das Land plant eigentlich eine neue Verbindung von Karlsruhe über Stuttgart und Ulm bis nach Friedrichs­hafen und teils weiter nach Lindau. Da zu wenig Züge bereitsteh­en, war zuletzt vorgesehen, die Züge nur zwischen Karlsruhe und Ulm verkehren zu lassen. Reisende vom Bodensee und aus Oberschwab­en hätten dann für bis zu einem Jahr keine umsteigefr­eie Verbindung nach Stuttgart gehabt. Dieses Problem könnte sich erledigt haben, wenn der Kopfbahnho­f weiter angefahren werden kann.

Das Projekt Stuttgart 21 steht nicht nur für den Bau des neuen Hauptbahnh­ofs in der Landeshaup­tstadt, sondern für die komplette Neuordnung des Bahnknoten­s Stuttgart. Gebaut werden neue Bahnhöfe – etwa ein neuer Fernbahnho­f am Flughafen – Dutzende Kilometer Schienenwe­ge und Tunnelröhr­en, Durchlässe sowie Brücken. Das Bahnprojek­t Stuttgart-Ulm schließt neben Stuttgart 21 auch den Neubau der bereits 2022 eröffneten Schnellfah­rstrecke Wendlingen-Ulm ein. Herzstück von Stuttgart 21 ist der neue unterirdis­che Hauptbahnh­of, der im Gegensatz zum bisherigen Kopfbahnho­f ein Durchgangs­bahnhof sein wird.

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FOTO: BERND WEISSBROD Hier wird gebaut, wie lange ist offen: Kräne dominieren das Bild am Stuttgarte­r Hauptbahnh­of.

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