Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Auf Du und Du mit den Papageientauchern
Feuer und Eis haben die Landschaft im Süden Islands geprägt, aber auch so manches Tier
Blaues Eis. Schwarzer Sand. Rote Felsen. Eine Reise in den Süden Islands ist eine Expedition in eine Welt ungewöhnlicher Farbkontraste und unvergesslicher Landschaften. Besonders eindrucksvoll zeigt sich diese Naturvielfalt im Katla Unesco Global Geopark. Hier offenbart sich Island als das berühmte „Land von Feuer und Eis“, mit spektakulären Kulissen aus Bergen, Seen, schwarzen Stränden, grünen Weiden, Gletschern, majestätischen Wasserfällen und riesigen Lavafeldern – sichtbare Zeugnisse des jahrtausendelangen Ringens dieser gegensätzlichen Elemente.
Der Name des Geoparks stammt von einem der aktivsten und mächtigsten Vulkane Islands: Katla. Seit dem Jahr 1100 ist der Vulkan bereits 20-mal ausgebrochen, oft mit verheerenden Folgen. Denn Katla liegt unter dem gewaltigen MýrdalsjökullGletscher. So führt ein Ausbruch von Katla nicht nur zu erheblichen Ascheniederschlägen, sondern auch zu verheerenden Gletscherläufen, die alles mit sich reißen.
Nur etwa zehn Kilometer von Katla entfernt liegt das malerische Dorf Vík í Mýrdal an einem kilometerlangen schwarzen Strand. An dessen einem Ende ragen aus dem Meer drei spitze Felsnadeln: die 66 Meter hohen Basaltsäulen von Reynisdrangar, die man auch gut vom benachbarten, weltberühmten schwarzen Sandstrand Reynisfjara aus bewundern kann.
Reynisfjara gilt mit seinen enormen Basaltkolumnen und atemberaubenden Panoramen zu Recht als einer der schönsten Strände Islands, ist aber zugleich auch einer der gefährlichsten Orte Islands. Jedes Jahr sterben hier Menschen, die die Gefahr der Sneaker-Wellen unterschätzen. Anders als normale Wellen entwickeln diese Wellen ihre enorme Größe und Kraft erst in Strandnähe und überraschen damit viele Besucher. Das gilt auch für den Sog beim Zurückziehen: Dieser kann problemlos einen Erwachsenen von den Beinen holen und mit sich in das eisige Meer reißen.
Vík í Mýrdal ist der südlichste Ort auf dem isländischen Festland. Der gerade einmal von 650 Menschen bewohnte Ort beherbergt neben Fisch- und Schaffarmen auch die eindrucksvolle Icelandic Lava Show und wird meist als Ausgangspunkt für Eishöhlentouren auf dem MýrdalsjökullGletscher wie die von South Coast Adventure (www.southadventure.is) genutzt.
Der Besuch einer solchen Eishöhle ist eines der unvergesslichsten Abenteuer, die Island zu bieten hat. Schon die Öffnung der Höhle erscheint wie ein Tor zu einer magischen Welt. Drinnen umgeben einen blau schimmernde Eiswände, die durchzogen sind von schwarzen Streifen vulkanischer Asche. Das tosende Gletscherwasser kracht durch zahlreiche Wasserläufe, die man bei der Durchquerung der Höhle auf dünnen Holzbrettern – stets gesichert – überquert. Doch die Schönheit dieser Eishöhlen ist flüchtig, stets im Wandel. Denn die Eismassen verändern ständig ihre Form und Größe, während sie langsam den Vulkanberg hinabf ließen. Die steigenden Durchschnittstemperaturen durch den Klimawandel beschleunigen diesen Prozess noch zusätzlich.
