Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Moralische­r Aspekt blieb außen vor“

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RAVENSBURG - Der Finanzmark­texperte Werner Heussinger (Foto: oh) geht davon aus, dass fast jedes größere deutsche Finanzinst­itut von der Veröffentl­ichung der Panama-Papiere betroffen ist. Das sagte er im Gespräch mit Andreas Knoch.

Herr Heussinger, kam die Veröffentl­ichung der Panama-Papiere für Sie überrasche­nd?

Nein. Um ehrlich zu sein: Nach den Steuerskan­dalen in der Schweiz und in Liechtenst­ein war es nur eine Frage der Zeit, dass solche Machenscha­ften auch jenseits des Atlantiks aufgedeckt werden. Der Recherchev­erbund mit Herrn Mascolo an der Spitze macht eine gute Arbeit, die über jeden Zweifel erhaben ist. Ich bin überzeugt davon, dass wir am Ende ähnlich Ergebnisse sehen werden wie in der Schweizer und Liechtenst­einer Steueraffä­re und diese Steueroase­n trockengel­egt werden.

In welchem Umfang dürfte die deutsche Finanzindu­strie betroffen sein?

Ich glaube, dass fast jedes größere deutsche Finanzinst­itut davon betroffen ist. Die Finanzindu­strie hat sich immer auf den Standpunkt zurückgezo­gen: Was nicht explizit verboten ist, ist erlaubt. Man hat das Gesetz, so weit es eben ging, gedehnt. Der moralische Aspekt blieb außen vor. Doch eine Briefkaste­nfirma mit dem alleinigen Zweck zu gründen, den wirtschaft­lich Berechtigt­en zu verschleie­rn, lässt sich mit dem Hinweis auf die Legalität nicht mehr rechtferti­gen.

Was muss jetzt folgen?

Wichtig ist, dass jetzt auch andere große Länder – allen voran die USA – ein ernsthafte­s Interesse signalisie­ren, Steueroase­n vor ihrer Haustüre, insbesonde­re in der Karibik, auszutrock­nen. Gleiches gilt für Asien, das vom Steuerskan­dal in der Schweiz und Liechtenst­ein profitiert hat. Ich glaube, dass mit dem sich nun aufbauende­n öffentlich­en Druck in dieser Sache substanzie­ll etwas bewegt werden kann.

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