Mysteriöser SEK-Einsatz beschäftigt Justiz
2011 wurde ein Mann in Köln von Beamten angeschossen – Vom Tathergang gibt es unterschiedliche Versionen
KÖLN (dpa) - Knapp fünf Jahre nach einer mysteriösen Schießerei in Köln wird der Fall vor dem Landgericht verhandelt. Im Mittelpunkt stehen ein Kaufmann und ein Spezialeinsatzkommando der Polizei – und zwei unterschiedliche Versionen.
Köln, im Juni 2011: Ein weißer Sportwagen steht an einer Hauswand, ein Mann steigt ein, um mit einem Bekannten essen zu gehen, wie er später berichten wird. Doch dazu kommt es nicht. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei stürmt auf das Auto zu, Glas splittert, Kugeln durchschneiden die Luft. Der Mann wird dabei schwer verletzt. Zum Tathergang gibt es unterschiedliche Versionen. Wer schoss wann auf wen? Fast fünf Jahre danach ist das immer noch nicht klar. Und das, obwohl sogar ein Überwachungsvideo öffentlich geworden ist, über das der „Kölner Stadt-Anzeiger“und der „Focus“berichteten. Angeklagt ist der Mann, der in das Auto stieg, ein Kaufmann, der am Kölner Großmarkt arbeitete und wohnte.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 55-Jährigen vor, auf einen SEKBeamten geschossen zu haben, nachdem ihn dieser mit Kollegen in dem Auto angehalten hatte – ausgestattet mit einem Durchsuchungsbeschluss. Der war erlassen worden, nachdem seine Frau bei der Polizei gewarnt hatte, ihr Mann besitze Waffen und habe gedroht, sie zu töten. Der Kaufmann schoss, und das SEK erwiderte das Feuer, so die Darstellung der Anklage.
Verteidiger Reims schildert hingegen eine andere Version. Sein Mandant wurde demnach von dem Zugriff überrascht und habe an einen Überfall gedacht. Die Polizisten seien als „abendliche Spaziergänger“aufgetreten und nicht als Beamte zu erkennen gewesen. Gezielt oder gar geschossen habe sein Mandant mit seiner Waffe nicht. Der Anwalt wirft den Polizisten vor, nicht die Wahrheit über den tatsächlichen Ablauf an diesem Abend gesagt zu haben. Fakt ist, dass die Ermittlungen gegen die SEK-Polizisten eingestellt wurden, wie es von der Aachener Staatsanwaltschaft heißt, die sich mit dem Fall befasst hat. Die Gutachter seien gleichwohl zu dem Ergebnis gekommen, dass der erste Schuss tatsächlich von einem SEK-Beamten abgefeuert worden sei , während der Angeklagte allerdings schon auf einen Polizisten gezielt und nur knapp danach auch abgedrückt habe.