Spezialisten mit Stil
Möbelhersteller gehören nach wie vor zu den kreativsten Branchen – Duale handwerkliche Ausbildung und interessante Studiengänge
öbel sind vor allem Gebrauchsgegenstände, aber oft sind sie auch sehr viel mehr, nämlich eindrucksvolle Zeugen der Kultur und des Geschmacks einer bestimmten Epoche. Nicht von ungefähr gehören Schränke, Tische und Stühle aus dem Barock, dem Klassizismus oder dem Biedermeier zu den beliebtesten und, sofern sie gut erhalten sind, häufig auch zu den besonders teuren Antiquitäten. Eine große Ära des Möbel-Designs waren aber auch die 1920er- und 1930er-Jahre. Vor allem die berühmten Gestalter im Umfeld des Bauhauses, wie Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe, Le Corbusier oder Marcel Breuer, haben damals wahre Meisterwerke des Möbelbaus geschaffen. Ihre Entwürfe sind längst zu Klassikern von zeitloser Schönheit und hoher Funktionalität geworden.
Auch in unserer Zeit gehören die Möbelhersteller zu den besonders kreativen Branchen, deren Produkte nicht zuletzt im Ausland gefragt sind. Mehr als ein Viertel ihres Umsatzes von knapp 18 Milliarden Euro erzielten die Möbelfabriken 2013 im Export. Hauptabsatzmärkte sind die Länder der Europäischen Union mit Frankreich an der Spitze. Damit ist Deutschland der zweitgrößte Möbelexporteur der Welt nach China.
International bekannte Möbelfirmen in der Region
Als Hersteller nimmt die deutsche Möbelindustrie in Europa ebenfalls den zweiten Platz hinter Italien ein. Wichtigster Teilbereich der hiesigen Möbelproduktion sind Büro- und Ladenmöbel sowie Küchenmöbel. In dieser Produktgruppe ist die Alno AG in Pfullendorf eines der größten Unternehmen. Aber es gibt noch weitere bekannte Möbelfirmen in unserer Region, so zum Beispiel die Martin Staud GmbH in Bad Saulgau, die sich auf Schranksysteme sowie Betten- und Beimöbelprogramme spezialisiert hat und deren Ge- schichte sich bis ins Jahr 1653 zurückverfolgen lässt, oder die Draenert GmbH in Immenstaad am Bodensee. Dieses Unternehmen hat sich als Manufaktur für anspruchsvolle Designmöbel einen internationalen Namen gemacht.
Wie viele andere Branchen hat auch die Möbelindustrie in den vergangenen Jahrzehnten einen Strukturwandel durchgemacht. Dennoch zählt sie noch gut 1000 Firmen mit etwas mehr als 100 000 Mitarbeitern. Dieser Wirtschaftszweig ist von mittleren und vielen kleinen Betrieben geprägt. Großbetriebe sind relativ selten. Weniger als zehn Unternehmen kommen auf einen Umsatz von mehr als 250 Millionen Euro.
Wenn auch in der Möbelproduktion die Industrie heute absolut dominierend ist, so sollte man die handwerkliche Fertigung nicht unterschätzen. Die Meisterbetriebe des Möbelschreinerhandwerks können auf die individuellen Wünsche ihrer Kunden eingehen, die sich in einer industriell organisierten Produktion so kaum erfüllen lassen.
Gesamtumsatz von über 31 Milliarden Euro
Die Möbelbranche ist aber auch ein interessantes Teilgebiet des Einzelhandels. Der Bundesverband des Deutschen Möbel-, Küchen- und Einrichtungsfachhandels (BVDM, Köln) beziffert den Gesamtumsatz seiner Mitgliedsfirmen im Jahr 2014 auf 31,3 Milliarden Euro (plus 1,8 Prozent), wovon gut drei Viertel auf den Möbelfachhandel entfielen. Andere Anbieter, wie Bau- und Heimwerkermärkte, kamen auf knapp ein Viertel. Größter Möbelhändler und größter Arbeitgeber der Branche in Deutschland ist IKEA mit 4,1 Milliarden Euro Umsatz und 16 000 Beschäftigten (Geschäftsjahr 2013/14). Für das laufende Jahr rechnet der BVDM, dass der Gesamtumsatz im Möbelhandel wieder über 31 Milliarden Euro liegen wird.
