Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Neue Airline im Anflug auf den Bodensee-Airport
FlyV will ohne festen Flugplan neuen Markt aufbauen, der mit Effizienz und Nachhaltigkeit punktet
FRIEDRICHSHAFEN (li) - Das Konzept erinnert an eine Mitf lugzentrale, will verkehrstechnisch abgehängte Regionen besser erreichbar und den Regionalf lugverkehr effizienter und mittelfristig auch nachhaltiger machen. 2025 soll auch der Bodensee-Airport Teil des Geschäftsmodells der Fluggesellschaft FlyV werden.
FlyV will einen Markt aufbauen, den es bislang nicht gibt, weil er in der Branche als nicht wirtschaftlich gilt. Das Startup will zunächst mit kleinen Maschinen für neun Passagiere Regionalf lughäfen miteinander verbinden, die nicht oder nur wenig ausgelastet sind, sich aber in Regionen befinden, in denen ein hohes Verkehrsauf kommen mit einer unzureichenden Verkehrsinfrastruktur kollidiert. Die Maschinen von FlyV sollen zur schnellen, zuverlässigen und bequemen Alternative zum Auto und zur Bahn werden.
Der Bodensee-Airport ist einer von acht Flughäfen in Deutschland, Skandinavien und den Niederlanden, die FlyV bislang auf ihrer Homepage aufgeführt hat. „Friedrichshafen ist ein wichtiger Industriestandort und der Bodensee ein beliebtes Urlaubsziel, trotzdem ist die Region irgendwie abgelegen“, sagt Tomislav Lang, einer der Gründer von FlyV. Deswegen sei Friedrichshafen für die Airline ein attraktiver Standort.
Welche Regionalf lughäfen dann von dort an welchen Tagen angeflogen werden, hängt von den Wünschen der Kunden ab. Einen festen Flugplan wird es seitens FlyV nicht geben. Stattdessen soll der Bedarf der Kunden so gebündelt werden, dass alle ihre Ziele im vorgegebenen Zeitfenster erreichen und die Maschinen bestmöglich ausgelastet sind. Dafür sollen gegebenenfalls auch mehrere Ziele durch Zwischenlandungen miteinander verbunden werden. Dass die Nachfrage in der Region groß genug wäre, davon ist Lang überzeugt, nicht zuletzt mit Blick auf die Industrie.
Zum Thema Nachhaltigkeit konstatiert der Firmengründer zum einen, dass es sinnvoller sei, wenn neun Menschen zusammen in einem Flugzeug f liegen statt jeweils allein in ihren Autos unterwegs zu sein. Zum anderen will FlyV sein Konzept mittelfristig mit Maschinen umsetzen, die von E-Motoren angetrieben werden – um dann „eine führende Rolle im Bereich der elektrischen Passagierluftfahrt
einzunehmen“. Das Ziel von FlyV ist, zunächst mit Verbrennungsmotoren einen Markt aufzubauen, der dann im Zuge der Elektrifizierung der Fliegerei großes Wachstumspotenzial verspricht. Denn bevor große Passagierf lugzeuge auf Mittel- und Langstrecke elektrisch oder auch mit Wasserstoff fliegen, wird sich die neue Technologie erst auf Kurzstrecken etablieren müssen.
Vor diesem Hintergrund hat Claus-Dieter Wehr, Geschäftsführer des Flughafens Friedrichshafen, in Gesprächen mit der „Schwäbischen Zeitung“bereits mehrfach eine „Renaissance des Regionalflugverkehrs“prophezeit. Das Konzept von FlyV ist nach seiner Einschätzung „prädestiniert dazu, früh zunächst auf elektrisch angetriebene Flugzeuge und später auch Flugzeuge mit Wasserstoffantrieb umzustellen“. Daher könne FlyV „in der Tat der erste Anbieter von CO2-neutralen Flügen sein, was sich sicherlich positiv auf die Nachfrage auswirken wird“.
Für den Bodensee-Airport sieht Wehr das Konzept von FlyV als ergänzendes Angebot, „um Reisenden neue, effiziente Möglichkeiten zu bieten“. Die früheren Inlandsverbindungen mit Düsseldorf, Hamburg und Berlin zu reaktivieren, bleibt aber trotzdem das erklärte Ziel des Häf ler Flughafens. In Konkurrenz zu einem möglichen Engagement von FlyV sieht Wehr diese Verbindungen nicht.
Als „gute Ergänzung“des Kernangebots des Bodensee-Airports bewertet das Konzept auch Martin Buck, Vorstandsvorsitzender von ifm, Vorsitzender des Flughafen-Fördervereins und Präsident der IHK Bodensee-Oberschwaben. „Ich sehe gute Chancen darin, dass insbesondere die Industrie ihre Bedarfe für Reisen innerhalb Deutschlands bündeln kann und ein neues Kapitel in der Luftfahrtgeschichte aufgeschlagen wird“, so Buck.