Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Cannabis-Gesetz kann in Kraft treten
Bundesrat billigt umstrittene Ampel-Pläne trotz Kritik – Was erlaubt und was verboten ist
BERLIN (epd) - Am Ende war es noch eine Zitterpartie. Die heftig umkämpfte Legalisierung von Cannabis hat am Freitag auch die letzte Hürde im Bundesrat genommen – aber das war bis fast zuletzt ungewiss. Nach dem Showdown in der Länderkammer ist das Gesetz der Ampel-Koalition beschlossene Sache. Erwachsene können demnach schon bald erste erlaubte „Joints“rauchen: am Ostermontag, den 1. April. Der Vorlauf für die kontrollierte Freigabe der Droge mit zahlreichen Regeln und Vorgaben ist jetzt nicht mehr lang.
Die Mehrheit der Bundesländer enthielt sich bei der Abstimmung im Bundesrat. Sachsens Stimme wurde für ungültig erklärt, weil das Land nicht einheitlich abstimmte. Während der stellvertretende Ministerpräsident Wolfram Günther (Grüne) sich enthielt, sagte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), dass er den Vermittlungsausschuss anrufen wolle. Somit konnte das Gesetz den Bundesrat passieren.
Kretschmer hatte zuvor eine eindringliche Rede im Bundesrat gehalten, in der er vor der Gefahr von Cannabis als Einstiegsdroge warnte. „Ich habe so viele Menschen gesehen, die durch Drogenmissbrauch so schwer erkrankt, so schwer geschädigt worden sind, dass sie nie wieder in ihr Leben zurückgefunden haben“, sagte er.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) versicherte den Bundesländern, ihre Bedenken ernst zu nehmen.
Mit der teilweisen Legalisierung will die Ampel-Koalition eine Wende in der Drogenpolitik einleiten. Aus den Bundesländern kamen bis zuletzt zahlreiche Bedenken. Sie müssen die neuen Regeln umsetzen, ihre Einhaltung kontrollieren und eine Amnestie für Cannabis-Vergehen umsetzen, die nach neuem Recht nicht mehr strafbar sind.
Der Konsum
Verboten ist Cannabis-Rauchen weiterhin in Sichtweite von Kinderund Jugendeinrichtungen sowie Sportplätzen (Umkreis von 100 Metern). In Fußgängerzonen ist das Kiffen von 20 bis 7 Uhr erten. laubt – also von 7 bis 20 Uhr verboten. Cannabis-Konsum in Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen ist überall verboten, auch im privaten Umfeld.
Die Cannabis-Clubs
Mit behördlicher Erlaubnis dürfen als Vereine organisierte Clubs mit bis zu 500 Mitgliedern Cannabis-Pflanzen anbauen. Die Clubs sind neben dem privaten Anbau die einzige legale Bezugsquelle. Auch wer nur gelegentlich kifft und nicht mehr bei Dealern kaufen will, muss einem Cannabis-Club beitreten. Er oder sie kann die Droge auch nicht von einem Clubmitglied beziehen, weil Weitergabe und Verkauf an Jugendliche und an Erwachsene verboten sind.
Vereinsmitglieder können bis zu 50 Gramm Cannabis pro Monat erhalten, Menschen zwischen 18 und 21 Jahren bis zu 30 Gramm, mit einem THC-Gehalt von höchstens zehn Prozent. Mitglieder und Nicht-Mitglieder können bei den Vereinen Stecklinge oder Samen für den privaten Anbau kaufen. Kiffen im Vereinstreff ist verboDie Clubs müssen Auflagen erfüllen, Jugendschutzkonzepte entwickeln und sollen ihre Anbauflächen nicht zusammenlegen dürfen. Die Regeln für Cannabis-Clubs treten am 1. Juli in Kraft, um den Bundesländern Zeit zur Vorbereitung zu geben.
Minderjährige
Besitz und Konsum von Cannabis bleiben verboten, werden aber nicht strafrechtlich verfolgt. Werden Jugendliche mit Cannabis erwischt, muss die Polizei die Eltern informieren und in schwierigen Fällen die Jugendämter einschalten. Nach gut einem Jahr sollen die Auswirkungen der Liberalisierung auf den Jugendschutz erstmals überprüft werden.
Schwarzmarkt
Dealen bleibt strafbar. Einige Strafen werden verschärft, mit dem Ziel, den Jugendschutz zu verstärken. So wird etwa der Verkauf von Cannabis an Minderjährige mit mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe, statt bisher einem Jahr geahndet.
Justiz
Laufende Verfahren wegen Vergehen, die nach dem Cannabis-Gesetz nicht mehr strafbar sind, müssen eingestellt werden. Strafen, die noch nicht vollstreckt sind und nach neuem Recht keinen Bestand haben, werden erlassen. Frühere Straftaten müssen auf Antrag der Betroffenen aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden, wenn sie nach neuem Recht nicht mehr strafbar sind. Ein Vorschlag für THCGrenzwerte im Straßenverkehr wird für Ende März erwartet.
Nächster Schritt
Anders als geplant, wird es vorläufig keine Geschäfte geben, die Cannabis verkaufen. Dazu will Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) einen weiteren Gesetzentwurf vorlegen. Geplant ist, den Verkauf in Apotheken oder staatlich lizenzierten Geschäften in Modellregionen zu erproben. Ursprünglich wollte die AmpelKoalition den kontrollierten Verkauf von Cannabis bundesweit ermöglichen.