Der Geopark umfasst auch die Vestmannaeyjar (Westmännerinseln), einen Archipel von 15 vulkanischen Inseln, Klippen und Schären, von denen Heimaey die einzige bewohnte Insel ist. Ein Besuch auf Heimaey lohnt sich allein schon wegen des Eldheimar, auch bekannt als das „Pompeji des Nordens“. Dieses Museum (www.eldheimar.is) widmet sich eindrucksvoll dem verheerenden Ausbruch des Vulkans Eldfell in 1973 auf den Vestmannaeyjar – eine der größten Naturkatastrophen
in der Geschichte Islands. Während des Ausbruchs musste die gesamte Insel innerhalb weniger Stunden evakuiert werden. Über fünf Monate lang dauerte die Eruption an, bei der Lava und Asche etwa 2,5 Quadratkilometer der Insel bedeckten und rund 400 Häuser zerstörten. Ein beklemmender Höhepunkt der Ausstellung im Eldheimar ist das Haus Gerðisbraut 10, das damals unter Tonnen von Vulkanasche begraben war und für die Ausstellung freigelegt wurde. Kleidung, Kinderspielzeug und Küchenutensilien liegen chaotisch in der schwarzen Asche, während in einer Videoeinspielung die Bewohner über den glühend roten Lichtschein des Ausbruchs hinter ihren Gardinen berichten und bedauern, dass alle Familienfotos den Lavaströmen zum Opfer fielen.
Ornithologen kommen auf den Westmännerinseln auf ihre Kosten, befindet sich hier doch die größte Papageientaucher-Kolonie Islands. Diese niedlichen Vögel mit ihrem schwarz-weißen Gefieder und dem charakteristischen roten Schnabel erobern schnell die Herzen aller Island-Besucher. Um sicherzustellen, dass die Vögel während der Brutzeit an den Klippen nicht von zu neugierigen Kletterern gestört werden, wurde im Süden bei Stórhöfði eine Beobachtungsstation eingerichtet. Am besten bringt man ein Fernglas mit, um diese faszinierenden Vögel gut beobachten zu können.
Verletzte Papageientaucher oder Jungtiere werden im Beluga Sanctuary (www.belugasanctuary.sealifetrust.org) im Zentrum von Heimaey abgegeben. Hier befindet sich Islands einziges Rettungszentrum für Papageientaucher, das sich um die Behandlung und Wiederauswilderung der Vögel kümmert. Tiere, die nicht mehr in der freien Wildbahn überleben könnten, bleiben im Schutzbereich des Aquariums.
In der geschützten natürlichen Bucht vor der Inselkette der Vestmannaeyjar wurde auch die weltweit erste Auffang- und Schutzstation für Belugawale errichtet. Seit 2020 ist dieses Schutzgebiet die Heimat von zwei weiblichen Belugawalen, Little Grey und Little White, die aus der Changfeng Ocean World in Shanghai in die Bucht von Klettsvik umgesiedelt worden sind. Die Ausstellung im Beluga Sanctuary informiert über dieses einzigartige Projekt, die Vorbereitungen für deren Umsiedlung und die Bedingungen in deren neuem Lebensraum. Es ist wichtig zu beachten, dass die beiden Wale allerdings nicht direkt im Sanctuary zu sehen sind und auch nicht in der Bucht besucht werden können. Der Eintritt in die Ausstellung unterstützt unter anderem die Finanzierung des
Rettungszentrums für Papageientaucher.
Ein absolutes Muss während eines Besuchs auf Heimaey sind zwei herausragende Restaurants. Zum einen das „Einsi Kaldi“(www.einsikaldi.is), das sich im Erdgeschoss des Hotels Vestmannaeyjar befindet. Der auf Vestmannaeyjar geborene und aufgewachsene Chef Einar Björn Árnason, genannt „Einsi Kaldi“, hat sich mit seinem Team auf köstliche Meeresfrüchtegerichte spezialisiert, in die er einfallsreich die einzigartigen einheimischen Zutaten einarbeitet.
Ein weiteres kulinarisches Juwel ist das „Slippurinn“(www.slippurinn.com), das von Chef Gísli Matt und seiner Familie geleitet wird und mittlerweile seit mehr als einem Jahrzehnt mit saisonalen Produkten von der Insel und aus dem Meer, handgesammelten Kräutern und Algen spannende Geschmackserlebnisse der Nordic Cuisine bietet. Gísli Matt verschmilzt dabei traditionelle isländische Techniken mit modernen Innovationen, um den Geschmack Islands und die Essenz von Vestmannaeyjar in seinen fabelhaften Menüs einzufangen.
Die Schweizer Fluglinie Edelweiss (www.flyedelweiss.com) fliegt dreimal wöchentlich von Zürich nach Reykjavík-Keflavík. Weitere
unter www.visiticeland.com und www.south.is
Die Recherche wurde unterstützt von Edelweiss sowie Visit South Iceland.