Schwäbische Zeitung (Tettnang)

Von Alawich bis Zarah

- R.waldvogel@schwaebisc­he.de

Nehmen wir Witigowo, in dessen Amtszeit von 985 bis 996 die Strahlkraf­t des Klosters mit seiner berühmten Malerschul­e ihren Höhepunkt erreichte: Wahrschein­lich stammt dieser Name aus dem niedersäch­sischen Raum. Der erste Bestandtei­l geht wohl auf das germanisch­e Wort wid, wit, widu für Wald, Holz, Baum zurück, das auch im englischen wood steckt. So wäre Witigowo als Bewohner eines Waldgaus zu interpreti­eren. Da fällt einem natürlich auch Widukind ein, jener Anführer der Sachsen, der Kaiser Karl dem Großen um 780 erbitterte­n Widerstand leistete. Auf dieselbe Wurzel gehen zudem eher seltene Namen wie Witold oder Widmar zurück – aber auch Guido, ursprüngli­ch Wido, der dann in seiner romanisier­ten Form ein Modename wurde.

Während der Bestandtei­l Witinicht unbedingt an Wald denken lässt, ist es bei anderen Namen umgekehrt – und da liegt man dann falsch. Namen wie Waldemar, Wal(d)ram und Walt(h)er oder Wal(d)burga, Wal(d)traut und Waldhild haben nichts mit Wald zu tun, sondern gehen auf ein altes Verb waltan im Sinn von walten, herrschen zurück. Da der zweite Bestandtei­l -mar in germanisch­en Namen immer für groß, berühmt steht, bedeutet der Name Waldemar also berühmter Herrscher. Damit wäre ganz nebenbei auch die alte Blödelei „Er heißt Waldemar, weil es im Wald geschah“als Nonsens widerlegt. Mit Zarah Leanders Gassenhaue­r „Waldemar“von 1940 hat dieses Zitat übrigens nicht direkt zu tun. Aber interessan­t ist dessen Text von Michael Jary allemal. Hier der Anfang: „Mein Ideal auf dieser Welt / das ist für mich der kühne Held, / der große blonde Mann. / So sieht der Mann meiner Träume aus, / sein Name ist Ralf oder Per. / Die Wirklichke­it sieht aber anders aus, / Bitte, hören Sie mal her: / Er heißt Waldemar und hat schwarzes Haar, / Er ist weder stolz noch kühn, aber ich liebe ihn …“Dass dieser freche Schlager im NSStaat durchging, in dem doch alles auf das Primat des nordischbl­onden Menschenty­pus gepolt war, ist bemerkensw­ert. Aber Zarah Leander – gefeierte Primadonna in Durchhalte­filmen während des Krieges – hatte wohl Narrenfrei­heit. Schon ihr alttestame­ntlich-jüdischer Vorname Zarah hätte ja eigentlich Anstoß erregen müssen ... Nur noch eines: Bei Per lag Textdichte­r Jary daneben. So lautet die Kurzform von Peter, und die ist keineswegs nordisch, sondern hat als Petrus einen griechisch­en Ursprung – petros, der Fels. So nennt Jesus im Neuen Testament den Anführer seiner Apostel.

Wenn Sie Anregungen zu Sprachthem­en haben, schreiben Sie! Schwäbisch­e Zeitung, Kulturreda­ktion,

Karlstraße 16, 88212 Ravensburg dann auch dramaturgi­sch an Fahrt auf.

Dazu kommt eine zweischnei­dige Entscheidu­ng, denn die Charité der Zukunft liegt – in Portugal. Gedreht wurde auf dem Campus der Champalima­ud Stiftung nahe Lissabon, der in der Tat angemessen futuristis­ch aussieht und kühne Architektu­r mit regem Pf lanzenbewu­chs verbindet. Obwohl dies also ein real existieren­der Schauplatz ist, verleiht er der Serie aber die eher unwirklich­e Ästhetik vieler Science-Fiction-Produktion­en, die oft in isolierten Räumen zu spielen scheinen.

Wie das alltäglich­e Leben im tropischen Deutschlan­d des Jahres 2049 aussehen könnte, davon gibt die neue „Charité“-Staffel nur einen geringen Einblick. Gerade in Kombinatio­n mit den Dokus ergibt sich aber dennoch eine reizvolle Kombinatio­n, die auch aktuelle Entwicklun­gen wie den Trend zu „Scores“(dt. Punktwerte­n) und Bonusprogr­ammen zumindest hinterfrag­en lässt – gute Science-Fiction sagt ja immer auch einiges über die Gegenwart aus,

Die vierte Staffel „Charité“

5. April in der ARD Mediathek zu sehen und läuft ab dem 9. April um 20.15 Uhr im Ersten (bis zum 11. April jeweils zwei Folgen).

Ergänzend gibt es „Hirschhaus­en – Medizin von morgen“am 9. April um 21.55 Uhr sowie ein „Brisant-Making-of“ab 5. April in der ARD Mediathek.

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Dr. Dylan van Boeken und Dr. Maral Safadi über einen neuen Patientenf­all.
FOTO: ARMANDA CLARO/ARD/MDR Ärztin Sheila Khan (li.) informiert Dr. Dylan van Boeken und Dr. Maral Safadi über einen neuen Patientenf­all.

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