Schwäbische Zeitung (Tettnang)
Andrea Seibt ist Integrationsbeauftragte
Die Bambergerin möchte mehr Ehrenamtliche akquirieren und neue Projekte aufbauen
TETTNANG - Tettnangs neue Integrationsbeauftragte heißt Andrea Seibt. Zum 1. März hat die gebürtige Bambergerin ihre Stelle in Tettnang angetreten und ist nun für alle Themen rund um Integration zuständig. In Tettnang leben Menschen aus rund 95 verschiedenen Nationen, darunter nicht nur Geflüchtete, sondern auch viele Bürger mit ausländischen Wurzeln, die schon viele Jahre in Tettnang leben.
Andrea Seibt, die auf Brigitte Ganzmann nachfolgt, hat bereits viele Ideen, wie sie Integration in Tettnang künftig weiter fördern möchte. Aktuell stehe vor allem Kennenlernen, Austausch und Netzwerken im Vordergrund. Viele Akteure habe sie schon getroffen und bereits einen Einblick in die vorhandenen Strukturen erhalten. Ihre Stelle, die aktuell 50 Prozent umfasst, sehe sie vor allem als Koordinierungs-, aber auch Anlaufstelle und Kontaktperson etwa für Ehrenamtliche oder Menschen, die Fragen rund um Integration haben.
In Bamberg hat Andrea Seibt zuletzt hauptamtlich für einen Verein im Bereich Integration gearbeitet. Nachdem ihre Kinder inzwischen erwachsen seien, habe sie einen neuen Lebensabschnitt beginnen wollen, sagt sie. Die Bodenseeregion kannte sie bereits, da ihre Mutter im Kreis Konstanz wohnt – „Der Bodensee und das Allgäu haben mir gut gefallen“, erzählt sie. In Tettnang fühle sie sich bereits sehr wohl und herzlich aufgenommen.
Die studierte Kultur- und Islamwissenschaftlerin sieht einen wichtigen Ansatz für gelungene Integration in gegenseitigem interkulturellen Verständnis. „Von der Mentalität her gibt es einfach oft große Unterschiede zwischen Kulturen und das kann dann auch zu Missverständnissen führen“, sagt Andrea Seibt.
Deutsche seien beispielsweise meist sehr direkt und würden etwa bei der Terminabsprache einfach sagen, wenn sie an einem bestimmten Termin keine Zeit haben – für Menschen aus muslimischen Ländern oft undenkbar. „Sie sagen nicht so oft Nein und die Aussage, dass jemand keine
Zeit hat, wird persönlich genommen“, erklärt Andrea Seibt. Für Deutsche widerum wirkt es eher unhöf lich, einfach nicht zu erscheinen, anstatt vorher einen Termin abzulehnen.
Doch um solche Unterschiede in den Kulturen überhaupt erst kennenzulernen, brauche es einen gegenseitigen Austausch. Den Rahmen dafür zu schaffen und Menschen miteinander zu vernetzen, sieht die Integrationsbeauftragte mit als ihre Aufgabe. Eine Schlüsselrolle spielen dabei ihrer Ansicht nach Ehrenamtliche. „Ab 2015 gab es sehr viel ehrenamtliches Engagement, das ist leider wieder etwas weniger geworden. Das wäre toll, wenn sich wieder mehr Ehrenamtliche finden würden, sei es auch nur für zwei, drei Stunden pro Woche“, meint sie.
Bedarf sieht sie hier besonders bei der Unterstützung von Schülern und Auszubildenden oder Berufsanfängern. Denn oft bekämen junge Menschen mit Migrationshintergrund eine Ausbildung und würden im Betrieb bestens zurecht kommen, scheitern dann jedoch an der Berufsschule. „Sie sind beispielsweise manchmal überfordert, wenn plötzlich komplizierte Fachbegriffe hinzukommen, die sie im Sprachunterricht nicht gelernt haben“, so Seibt. Eine Art Lernpatenschaft könnte ihrer Ansicht nach Abhilfe schaffen.
Gemeinsam mit Melanie Friedrich von der Anlaufstelle für Bürgerengagement und dem St.-Anna-Quartier würde sie außerdem gerne ein neues Projekt ins Leben rufen, um einen offenen Treff zu organisieren. „Tettnang hat eine
Größe, wo dieser gesellschaftliche Zusammenhalt wirklich funktionieren kann“, meint sie.