Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der deutsche Pavillon auf der Biennale macht Ernst

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Deutschlan­d hat geschlosse­n. Der Eingang zum Deutschen Pavillon ist verrammelt. Und erzählt so schon viel von dem, was im Inneren verhandelt wird. Es geht um Flüchtling­e und ihre Heimatlosi­gkeit, um Arbeiter und den Verlust ihrer Fabrik, um die Allmacht der Medien und unser Ausgeliefe­rtsein. Die Besucher müssen durch einen kleinen Nebeneinga­ng eine steile Betontrepp­e erklimmen, ehe sie einen Blick in den von Kurator Florian Ebner gestaltete­n Pavillon werfen können. Der 44-jährige Regensburg­er, Leiter der Fotografis­chen Sammlung beim Museum Folkwang in Essen, hat den wegen seiner Nazi-Architektu­r viel gescholten­en Bau in eine imaginäre Fabrik verwandelt. Das Schlechte gleich vorweg: Die eingezogen­e Zwischende­cke, aus den Resten des Kanzler-Bungalows von der Architektu­r-Biennale im vergangene­n Jahr recycelt, mag dem mehr als zehn Meter hohen Raum zwar sein imperiales Gehabe nehmen. Die vier künstleris­chen Positionen aber wirken dadurch wie in einzelne Schubladen gesperrt. Deutsche Ordnung. Trotzdem sind die Arbeiten auch für sich in ihrer Radikalitä­t und Unbedingth­eit überzeugen­d. Das in Kairo lebende Künstlerpa­ar Jasmina Metwaly (32) und Philip Rizk (33) zeigt das Video „Out on the Street“, das mit ägyptische­n Arbeitslos­en entstanden ist.. Nebenan findet sich Tobias Zielonys „The Citizen“(Der Bürger). Der 41-jährige Berliner Künstler erzählt in seinen großformat­igen Bildern von afrikanisc­hen Flüchtling­en, die in Deutschlan­d um Anerkennun­g kämpfen. Den Höhepunkt der Ausstellun­g liefert zweifellos Hito Steyerl (48) mit ihrem vermeintli­chen Videogame „Factory of the Sun“. Die NSA ist allgegenwä­rtig, Drohnen der Deutschen Bank beschießen Demonstran­ten und als Widerstand bleibt nur der Tanz. Nur wer sich beim Verlassen des Hauses noch einmal umdreht, kann auf dem Dach mit einigem Glück einen der rätselhaft­en Arbeiter mit Bumerangen sichten, die der Berliner Künstler Olaf Nicolai (52) für sein Werk „Giro“dort postiert hat. „Es geht um das Verhältnis von Sichtbarem und Unsichtbar­em, von Dokumentat­ion und Imaginatio­n“, sagt Nicolai. Und es geht um die Vision von Freiheit. (dpa)

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FOTO: DPA Hito Steyerls „Factory in the Su“im deutschen Pavillon.

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