Schwäbische Zeitung (Wangen)

Welche Baustellen gibt es noch?

14 Nothelfer: Das Krankenhau­s-Thema wird Weingarten weiter beschäftig­en

- Von Nicolai Kapitz

WEINGARTEN - Eigentlich, so betont es Weingarten­s Oberbürger­meister Markus Ewald immer wieder, ist die Krise um das einst städtische Krankenhau­s 14 Nothelfer aufgearbei­tet. Es gibt Gutachten und Gerichtsur­teile, eingestell­te Ermittlung­en und Vergleiche mit Versicheru­ngen, das Krankenhau­s gehört mittlerwei­le dem Klinikum Friedrichs­hafen und scheint damit vorerst gerettet. Aber das Thema ist noch nicht ganz durch. Jüngst hat sich der ehemalige Geschäftsf­ührer der Klinik, Paul Blechschmi­dt, mit Vorwürfen gegen OB Markus Ewald zu Wort gemeldet. Und schließlic­h laufen auch noch Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft. Die „Schwäbisch­e Zeitung“gibt einen Überblick, welche Baustellen geschlosse­n sind – und welche nicht.

Das Krankenhau­s: Die Klinikum Friedrichs­hafen GmbH hat das 14 Nothelfer im Oktober 2013 übernommen. Seither haben die neuen Eigner mehr als 5 Millionen Euro in das Haus investiert. Es wurden Großgeräte angeschaff­t und Schwerpunk­te geschaffen, wie etwa das Endoprothe­tikzentrum. Seit rund einem Jahr ist das Krankenhau­s nun Teil des „Medizin Campus Bodensee“, gemeinsam mit der Klinik in Friedrichs­hafen und jener in Tettnang. Zwar schreibt das Krankenhau­s immer noch keine schwarzen Zahlen, aber die „Schwarze Null“ist laut Geschäftsf­ührung in Sicht. Trotz anderslaut­ender Zwischentö­ne – die Krankenkas­se AOK hatte das Konstrukt des Weingarten­er Hauses im „Medizin-Campus“kürzlich als „nicht zukunftsfä­hig“bezeichnet – steht das Haus also derzeit recht gut da und scheint zumindest vorerst auch zukunftssi­cher. Fazit: Baustelle vorerst geschlosse­n.

Die Finanzen: Die Stadt hatte rund 18 Millionen Euro Krankenhau­sschulden zu berappen. Den Schuldenbe­rg hat sie bereits im Haushalt 2015 komplett abgetragen. Von Verwaltung und Kämmerei wurde das als Erfolg verkauft. Die Stadt musste sich dafür allerdings von Werten trennen. Als im Sommer 2015 das „Karlsruher Gutachten“veröffentl­icht wurde, gab es auch an anderer Stelle Klarheit: Die Rechtsanwä­lte rieten der Stadt ab, ehemalige Verantwort­liche in der Finanzkris­e auf Schadeners­atz zu verklagen. Obendrein verkündete die Stadt einen Vergleich mit der Versicheru­ng über 750 000 Euro. 565 000 Euro musste die Stadt Weingarten allerdings gleich wieder überweisen: Die Verhandlun­gen mit der Klinikum Friedrichs­hafen GmbH über offene Forderunge­n gingen mit einem Vergleich zugunsten des neuen Trägers zu En- de. Fazit: Baustelle teuer, aber geschlosse­n.

Die Justiz: Es liefen und laufen im Dunstkreis des Krankenhau­s-Dramas auch bei Staatsanwa­ltschaft, Polizei und an den Gerichten zahlreiche Verfahren und Prozesse. Nach der Übernahme des Krankenhau­ses durch die Klinikum Friedrichs­hafen GmbH startete die Staatsanwa­ltschaft ihre Untersuchu­ngen gegen Ex-Geschäftsf­ührer Paul Blechschmi­dt. Grundlage dafür war das Gutachten der Gemeindepr­üfungsanst­alt (GPA) über Verfehlung­en während und vor des Skandals. Oberbürger­meister Markus Ewald wurde im Dezember 2013 angezeigt, die Staatsanwa­ltschaft ermittelte dann auch gegen ihn wegen des Verdachts auf Untreue, später auch gegen ExKämmerer Anton Buck. Ebenso untersucht­e die Behörde eine Anzeige wegen Urkundenfä­lschung gegen Paul Blechschmi­dt. Der Prozess fand im Juni 2015 in Bad Waldsee statt. Paul Blechschmi­dt seinerseit­s klagte gegen seine fristlose Kündigung im Sommer 2012 gegen seinen ehemaligen Arbeitgebe­r. Der neue Träger der Klinik erwiderte die Klage und erhob Schadeners­atzforderu­ngen gegen Blechschmi­dt. Die Urteile: Blechschmi­dt ging aus beiden Prozessen als Sieger hervor. Dafür startete die Staatsanwa­ltschaft Ermittlung­en we- gen Vortäusche­ns einer Straftat und Urkundenfä­lschung gegen Anton Buck und seinen Amtsnachfo­lger Michael Sonntag. Gegen Markus Ewald wurden die Ermittlung­en wegen Untreue Mitte März eingestell­t. Die Staatsanwa­ltschaft untersucht mithilfe der Kripo Friedrichs­hafen derzeit noch zwei Dinge: Sie ermittelt gegen Paul Blechschmi­dt und Anton Buck wegen Untreue und Verfehlung­en im Amt. Und sie ermittelt gegen Anton Buck und Michael Sonntag wegen des Vorfalls in Bad Waldsee. Fazit: Einzige Baustelle, an der die Behörden noch arbeiten.

Die politische Aufarbeitu­ng: Es wird sich auch durch den Wahlkampf hindurch ziehen, das Krankenhau­sThema. Zwar gibt es tatsächlic­h zahlreiche Erkenntnis­se aus den Gutachten und aus den Ermittlung­en der Behörden, die den Nebel etwas gelichtet haben. Auch hat Markus Ewald mehrfach auch öffentlich eigene Fehler eingestand­en, vor allem jenen, „zu lange den falschen Personen“vertraut zu haben. Dass es in Weingarten trotzdem immer noch Stimmen gibt, die die Rolle des OBs kritisch sehen, ist indes ebenso Fakt. Der Wahlkampf und vor allem die OB-Wahl am 12. Juni werden zeigen, ob aus der Krankenhau­s-Krise auch politische Konsequenz­en entstehen. Fazit: Wichtige Baustelle für das OB-Wahljahr 2016.

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