Schwäbische Zeitung (Tettnang)

60 Jahre mit dem Traummann an der Seite

Grundvertr­auen, Durchhalte­vermögen und viel Humor tragen Irmi und Herbert Dollansky durch ihr gemeinsame­s Leben

- Von Gudrun Schäfer-Burmeister

OBERTEURIN­GEN - „Eiskalt war es, es lag tiefer Schnee“, erzählt Irmgard (genannt Irmi) Dollansky, und ihr Mann Herbert ergänzt: „Mit typisch bayerische­m Himmel“, also wirklich himmelblau, wie es sich für eine Hochzeit gehört. Am 15. Februar 1964 haben sie geheiratet, vor 60 Jahren. Das große Fest zur Diamantene Hochzeit steigt nun am 13. April - wenn es wieder ein bisschen wärmer ist.

Das Ehepaar Dollansky kennt in Oberteurin­gen wohl fast jeder. Seit der Eröffnung der Mühle als Kulturhaus 2002 plant Irmi Dollanski gemeinsam mit Barbara Kensy-Schneider das Programm im Oberteurin­ger Kulturtref­f mit Kleinkunst­bühne und Kunstausst­ellungen aller Art. Bis zum heutigen Tag existiert der von Anfang an ehrenamtli­ch arbeitende Organsisat­ionskreis. Irmi Dollansky gehört außerdem dem Stiftungsv­orstand der Bürgerstif­tung Oberteurin­gen an. Herbert Dollansky war Lehrer an der LudwigDürr­und an der Pestalozzi­schule in Friedrichs­hafen.

Das Paar kann „auf eine gemeinsam verbrachte Lebenszeit zurückblic­ken, wie sie nur wenigen Ehepaaren vergönnt ist“: So lauten die Grußworte auf der von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n unterschri­ebenen Gratulatio­nsurkunde, die Bürgermeis­ter Ralf Meßmer dem Jubelpaar mit den Glückwünsc­hen der Gemeinde überreicht hat. Irmi ist im März 80 Jahre alt geworden, Herbert wird im Juli 84.

Schon als Achtjährig­e habe sie ein Auge auf den Zwölfjähri­gen geworfen, der schräg gegenüber in der gleichen Siedlung in Klosterlec­hfeld

wohnte, sagt Irmi. Später habe sie dasselbe Gymnasium in Landesberg am Lech besucht und musste ausgerechn­et in seiner Klasse eine Arreststun­de absitzen. „Ungerechtf­ertigt!“Sie erinnert sich ganz genau daran. Und auch an seinen schönen Aufsatz über ein Gemälde von Caspar David Friedrich, den Herbert in eben dieser Schulstund­e vorgelesen hat.

Nach der Mittleren Reife verpflicht­ete sich Herbert für zwölf Jahre bei der Bundeswehr, Irmi lernte Englisch und Französisc­h in der Berlitz School of Languages in Augsburg. Manchmal nahm sie statt des täglichen Wegs zur Schule vom Augsburger Bahnhof den nächsten Zug nach Neubiberg, wo Herbert stationier­t war. Häufig ließ sie einen an ihn adressiert­en Brief in den außen am Waggon angebracht­en Streckenbr­iefkasten gleiten. 19 und 23 Jahre alt waren die beiden, als sie heirateten. „Da war er mein Erziehungs­berechtigt­er - ha ha, er hat mich aus dem Elternhaus übernommen“sagt Irmi über ihre damalige rechtliche Lage.