Auch wenn längst nicht alle Möbel aus Holz sind, sondern viele aus Kunststoff oder Metall, so ist die klassische Ausbildung für eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter in der handwerklichen oder industriellen Möbelproduktion immer noch eine Schreinerlehre. Diese dauert in der Regel drei Jahre und ist, wie in Deutschland üblich, dual angelegt, findet also im Betrieb wie auch in der Berufsschule statt. Sie endet mit der theoretischen und praktischen Gesellenprüfung, zu der die eigenständige Fertigung eines Gesellenstücks gehört. Der Gesellenbrief ist auch die Voraussetzung für eine Weiterbildung zum Schreinermeister. Zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung bieten die Handwerkskammern, aber auch gewerbliche Berufsschulen entsprechende Kurse an.
Künftige Möbelschreiner müssen selbstverständlich über eine besondere Liebe zum Naturprodukt Holz und ein überdurchschnittliches praktisches Geschick verfügen. Aber das genügt nicht. Notwendig sind auch Interesse an Chemie und an der EDV. Auch mit der Mathematik sollten Möbelschreiner möglichst nicht auf Kriegsfuß stehen. Vor allem aber brauchen sie Fantasie und ein ausgeprägtes Stilempfinden sowie solide Kenntnisse in der Stilkunde.
Wenn es um die Fertigung von Sofas oder anderen Polstermöbeln geht, sind die Dienste des Polsterers oder der Polsterin gefragt. Deren duale Ausbildung dauert ebenfalls drei Jahre.
Für Führungspositionen in der Möbelindustrie ist eine akademische Ausbildung zwar nicht immer erforderlich, aber doch hilfreich. Eine erste Adresse dafür ist die Hochschule Rosenheim, die seit nunmehr 90 Jah- ren für hochqualifizierten Nachwuchs im Bereich Holztechnik sorgt. Gut 800 Studierende absolvieren derzeit die Bachelorstudiengänge Holztechnik, Holzbau und Ausbau sowie Innenausbau (jeweils sechs Theorie- und ein Praxissemester). Rund 30 Professoren kümmern sich um die Studentinnen und Studenten. Das erfolgreich abgeschlossene Bachelorstudium berechtigt zur Zulassung zum Masterstudiengang Holztechnik (drei Semester in Vollzeit oder sechs Semester in Teilzeit). Die Hochschule Rosenheim bietet aber auch einen siebensemestrigen Bachelorstudiengang sowie einen dreisemestrigen Masterstudiengang im Fach Innenarchitektur an, dessen Absolventen gute Chancen als Mitarbeiter bei der Entwicklung von Möbeln in der Industrie und als qualifizierte Berater im Verkauf von Einrichtungshäusern haben.
Staatlich geprüfte Einrichtungsberater
Für die Berufe im Handel bietet die Fachschule des Möbelhandels in Köln eine breites Spektrum von Ausbildungsmöglichkeiten an. Der duale Fachschulstudiengang für Schulabgänger mit Abitur oder Fachhochschulreife führt in drei Jahren zum IHK-Abschluss Kaufmann im Einzelhandel und zum Fachschulabschluss Staatlich geprüfter Betriebswirt. Weitere Ausbildungsofferten ermöglichen den Abschluss Staatlich geprüfter Einrichtungsberater in der Fachrichtung Möbelhandel beziehungsweise Küchenfachhandel und Kaufmann im Einzelhandel, Fachbereich Wohnbedarf und Fachbereich Einbauküchen. Schließlich bildet die Fachschule des Möbelhandels in Köln im Rahmen einer schulischen Berufsausbildung in Vollzeit auch Staatlich geprüfte Assistenten der Fachrichtung Betriebswirtschaft, Schwerpunkt Möbelwirtschaft aus. All die genannten Berufe und Abschlüsse gibt es selbstverständlich gleichermaßen auch in weiblicher Form.