Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Das Schaufenster sucht den passenden Schuh aus
Studenten testen „smartes Schaufenster“bei Schuhhaus Jung – KI-Projekte und Online-Präsenz bieten Potenzial
Wer schon vor lauter Vorfreude den Spargeltopf auf den Herd gestellt hat, kann ihn noch ein bisschen wegräumen. Zum einen war Ostern recht früh in diesem Jahr. Wer einen Narren an der Fasnet gefressen hat, kann ein Liedchen davon singen, in welcher Windeseile dieses Jahr alles vorbeihuschte. Zum anderen ist es eh noch zu kalt für das heimische Gewächs. Spargel hat halt Köpfchen – wer will bei schlechtem Wetter schon raus?
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Welche Stellen von der Sonne besonders begünstigt sind, ist dabei mit Blick auf Meckenbeuren planerisch klar geworden. Das ist sozusagen amtlich, in der Teilfortschreibung Energie des Regionalplans sind potenzielle Gebiete für regionalbedeutsame Freiflächensolaranlagen hinterlegt. Wer da jetzt hofft oder bangt, muss ich noch gedulden: Erst wird gesammelt, dann zwei Mal im Jahr entschieden, so die Idee im Meckenbeurer Gemeinderat. Dass da etwas heiß läuft, ist eher unwahrscheinlich.
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Warm wird es dafür bald Kulturfreunden ums Herz. Das Lebendige Barockschloss steht in Tettnang vor der Tür, wenngleich wohl ohne wohltemperiertes Klavier.
TETTNANG - Beim Bummeln durchs Städtle gehört es für viele dazu, einen Blick in die Schaufenster der Geschäfte zu werfen. Beim Schuhhaus Jung in der Karlstraße gab es in dieser Woche jedoch nicht nur adrett dekorierte aktuelle Trendmodelle zu begutachten, sondern ein sogenanntes „smartes Schaufenster“agierte sogar mit den Kunden.
Zunächst zwar nur für zwei Tage – denn noch ist das Ganze lediglich ein Pilotprojekt von einer Gruppe Studenten. Doch in der Zukunft könnten ähnliche Technologien durchaus große Potenziale für den Einzelhandel bieten. Am Dienstag und am Freitag hatten die vier Studierenden ihr besonderes Schaufenster – das tatsächlich kein Fenster, sondern ein Bildschirm ist – vor dem Schuhhaus aufgebaut.
Oben ist eine kleine Kamera eingebaut. Wer sich davor stellt, wird von der Kamera gescannt. Mittels Künstlicher Intelligenz erfasst die Technologie, ob es sich um ein Kind oder einen Erwachsenen handelt, das Geschlecht und das ungefähre Alter. Selbst ob die Person lächelt oder einen ernsten Gesichtsausdruck hat, kann das smarte Schaufenster erkennen, wobei Letzteres nicht in die Auswertung mit einfließt.
Nach ein paar Sekunden erscheinen auf dem Bildschirm dann personalisierte Schuh-Empfehlungen. Auf der Startseite ist zudem ein QR-Code abgebildet, der direkt zum Onlineshop des Geschäfts führt.
Die Idee: mittels dieser Technologie könnte in einem Schaufenster nicht nur eine kleine Auswahl an Produkten ausgestellt werden, sondern theoretisch das komplette Sortiment – passend zugeschnitten auf den jeweiligen Besucher.
Entwickelt wurde das Ganze von Simona Aich, Nico Junker, Moritz Kobl und Uygar Akgül. Alle vier machen aktuell ihren Master im Studiengang „Digital Business“an der Hochschule RavensburgWeingarten. „Wir arbeiten seit Oktober daran“, sagt Simona Aich, die Tochter von Schuhhaus-Inhaberin Elisabeth Aich. Durch ihre Berührungspunkte mit dem Einzelhandel sei es naheliegend gewesen, das Projekt im Laden ihrer Mutter zu testen, erzählt sie.
Für die Studierenden geht es bei dem Testlauf zunächst darum, herauszufinden, wie die Akzeptanz solcher Technologien bei den Leuten ist. Dafür dürfen Passanten das Ganze ausprobieren und anschließend ein paar Fragen beantworten. „Die meisten sind wirklich sehr interessiert und neugierig“, so das Zwischenfazit von Simona Aich. „Viele sind überrascht, wie gut die Schuh-Empfehlungen für sie passen oder sagen, dass sie eines der Schuhmodelle bereits besitzen“, berichtet sie.
Ein Thema sei natürlich der Datenschutz, allerdings würden keine Daten gespeichert. Würde man die Technologie in größerem Umfang und dauerhaft auf den Markt bringen, gäbe es dazu jedoch sicher noch Klärungsbedarf, räumt sie ein. Vorerst soll das smarte Schaufenster ein Prototyp bleiben und kam nur für den Testlauf in Tettnang zum Einsatz. Allerdings sehen die Studenten viel Potenzial darin.
Vor allem für Geschäfte mit wenig Schaufensterfläche, etwa in Großstädten, könnte die Technologie den fehlenden Platz wett machen. Dieses Problem hat Elisabeth Aich mit ihrer großen Schaufensterfront in der Karlstraße zwar nicht, dennoch könnte sie sich so etwas als Ergänzung vorstellen. „Ich denke, vor allem nach Feierabend oder am Wochenende könnte das eine Möglichkeit sein“, sagt sie und fügt hinzu: „Ich bin da offen und finde, Künstliche Intelligenz darf nicht nur ein Feindbild sein.“
Dass ein sinnvoll gestaltetes Schaufenster auch in Zeiten von Onlineshops und Social Media durchaus noch von großer Bedeutung für Händler ist, bestätigt auch Ann Bauer, Citymanagerin vom Verein Tettnang erleben. „Es ist nach wie vor die Visitenkarte für ein Geschäft, genauso wie ein Social Media Account“, sagt sie. Es brauche im besten Fall immer beides. Längst nicht alle Tettnanger Einzelhändler sind bereits im Internet vertreten, doch die Tendenz sei steigend, so Baur.
Der Verein wolle hier auch bewusst vernetzen und unterstützen. Gleichzeitig gebe es beispielsweise im Sommer eine Veranstaltung in Kooperation mit der IHK zum Thema Schaufenstergestaltung. Das smarte Schaufenster beim Schuhhaus Jung habe auch sie sich angeschaut und sehe darin für die Zukunft Chancen für den Einzelhandel. „Ich finde das super spannend“, so Ann Bauer. Die vier Studenten hoffen indes, dass sie am Ende auf rund 100 Testpersonen für ihre Befragung kommen. Dann werden sie alles auswerten und eine Projektarbeit darüber schreiben.