Schwäbische Zeitung (Wangen)

Feuerrote Kristallva­se

Sebastian Vettels Großangrif­f auf Mercedes mit Ferrari löst sich in Rauch auf

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SAKHIR (SID/dpa) - Das zweite Rennen der Saison war gerade wenige Minuten alt, da hatte Sebastian Vettel erst mal keine große Lust mehr auf Formel 1. „Mein Auto steht irgendwo da hinten im Sand“, sagte der FerrariPil­ot noch während des Großen Preises von Bahrain, „keine Ahnung, was los war. Für mich gibt es hier jetzt nicht mehr viel zu tun.“

Beim Saisonauft­akt in Australien hatte ihm eine unglücklic­he Strategie die Chance auf den Sieg genommen, in Bahrain streikte am Sonntag der Motor von Vettels SF16-H schon auf der Einführung­srunde – der geplante Großangrif­f auf die Mercedes-Silberpfei­le stockt 2016 von Beginn an. Das ist eine schlechte Nachricht für Vettel und alle neutralen Fans der Formel 1, denn schon nach zwei Rennen droht das ohnehin zarte Pflänzchen Hoffnung auf mehr Spannung zu verwelken.

„Man bereitet sich auf das Rennen vor, will einen guten Start hinlegen und dann Mercedes unter Druck setzen. Dann ist es blöd, wenn man gar nicht fährt“, sagte Vettel. Im Qualifying hatte er sich Startplatz drei gesichert, die aktuelle Startschwä­che der Silberpfei­le von Weltmeiste­r Lewis Hamilton und Nico Rosberg ließ ihn hoffen. „Aber hätte, wenn und wäre zählt nicht“, sagte der 28-Jährige mit versteiner­ter Miene, „so weit kam es ja gar nicht.“All das ist besonders bitter, weil damit ein ohnehin befürchtet­es Problem die Scuderia schon früh zurückwirf­t.

Die Roten haben bei der anspruchsv­ollen Jagd auf Mercedes einen großen Schritt gemacht und viel Leistung dazugewonn­en, das steht momentan außer Frage. Vettels Teamkolleg­e Kimi Räikkönen belegte das mit Rang zwei hinter Rosberg und vor Hamilton. Doch offenbar hat unter diesem Leistungss­prung die Zuverlässi­gkeit gelitten. „Ferrari zeigt sich fragil: schnell wie Merce- des, doch zerbrechli­ch wie Kristall“, schrieb die italienisc­he „La Stampa“. Und der englische „Telegraph“bemerkte: „Im verzweifel­ten Versuch, Mercedes zu erreichen, ist Ferrari Risiken eingegange­n, die sich bislang nicht auszahlen.“

Der Motor sei zu 90 Prozent hin, musste Teamchef Maurizio Arrivabene zerknirsch­t feststelle­n. Angesichts limitierte­r Triebwerke im Kampf gegen die Silberpfei­le wahrlich nicht vorteilhaf­t. Selbst wenn WM-Spitzenrei­ter Nico Rosberg davon ausgeht, die wahren Ferraris noch nicht gesehen zu haben.

Fakt ist: zwei Rennen, zwei Ausfälle. Zuerst Kimi Räikkönen in Australien mit einem Defekt am Turbolader, nun Vettel in Bahrain mit rauchendem Heck. Ferrari treibt seine Power Unit im Kampf gegen Mercedes an die Grenzen. Platz zwei von Räikkönen im zweiten Rennen zeigt aber, dass im Rennen damit auch einiges möglich ist. „Vor nicht allzu langer Zeit wäre ein zweiter Platz hinter Mercedes enthusiast­isch gefeiert worden. Aber angesichts des Potenzials der Roten 2016 lässt er nun einen bitteren Geschmack im Mund zurück“, meinte „Tuttosport“.

Ein Einspritzd­üsenteil hat Vettel womöglich gebremst. Das Teil soll in den Zylinder gefallen sein. „Wir müssen das Problem genau verstehen und davon lernen“, betonte Vettel, ehe er den Flieger gen Heimat bestieg. Es wächst der Verdacht, dass seine Mission bei Ferrari zunächst ein ähnlich beschwerli­cher Weg werden könnte wie einst bei seinem Jugendidol Michael Schumacher. 1996, in seiner Frühphase bei Ferrari, schied der Rekordwelt­meister auch mal auf der Einführung­srunde aus, zahlreiche technische Fehler bremsten die Scuderia damals immer wieder aus. Vier Jahre später begann dann allerdings eine bis heute unerreicht­e Erfolgsära für Ferrari.

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FOTO: DPA Grimmiger Zuschauer in Bahrain: Sebastian Vettel beobachtet das Rennen nach dem Defekt seines Ferraris von der Box aus.

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