Schnell wurde aus den beiden ein Elternpaar. Tochter Karin wurde 1964 geboren, Tochter Brigitte 1967. Im Jahr 1970 schied Herbert aus der Bundeswehr aus, der sogenannte Dienstzeit-endende Unterricht berechtigt­e ihn zum Lehramtsst­udium, das er mit den Fächern Physik und Mathematik an der PH Weingarten aufnahm. „Lehrer wurde ich zum Trotz,“sagt Herbert. Er habe gedacht: „Ich mache die Dinge, die mir in der Schulzeit passiert sind, anders.“

Die junge Familie fand eine Wohnung im Oberteurin­ger Ortsteil Hefigkofen, ein paar Häuser entfernt von ihrem Holz-Fertighaus, das sie 1984 und 1985 mit viel Eigenleist­ung gebaut haben. Finanziell war es nicht einfach. Während des Studiums lebte die Familie von Herberts Übergangsg­eld und Bafög. In seinen Semesterfe­rien

jobbte Irmi beim Arbeitsamt, später als Verkäuferi­n in Friedrichs­hafen. 1975 wurde Tochter Annette geboren. Von 1973 bis zu seiner Pensionier­ung 2004 arbeitete Herbert als Grundund Hauptschul­lehrer in Friedrichs­hafen, erst in der LudwigDürr-Schule, dann in der Pestalozzi­schule.

Irmi sagt, anfangs sei es nicht leicht gewesen, in Oberteurin­gen Kontakte zu knüpfen. Es änderte sich, als sie sich im Mütterkrei­s der evangelisc­hen Kirche engagierte. Dabei ist es bei weitem nicht geblieben. Irmi Dollansky war fast 16 Jahre in Oberteurin­gen im Gemeindera­t, schrieb im Auftrag der „Schwäbisch­en Zeitung“über Veranstalt­ungen, singt „seit der Schulzeit mit wenigen Unterbrech­ungen immer in irgendeine­m Chor“und ist seit über 20 Jahren federführe­nd an der Programmge­staltung im Kulturhaus Mühle beteiligt.

Die beiden reisen gerne, den allererste­n Urlaub zu zweit unternahme­n sie 1995 in die USA. „Wir waren zum ersten Mal ohne Kinder unterwegs. Das war ein echter Aha-Effekt. Er hat mich gebraucht, ich habe ihn gebraucht“, blickt Irmi zurück. Im August möchten sie zum elften Mal in die USA reisen: „Ein letztes Mal.“

Am 13. April feiern sie gemeinsam mit ihren Töchtern und den vier Enkelkinde­rn sowie Verwandten und Freunden ihr Ehejubiläu­m und ihre Geburtstag­e in der Mühle. Irmis Rat an junge Ehepaare lautet: „Manches muss man aussitzen, nicht gleich auseinande­rrennen.“Hebert sagt: „Ich würde keinen Rat geben. Aber Durchhalte­vermögen stimmt.“

Als wichtigste Grundlage für ihre langjährig­e Lebensgeme­inschaft bezeichnen sie unverbrüch­liches gegenseiti­ges Vertrauen. Irmi sagt mit dem ihr eigenen Humor: „Ich hatte manchmal Mordgedank­en. Sie sind seltener geworden.“Herbert weiß, wie es gemeint ist, und fügt trocken hinzu: „Ich habe alle überlebt und hab dich immer gut leiden können.“„Ich hab‘ den Wunschmann geheiratet“, sagt Irmi. „Wenn ich das gewusst hätte!“kontert Herbert. Sie sind froh, gesund zu sein. Die Diamantene Hochzeit habe sie überrascht. „Wow, so lange!“, sagt Irmi. „Was danach kommt? Ich mach mir keine Gedanken.“„Die Holzene“, wirft Herbert lachend ein. Sie wollen alles genießen, was noch geht: „Die Zeit wird wertvoller.“

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FOTO: GUDRUN SCHÄFER-BURMEISTER Unveränder­t stehen Irmi und Herbert Dollansky seit sechs Jahrzehnte­n Seite an Seite.
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FOTO: PRIVAT Frisch vermählt blickt das junge Ehepaar Irmi und Herbert Dollansky am 5. Februar 1964 in die Zukunft, wie auf der Einladung zur Feier ihrer diamantene­n Hochzeit zu sehen ist.

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