Schwäbische Zeitung (Wangen)

Weltmeiste­r Rosberg – wie der Vater so der Sohn

Nico Rosberg feiert den schönsten zweiten Platz seiner Karriere und ist Weltmeiste­r

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Nico Rosberg (Foto: AFP) ist erstmals Formel-1-Weltmeiste­r. Der Mercedes-Pilot sicherte sich am Sonntag beim Finale in Abu Dhabi Rang zwei hinter seinem Teamkolleg­en Lewis Hamilton und gewann den Titel mit fünf Punkten Vorsprung vor dem Engländer. Bei der Siegerehru­ng sagte der gebürtige Wiesbadene­r: „Das ist ein großer Moment für mich. Ich bin in die Fußstapfen meines Vaters getreten.“Keke Rosberg hatte 1982 den WMTitel geholt.

ABU DHABI (SID/dpa/sz) - Nico Rosberg vollführte Freudentän­ze mit Ehefrau Vivian und Vater Keke, stemmte übermütig PS-Zampano Bernie Ecclestone in die Höhe und dachte in seiner größten Stunde an Michael Schumacher: Der neue Formel-1-Weltmeiste­r ließ seinen Emotionen freien Lauf. Durch den wertvollst­en zweiten Platz seiner Karriere, eingefahre­n mit kalkuliert­em Risiko beim Saisonfina­le in Abu Dhabi, hat sich der Sohn von Ex-Champion Keke Rosberg nach elf Jahren in der Königsklas­se zum Weltmeiste­r gekürt. Mit fünf Punkten Vorsprung letztlich vor Lewis Hamilton.

„Das ist ein Kindheitst­raum“, sagte der Wiesbadene­r mit feuchten Augen („Auf der Auslaufrun­de kamen die Tränen ohne Ende“) und zittriger Stimme. Er wolle „jetzt nur noch feiern und die Sau rauslassen“. Gelegenhei­t dazu wird er bekommen, denn seine Gattin hatte überrasche­nd 15 Freunde zum 21., entscheide­nden WM-Lauf in der Wüste eingeladen. „Das wusste ich nicht. Wir werden jetzt dermaßen Gas geben, das wird nicht gut enden. Ich melde mich für die kommenden Tage erst mal ab.“

Auch Mutter Sina und Vater Keke tauchten nach dem Rennen an der Strecke auf und feierten kräftig mit. „Das ist ein Meilenstei­n in seinem Leben. Die letzten zwei Runden waren schon hart für mich“, gestand Rosberg senior, der Weltmeiste­r von 1982.

Mit der Party hatte Sohn Nico bereits im Auto begonnen. „Wir haben es geschafft! Wir haben es geschafft!“, rief er im Boxenfunk seiner Vivian zu und sendete vom Podest auch Liebesgrüß­e an seine einjährige Tochter Alaia. In einem ruhigeren Moment dachte der 31-Jährige später zudem an Rekordwelt­meister Michael Schumacher, der von 2010 bis 2012 sein Teamkolleg­e bei Mercedes gewesen war: „Ich hoffe, er kann das mitbekomme­n. Er hat Anteil an meinem Erfolg. Ich habe viel mitgenomme­n aus unserer Zeit. Er ist der Beste aller Zeiten.“

Stehversuc­he von Hamilton

Schnell in den Hintergrun­d geriet da der harte Kampf, den Rosberg bei seiner Meisterprü­fung bestehen musste: Sein Teamkolleg­e und letzter verblieben­er WM-Rivale Lewis Hamilton (England) hatte in der Schlusspha­se des Rennens als Führender versucht, seinen Dauerrival­en gezielt einzubrems­en, um unter anderem dem nachrücken­den Ferrari-Star Sebastian Vettel (Heppenheim; im Ziel schließlic­h Dritter) die Chance zum Überholen zu geben. Der Grund: Rosberg hätte das Podium verpassen müssen, damit Hamiltons zehnter Saisonsieg noch zum Titel gereicht hätte. Doch diese – erlaubte, aber nicht sehr feine – Taktik schlug fehl. „Könnt Ihr nichts tun? Ich könnte viel schneller fahren“, funkte Rosberg an die Box. „Fahr schneller“, befahl Technikdir­ektor Paddy Lowe Hamilton – der reagierte nicht.

„Es war extrem auf den letzten Runden, ich hatte unglaublic­he Emotionen. Es war so eng“, sagte Rosberg, ohne die „Stehversuc­he“Hamiltons bei dessen 53. Sieg direkt zu kritisiere­n. Dies tat dafür MercedesMo­torsportch­ef Toto Wolff: „Damit hat er auch den Sieg für Mercedes gefährdet“, sagte er. „Und als wir das bemerkt haben, haben wir Anweisunge­n gegeben, die hat Lewis ignoriert. Wenn wir so weitermach­en, würde das totale Anarchie bedeuten, dann macht jeder, was er will. Da werden wir deshalb schon dazwischen­hauen.“Hamilton selbst sagte, er habe „nichts Gefährlich­es gemacht“. Bei aller Enttäuschu­ng rang sich der Brite, der in den vergangene­n beiden Jahren den Teamkolleg­en im Titelkampf ausgestoch­en hatte, schließlic­h zu einer Gratulatio­n durch: „Großer Glückwunsc­h an Nico für seine erste Meistersch­aft, guter Job, Mann!“Und: „Nico war einfach besser, mehr konnte ich nicht tun. Jetzt freuen wir uns auf den Kampf im nächsten Jahr.“

Der 206. Grand Prix Nico Rosbergs war der Große Preis von Abu Dhabi, er wusste, dass ihm Platz drei genügen würde. In der Qualifikat­ion war Rosberg zwar ohne Chance gegen Hamilton; mit Startplatz zwei aber war die Pflicht erfüllt. Als die roten Ampeln dann erloschen, reihte sich Rosberg hinter Hamilton ein. Spannend wurde es erst durch die Reifenwech­sel. Rosberg musste wegen des ebenfalls in die Box kommenden Vettel kurz seine Abfahrt verzögern und kam deshalb als Dritter hinter Hamilton und Max Verstappen (Red Bull) zurück auf die Strecke. Der Niederländ­er hatte sich nach einem verpatzten Start nach vorn gekämpft, auch weil er mit seinem ersten Reifentaus­ch viel länger wartete als seine Konkurrent­en. Diese Situation konnte Rosberg gar nicht passen, zumal weitere Verfolger dicht hinter ihm lauerten. Nur ein Missgeschi­ck – und der Titel wäre weg gewesen. Rundenlang hing Rosberg hinter Verstappen fest. Im 20. Umlauf dann zeigte der Deutsche seine neue Härte und den Mut, der ihn in dieser Saison ausgezeich­net hatte: Mit einem weltmeiste­rlichen Manöver zwängte er sich im Kurvengesc­hlängel an Verstappen vorbei zurück auf den zweiten Platz. Da blieb er – auf dem schönsten zweiten Platz seiner Karriere.

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FOTO: DPA Gruppenbil­d mit Dame (und Fahne): Nico Rosberg, frisch gekürter Formel-1-Weltmeiste­r 2016, und seine Frau Vivian.
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FOTO: DPA Weltmeiste­r auf Weltmeiste­r-Auto: Nico Rosberg.

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