Streiks in Wangener Kitas sollen weitergehen
Knapp 70 Erzieherinnen aus fünf städtischen Kindertagesstätten demonstrieren für mehr Geld
WANGEN - Knapp 70 Erzieherinnen aus fünf städtischen Kindertageseinrichtungen in Wangen haben am Freitag für eine bessere Bezahlung demonstriert. Die Frauen zogen zusammen mit einigen Sozialarbeitern und Elternvertretern vom Gasthaus „Baumgarten“zum Marktplatz, wo es eine Kundgebung gab. Eltern von Kindergartenkindern müssen laut Dienstleistungsgewerkschaft Verdi auch in den kommenden Wochen damit rechnen, dass tageweise gestreikt wird.
Die roten und orangefarbenen Warnwesten sind deutlich sichtbar, die Trillerpfeifen und die Trommelschläge schon von weitem zu hören. So auch die lauten Sprechchöre, die nur zwei Worte umfassen: „Aufwertung jetzt!“Gemeint ist die Forderung der Erzieherinnen nach einer höheren Eingruppierung, was auf eine Lohnsteigerung von rund zehn Prozent hinauslaufen würde. „Für die Verantwortung, die wir tragen, verdienen wir einfach zu wenig“, sagt die Leiterin des Neuravensburger Kindergartens, Barbara Binder-Wildner. Sie ist eine der Organisatorinnen des Ausstands.
Vielleicht zum ersten Mal überhaupt sind in Wangen Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes für ihre Forderungen auf die Straße gegangen. Nachdem die Gewerkschaft Verdi den unbefristeten Streik ausgerufen hatte, blieben am Freitag auch fünf städtische Kindertagesstätten in Wangen geschlossen: Haid, Ebnet, Gottesacker, Neuravensburg und Leupolz. Deren Erzieherinnen versammelten sich zuerst beim Gasthaus „Baumgarten“und stimmten sich zusammen mit VerdiBezirksgeschäftsführerin Sabine Hofmann-Stadtländer auf die anstehende Demonstration und die Kundgebung ein. Pünktlich um 11 Uhr zogen die Erzieherinnen dann von der Bahnhofstraße los und marschierten über Poststraße, Braugasse und Herrenstraße zum Marktplatz. Es war ein lauter und schriller Protest – teilweise gewürzt mit einer gehörigen Portion Galgenhumor. „Erzieher sind wie Dessous...“, stand beispielsweise auf einem Transparent geschrieben: „...Spitzenqualität für ein Hauch von Nichts.“
Was nichts daran ändert, dass es den Erzieherinnen mit ihren Forderungen sehr ernst ist, wie Barbara Binder-Wildner betont: „Die Bereitschaft unter den Kolleginnen für einen Streik ist groß, weil der Leidensdruck groß ist. Und noch nie war die Solidarität so groß wie jetzt – auch bei den Eltern.“So sei der Leidensdruck auch deshalb so hoch, weil die Aufgabenbereiche immer mehr würden: Sprachförderung, frühkindliche Betreuung, aufwendige Dokumentation, Sozialarbeit, und, und, und. „Wir wollen gute Arbeit
Schriftzug auf einem Transparent machen, aber wir sind an einem Punkt angekommen, wo wir nicht mehr können“, so die Leiterin des Neuravensburger Kindergartens.
„Diskriminierung von Teilzeitkräften“
Mit am ungerechtesten wird die Entlohnung von Teilzeitkräften empfunden. „Meine Ausbildung zur Erzieherin dauerte immerhin vier Jahre“, berichtet Ursula Reuhs, die momentan zwar als Schwangerschaftsvertretung im Kiga Gottesacker eine Hundert-Prozent-Stelle hat, im Herbst aber wieder auf ihre 70-Prozent-Stelle zurückkehrt. „Dann bin ich aber wieder eingruppiert wie eine Kinderpflegerin. Das macht bei einer vollen Stelle vielleicht 500 Euro brutto weniger aus.“Argumentiert würde dabei, dass Teilzeitkräfte nicht die gleichen Aufgaben wie Vollzeitkräfte erledigen würden. „Aber ich erledige de facto die gleichen Aufgaben“, sagt Reuhs. „Für mich ist das eine Diskriminierung von Teilzeitkräften.“
Auch darauf ging Sabine Hofmann-Stadtländer in ihrer Anspra- che auf dem Marktplatz ein, und schaute dabei zeitweise hinauf zum Rathaus, Richtung Amtszimmer des Oberbürgermeisters. „Ich fordere den OB auf, die Forderungen der Erzieherinnen zu unterstützen“, sagte die Verdi-Bezirksgeschäftsführerin und machte deutlich, dass es mit den Arbeitsniederlegungen weiter geht: „Es wird sicher in den kommenden ein, zwei Wochen tageweise gestreikt werden. Wir haben Kampfgeist und einen langen Atem.“
Ob an Streiktagen eventuell Notgruppen für Kinder eingerichtet werden, steht noch nicht fest. Einrichten sollten sich betroffene Eltern aber in jedem Fall darauf, dass in nächster Zeit die städtischen Kindertagesstätten in Wangen an manchen Tagen geschlossen bleiben.
„Erzieher sind wie Dessous... Spitzenqualität für ein
Hauch von Nichts.“