Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Trikottausch wird zur Staatsaffäre
Ausrüsterwechsel des DFB von Adidas zu Nike löst Welle der Kritik aus – Auch die Politik meldet sich zu Wort
FRANKFURT (SID) - Die Fanseele kocht, die Politik poltert und die Erklärungsversuche der DFBFunktionäre laufen ins Leere: Der überraschende Ausrüsterwechsel der deutschen Nationalm annschaft von Adidas zum US-Hersteller Nike weitet sich zur Staatsaffäre aus. Die neue Zeitrechnung mit dem Swoosh auf dem Trikot statt der legendären drei Streifen sorgt für hitzige Diskussionen.
Während Nike und der Deutsche Fußball-Bund sich nach dem Millionen-Coup ab 2027 die Hände reiben, gehen traditionsbewusste Anhänger und Volksvertreter in Berlin in selten erlebter Einigkeit auf die Barrikaden. Selbst die oft zerstrittene Ampel-Regierung sprach in der „Causa Trikottausch“mit einer Stimme. Nach Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der fehlenden „Standortpatriotismus“bemängelte, keilte neben anderen auch Karl Lauterbach (SPD) gegen den Verband. „Halte ich für eine Fehlentscheidung, wo Kommerz eine Tradition und ein Stück Heimat vernichtet“, schrieb der Gesundheitsminister bei X. Auch für CDU-Chef und Opositionsführer Freidrich Merz ist die Entscheidung des DFB „unpatriotisch“. Sportökonom Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochschule Köln hielt dagegen: „Für den DFB muss man sagen, ist das ein wichtiger Geschäftsabschluss zum richtigen Zeitpunkt.“
Fest steht: Mit dem Mega-Deal steigt der DFB in die Sphären der höchstbezahlten Fußballteams der Welt auf. Nike wird alle deutschen Nationalteams über acht Jahre bis Ende 2034 ausstatten und stach Adidas nach mehr als 70 Jahren laut Handelsblatt mit einem Angebot
im dreistelligen Millionen-Bereich pro Jahr (insgesamt rund 800 Millionen Euro) aus. Von Adidas soll es bislang 50 Millionen Euro pro Jahr gegeben haben.
Der US-Gigant erweiterte sein Portfolio nun mit einer höchst prestigereichen Marke und jubelte entsprechend laut über den Coup. Der DFB sei eine „legendäre globale Kraft im Fußball, die unsere Leidenschaft für den Sport teilt“, teilte Nike Europe mit. Konzernchef John Donahoe rühmte sein Unternehmen als „größte Sportmarke der Welt“. Das deutsche Team unter Vertrag zu nehmen, sei eine „große Ehre“, man wolle die Spieler zu Weltstars machen.
Unterdessen versuchte der DFB den Sturm der Entrüstung einzufangen. „Wir verstehen jede Emotionalität. Auch für uns als Verband ist es ein einschneidendes Ereignis, wenn feststeht, dass eine Partnerschaft, die von vielen besonderen Momenten geprägt war und ist, nach mehr als 70 Jahren zu Ende geht“, hieß es in einem Statement des größten Sportverbands der Welt: „Das lässt uns nicht kalt.“Nike habe allerdings „das mit Abstand beste finanzielle Angebot abgegeben“.
In Adidas-Jerseys hatte das deutsche Team seine großen Triumphe gefeiert, zuletzt 2014 mit dem WMTitel in Brasilien. Zur Wahrheit gehört aber auch: 1954 (Leuzela) und 1974 (Erima als Tochterfirma von Adidas) erspielten sich die DFB-Kicker ihre WM-Triumphe in den Erzeugnissen anderer Marken. Das Adidas-Logo prangte erst ab 1980 auf den Trikots – und ist seitdem eng mit der Nationalelf verknüpft.
„Ich kann mir das deutsche Trikot ohne die drei Streifen kaum vorstellen“, sagte Habeck. So wie dem Grünen-Politiker geht es vielen. Auch Präsident Herbert Hainer von Bayern München, der lange bei Adidas an der Spitze stand. „Ich kenne die Details und Hintergründe nicht“, sagte der 69-Jährige: „Aber ich bin schon überrascht, dass diese Entscheidung nach einer über 70 Jahre langen erfolgreichen Partnerschaft nun so vom DFB getroffen wurde.“