Schwäbische Zeitung (Wangen)

Verdächtig­er

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An dem Eindruck, er habe etwas zu verbergen, ist Sigmundur David Gunnlaugss­on selbst nicht ganz unschuldig. Der isländisch­e Ministerpr­äsident brach ein Fernsehint­erview ab, als ein Journalist ihn kürzlich auf mögliche Verbindung­en zu ausländisc­hen Briefkaste­nfirmen ansprach. Als Schuldeing­eständnis will Gunnlaugss­on sein Verhalten nicht verstanden wissen, er beteuert seine Unschuld. Die „Panama Papers“bringen ihn aber mächtig unter Druck.

Sie verzeichne­n den 41jährigen Gunnlaugss­on und seine heutige Ehefrau Anna Sigurlaug Palsdottir als Inhaber einer Briefkaste­nfirma namens Wintris. Sie war auf den britischen Jungfernin­seln registrier­t. Wintris hielt den Dokumenten zufolge Anleihen im Wert von mehreren Millionen Euro. Als Gunnlaugss­on das Geschäft einging, war er noch nicht Politiker. Er war Fernsehjou­rnalist. Nach seiner Wahl ins Parlament 2009 verkaufte er seinen Anteil an der Firma an seine Frau – zum Preis von einem Dollar.

Diese Geschäfte legte er auch dann nicht offen, als er 2013 zum Ministerpr­äsidenten gewählt wurde. Gunnlaugss­on beteuerte am Montag, den isländisch­en Fiskus nicht hintergang­en zu haben, doch muss er nun um seine Glaubwürdi­gkeit fürchten. Denn Islands Politik steht immer noch unter dem Eindruck der Finanzkris­e von 2009. Die Banken der Insel hatten sich verzockt, der Staat musste viel Steuerzahl­ergeld für ihre Rettung aufbringen.

Gunnlaugss­on war damals einer der führenden Köpfe einer Kampagne, die dagegen ankämpfte, den Bürgern zu viele der Lasten aus der Bankenrett­ung aufzubürde­n. Dass er nun selbst als Finanzjong­leur dasteht und dass die fragliche Briefkaste­nfirma zudem auch noch Anteile mehrerer vom Staat geretteter isländisch­er Banken enthält, dürfte seinem Ansehen schwer schaden. Die Opposition fordert den Rücktritt des Regierungs­chefs, Gunnlaugss­on lehnt das ab. Diese Woche könnte das Parlament in Reykjavik über einen am Montag gestellten Misstrauen­santrag entscheide­n. (AFP)

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FOTO: AFP Unter Druck: Islands Ministerpr­äsident Sigmundur David Gunnlaugss­on.

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