Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Mehr Geld für knapp 21 Millionen Rentner
Dritte Erhöhung in Folge – Kritik von der Jungen Union – Welche Beträge ab 1. Juli ausbezahlt werden
RAVENSBURG - Es ist eine gute Nachricht für knapp 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner: Ab dem 1. Juli 2024 steigen die Rentenbezüge um stolze 4,57 Prozent. Damit fällt die Rentenerhöhung deutlich höher aus als die erwartete durchschnittliche Preisentwicklung. Die Bundesregierung rechnet laut Jahreswirtschaftsbericht 2024 mit einem Anstieg der Verbraucherpreise um 2,8 Prozent.
Die Rentenerhöhung gilt auch für Witwen- und Witwerrenten (Hinterbliebenenrenten). Wie sich die Rentenerhöhung auf die persönlichen Bezüge auswirkt, können Rentnerinnen und Rentner der abgebildeten Tabelle entnehmen. Wer beispielsweise bislang eine Rente von 1.500 Euro brutto erhalten hat, kann ab Juli mit 1.568,60 Euro brutto rechnen. Von der Rente gehen weiter Beiträge zur Kranken- und Pf legeversicherung ab.
Gundula Roßbach, die Präsidentin Deutsche Rentenversicherung, teilt diesbezüglich mit: „Mit der aktuellen Rentenanpassung von 4,57 Prozent profitieren die Rentnerinnen und Rentner im dritten Jahr in Folge von der guten Entwicklung der Löhne und Gehälter, und zwar erstmals in den neuen und den alten Bundesländern gleichermaßen.“
Die für die Rentenanpassung relevante Lohnsteigerung beträgt 4,72 Prozent. Sie basiert auf der vom Statistischen Bundesamt gemeldeten Lohnentwicklung nach den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen. Zudem wird die beitragspflichtige Entgeltentwicklung der Versicherten berücksichtigt, die für die Einnahmesituation der Rentenversicherung entscheidend ist.
Die Rentenanpassung liegt bereits im dritten Jahr in Folge oberhalb von vier Prozent. „Der starke Arbeitsmarkt und gute Lohnabschlüsse machen das möglich“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. 34 Jahre nach der Deutschen Einheit sei die einheitliche Anpassung in West und Ost ein Meilenstein. „Arbeit ist in Ost und West mit Blick auf die Rente gleich viel wert“, so Heil.
Doch es gibt auch Kritik an den wiederholten Rentenerhöhungen. Die Bundesregierung will in diesem Jahr zwölf Milliarden Euro in sogenanntes Generationenkapital investieren. „Die Beiträge für junge Menschen werden deutlich steigen – von 18,6 Prozent heute auf 22,3 Prozent Anfang der 2030erJahre“, sagte der Ökonom und Politikberater Marcel Fratzscher der „Tagesschau“, „die junge Generation trägt den größten Beitrag. Da muss man sich ehrlich machen.“
Johannes Winkel, Vorsitzender der Jungen Union, sieht das ähnlich. „Die Politik muss wieder zurück zu einer fairen Verteilung der hohen Rentenlasten kommen. Dafür muss sich die Rente künftig an der Preis- statt an der Lohnentwicklung orientieren“, sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Bei möglichen Einsparungen gibt‘s grundsätzlich drei Stellschrauben:
das Renteneintrittsalter, die Rentenhöhe und die Rentenbeiträge. Wenn eine Rentenhöhe von 48 Prozent des durchschnittlichen Bruttolohns dauerhaft garantiert werden soll, müssen Einzahlungen in die Rentenkassen steigen. Das Rentenniveau von 48 Prozent wird derzeit bis 2025 garantiert. Das von der Bundesregierung geplante zweite Rentenpaket sieht vor, die Garantie mindestens bis zum Jahr 2039 fortzuschreiben. Dadurch steigen die Beitragssätze zur gesetzlichen Rentenversicherung voraussichtlich weitaus stärker als bisher angenommen.
Um das zu verhindern, hatte FDP-Fraktionschef Christian Dürr diese Woche eine „Flexibilisierung des Renteneintrittsalters“von 67 Jahren vorgeschlagen. Arbeitnehmer sollten Anreize erhalten, länger erwerbstätig zu bleiben. Ähnliches hatte auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) angeregt. Er möchte Rentner, die freiwillig länger arbeiten, mit einer Prämie von bis zu 10.000 Euro belohnen. Fakt ist: Die Bundesregierung will das Generationenkapital weiter erhöhen. Bis 2030 sollen rund 200 Milliarden Euro über Kredite und öffentliche Vermögenswerte generiert werden. Man geht davon aus, dass ab den 2030er-Jahren rund zehn Milliarden Euro zusätzlich in die Rente f ließen können. Bereits heute schießt die Bundesregierung rund 110 Milliarden Euro jährlich zusätzlich zu den Beiträgen in die Rente ein. Die Durchschnittsrente beträgt nach 45 Versicherungsjahren derzeit 1543 Euro monatlich.
Insgesamt sind die Renten seit 2010 in Westdeutschland um 32 Prozent gestiegen, in Ostdeutschland um 47 Prozent. Ab Juli 2024 kommen weitere 4,57 Prozent hinzu. „Die positive Entwicklung stärkt die gesetzliche Rente als zentrale Säule der Alterssicherung in Deutschland“, bilanziert Gundula Roßbach von der Deutschen Rentenversicherung. Die höhere Rente wird erstmals Ende Juli ausgezahlt.