Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Wie der Tiguan den Wandel meistert

Der SUV ist der meistverka­ufte VW – Kein Wunder, dass sich die Wolfsburge­r beim Generation­swechsel besonders viel Mühe geben

- Von Thomas Geiger

VW schickt seinen Bestseller in die nächste Runde. Denn obwohl sich die Wolfsburge­r dem Wandel verschrieb­en haben und ihre Zukunft in der Elektromob­ilität sehen, bleibt der Tiguan nicht auf der Strecke. Im Gegenteil: Wenn in diesen Tagen die dritte Generation des kompakten SUV gegen Modelle wie den Ford Kuga oder den Toyota RAV4 antritt, geht VW noch einmal in die Vollen: Ein frisches Design, ein neues Infotainme­nt- und Bediensyst­em, effiziente­re Motoren und vor allem deutlich bessere Plug-inHybride sollen den Tiguan auch in Zukunft zum Bestseller machen.

Das schlägt sich allerdings im Preis nieder: Weil etwa die DSGAutomat­ik fortan Serie ist, packt VW gute zehn Prozent drauf und so startet der Tiguan künftig bei 36.600 Euro. Dass der Tiguan nach gut sieben Jahren nun komplett erneuert wurde, sieht man ihm außen kaum an. Weil er für VW so wichtig ist, waren die Designer eher zurückhalt­end und haben die Form nur zaghaft weiterentw­ickelt. Die neuen Matrix-Scheinwerf­er, ein verglaster Grill und die Lüftungssc­hlitze darunter sind das wesentlich­e Erkennungs­zeichen. Dafür ändert sich das Format: Der Radstand bleibt mit 2,68 Metern unveränder­t, aber die Länge wächst um drei Zentimeter auf 4,54 Meter. Davon profitiere­n vor allem die Mitfahrer auf den Hintersitz­en mit etwas mehr Kniefreihe­it.

Zudem wächst der Kofferraum um 37 Liter. Schon ohne die um zehn Zentimeter verschiebb­are Rückbank umzulegen, passen 652 Liter hinein. Mit umgelegter Rückbank sind es 1650 Liter.

Dass sich der Fahrer im neuen Tiguan dennoch in einer neuen

Welt wiederfind­et, liegt vor allem am Cockpit, das stärker denn je an die rein elektrisch­en ID-Modelle von VW erinnert. Digitale Instrument­e hinter dem Lenkrad, ein fast DIN-A4-großer Touchscree­n frei stehend daneben und zugunsten größer Ablagen auf der Mittelkons­ole der Getriebewä­hlhebel jetzt an der Lenksäule – da sind die Unterschie­de zum ID.4 nur noch marginal.

Zudem hat VW – ebenfalls analog zu seiner Elektropal­ette – das Bediensyst­em des Tiguan überarbeit­et und die Logik der Menüs vereinfach­t. Dazu gibt es wieder klassische Tasten am Lenkrad statt der leidigen Sensorfeld­er. So wird die Bedienung leichter. Dabei ist diese Rolle rückwärts eigentlich sogar überflüssi­g. Denn im Tiguan hält auch eine neue Sprachsteu­erung samt Chat-GPT Einzug. Damit wird das Auto so verständig, dass es tatsächlic­h aufs Wort hört. Die Dialoge sind fast natürlich und beschränke­n sich nicht mehr auf reine Fahrzeugfu­nktionen. Selbst Kochrezept­e oder Kindermärc­hen zieht der KI-Chatbot auf Zuruf aus dem Internet.

Dass sich der Tiguan mehr denn je wie ein ID-Modell anfühlt, liegt auch an den neuen Antrieben. Volkswagen­s ganzer Stolz sind die Plug-in-Hybriden, die jetzt mit einer Batterie von neuerdings 19,7 statt 10,6 kWh ausgestatt­et werden. Damit ist annähernd die doppelte Reichweite möglich und zumindest auf den ersten 100 Kilometern wird der Tiguan so zum Elektroaut­o. Und wenn der Akku leer ist, kann er nun erstmals an der Schnelllad­esäule nachtanken.

Angeboten wird der Tiguan als Plug-in-Hybrid wahlweise mit 150 kW/204 PS oder mit 200 kW/272 PS, die dann für einen Sprintwert von 0 auf 100 km/h von 7,2 Sekunden und ein Spitzentem­po von 215 km/h stehen. Deren Verbrauch hat VW noch nicht genannt. Alternativ gibt es ihn auch weiter mit zwei 1,5-Liter-Benzinern mit Mildhybrid von 96 kW/130 PS oder 110 kW/150 PS und als 2,0-Liter-TSI mit 150 kW/204 PS oder 195 kW/265 PS.

Alternativ bekommt man den Tiguan auch wieder als Diesel. Die 2,0 Liter großen TDI-Antriebe leisten 110 kW/150 PS oder 142 kW/193 PS, kommen auf einen Normverbra­uch von bestenfall­s 5,3 Litern und einen CO2-Ausstoß von 139 g/km – und stechen alle anderen Varianten bei der Reichweite aus. Im besten Fall sind mehr als 1000 Kilometer drin.

Was es dagegen nicht mehr gibt, sind Schaltgetr­iebe. Die hat sich VW mangels Nachfrage gespart. Immerhin: Der Allradantr­ieb bleibt für die 2,0-Liter-Motoren bei Benzinern und Diesel weiter im Programm.

Seit alle Welt auf der SUV-Welle reiten will, hat sich der Tiguan zum Golf der neuen Zeit gemausert — genauso erfolgreic­h, aber ebenso konservati­v. Weil VW bei diesem Auto kein Risiko eingehen kann und die Kunden den Niedersach­sen große Sprünge übel nehmen würden, ist die neue Generation keine Revolution, sondern nur eine Evolution. Aber bei der hat VW den Bestseller mit den neuen Plug-in-Antrieben und dem besseren Bediensyst­em genau in den richtigen Diszipline­n weiterentw­ickelt, um ihn auch künftig auf Erfolgskur­s zu halten. (dpa)

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FOTO: VOLKSWAGEN AG/DPA Schaut man genau hin, sieht man die Design-Nuancen: neue Matrix-Scheinwerf­er, ein verglaster Grill und die neuen Lüftungssc­hlitze.
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Weitere Verkehrsth­emen finden Sie unter: go.schwaebisc­he.de/mobilitaet

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