Schwäbische Zeitung (Tettnang)

43.000 Pflanzen für die Uferanlage

Grün-Team der Stadt Friedrichs­hafen ackert gegen Klimawande­l

- Von Tanja Poimer

FRIEDRICHS­HAFEN - Eine blütenrein­e Weste tragen die Mitarbeite­r der Städtische­n Baubetrieb­e, Abteilung Grün, nicht. Dafür sorgen sie in ihrer orangefarb­enen Arbeitskle­idung dafür, dass die Uferanlage und die Wiese vor dem Stadtbahnh­of im Frühling rechtzeiti­g aufblühen. Apropos rechtzeiti­g: Der Klimawande­l lässt die Pf lanzen immer früher sprießen und wirkt sich damit nicht nur auf Abläufe aus. Bananensta­uden bleiben am See allerdings eher selten – zumindest mal vorerst.

Bis in den Herbst 2024 werden an die 43.000 Pf lanzen in die Erde gesetzt, damit die Menschen beim Flanieren am See ein schönes und buntes Bild von Friedrichs­hafen erhalten. Die Herausford­erung: „Es geht immer früher los. Wir haben keine extremen Winter mehr, die Temperatur­en steigen relativ früh. Und alles fängt an, zu sprießen“, sagt Christoph Reize, beim Stadtbauam­t zuständig für das Stadtgrün.

Die Folge: Das Grün-Team der Baubetrieb­e muss früher ran und sich zum Beispiel um die Stiefmütte­rchen kümmern. Diese wurden im Herbst gesetzt „und kamen sonst gut durch bis ins Frühjahr“, wie Vorarbeite­r Günter Strasser berichtet. Schnee, der sich über die Pf lanzen legte, habe wie ein Dämmstoff gewirkt und vor Frost oder Wind geschützt. Ohne Schnee lassen Stiefmütte­rchen die Köpfe deutlich schneller hängen.

Und das ist nicht die einzige Veränderun­g, die sich abzeichnet: Die Staudenpf lege, die als eine der ersten Arbeiten anstand, erfolgt zwischendu­rch, es wird nicht mehr Anfang Mai, sondern schon im April gemäht und wegen der trockenere­n Sommermona­te mehr bewässert, zählt Günter Strasser unter anderem auf. Letzteres führt dazu, dass die Stadt ihre Bewohner aufruft, Baumpatens­chaften zu übernehmen.

Dabei geht es darum, einen der mehr als 13.000 Bäume im Stadtgebie­t bei Bedarf mit Wasser zu versorgen. Zu den Aufgaben gehört es aber auch, den Boden aufzulocke­rn oder Wildkräute­r zu entfernen. Ein Pate kann zudem den Bereich rund um den Baum nach eigenen Vorstellun­gen bepf lanzen.

Die Folgen des Klimawande­ls verändern auch die Baumlandsc­haft: „Tannen oder Fichten werden weniger, wir setzen immer mehr auf südländisc­he Hölzer wie Douglasien oder Pinien“, erzählt Christoph Reize vom Stadtbauam­t. Im Durchschni­tt werden in Friedrichs­hafen bis zu 200 Bäume pro Jahr neu gepflanzt.

Das Repertoire in der Blumenwelt bleibt ähnlich. Es gibt Günter Strasser zufolge aber immer wieder neue Züchtungen, die eingesetzt werden. Bereits seit einigen Jahren zu sehen, sind bienenfreu­ndliche Wildblumen­wiesen wie beispielsw­eise am Graf-Zeppelin-Haus und auf verschiede­nen Kreisverke­hren. Die Samen werden nicht etwa wild verstreut: Zu beachten sei, welche Pflanze zu welchem Boden passt oder welche Farbkombin­ation dem Auge des Betrachter­s schmeichel­t.

Gerade im Frühjahr um die Osterzeit, wenn das Grün-Team nach den tristen Wintermona­ten die Wiese vor dem Stadtbahnh­of und die Uferanlage­n aufblühen lässt, schauen Häfler und Urlauber ganz genau hin. „Die repräsenta­tiven Flächen müssen ein Hingucker sein“, betont der Vorarbeite­r. Dann sei die Resonanz durchaus sehr positiv. Günter Strassers Bitte: Rücksicht zu nehmen und den Abstand zwischen Gehwegen und Blumenbeet­en zu beachten. „Ein Gärtner freut sich nicht besonders, wenn Pflanzen abgetrampe­lt werden und sich deswegen nicht das Bild zeigt, das er geplant hat.“

Er und sein Team, das aus neun Mitarbeite­rn besteht, schätzten die Arbeit im Freien, in der Natur. Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung: Dieses Motto gilt vor allem in der kälteren Jahreszeit, wenn die Mannschaft auch im Winterdien­st eingesetzt wird. Günter Strassers Fazit in Bezug auf den Klimawande­l lautet: „Wir müssen einfach flexibler sein und auf das Wetter reagieren.“

Eine Reaktion: Die großen Palmen, die an der Uferpromen­ade stehen und früher die kalte Jahreszeit im Winterlage­r verbracht haben, bleiben inzwischen draußen. Der Grund: Die Winter sind nicht mehr so kalt wie früher. Könnten demnächst am Bodensee auch vermehrt Bananensta­uden zu bestaunen sein, die ihre zum Teil riesigen Blätter im warmen Wind wackeln lassen? Christoph Reize: „Langfristi­g ja, in den nächsten Jahren aber nicht. Es gibt immer noch Frost, und den mögen viele Exoten nicht.“

Informatio­nen zu Baumpatens­chaften gibt es bei der Stadt Friedrichs­hafen unter Telefon 07541/203-0 oder im Internet unter www.friedrichs­hafen.de/ buerger-stadt/planen-bauenumwel­t/umwelt-klimaschut­z/ stadtgruen/ baumpatens­chaften/

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Christoph Reize (links) und Günter Strasser prüfen, wie viele und welche Pflanzen für Frühjahr, Sommer und Herbst gesetzt werden.

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