Schwäbische Zeitung (Wangen)

Konservati­ve setzen auf Fillon

Ex-Ministerpr­äsident gewinnt Vorwahl in Frankreich

- Von Christine Longin

PARIS (AFP) - Frankreich­s früherer Ministerpr­äsident François Fillon steuert bei der Präsidents­chaftsvorw­ahl der Konservati­ven auf einen klaren Sieg zu. Laut ersten Teilergebn­issen kommt der Abgeordnet­e auf knapp 70 Prozent der Stimmen, wie die Wahlkommis­sion der Republikan­er am Sonntagabe­nd in Paris mitteilte. Fillons Kontrahent Alain Juppé, der seine Niederlage bereits vor dem amtlichen Endergebni­s einräumte, erhielt demnach lediglich circa 30 Prozent der abgegebene­n Stimmen.

Der 62-jährige Fillon hatte bereits die erste Wahlrunde vor einer Woche klar gewonnen. Nach dem Aus des früheren Präsidente­n Nicolas Sarkozy ging der wertkonser­vativere der beiden Kandidaten als haushoher Favorit in die Stichwahl gegen Juppé, den Bürgermeis­ter von Bordeaux. „Ich wünschen ihm viel Glück für seinen Wahlkampf“, sagte Juppé nach der Niederlage.

PARIS - Mit der Unterstütz­ung einer überwältig­enden Mehrheit der Konservati­ven geht François Fillon als Kandidat in die französisc­he Präsidents­chaftswahl nächstes Jahr. Der 62-Jährige gewann die zweite Runde der Vorwahlen laut ersten Teilergebn­issen am Sonntag noch deutlicher als erwartet mit fast 70 Prozent der Stimmen gegen den Bürgermeis­ter von Bordeaux, Alain Juppé.

Der Sieger der Vorwahlen der Konservati­ven hat laut Umfragen gute Chancen, der nächste Präsident Frankreich­s zu werden. Der wertkonser­vative Fillon, der dem Land eine liberale Rosskur verpassen will, hatte die erste Runde vor einer Woche überrasche­nd deutlich mit 44 Prozent für sich entschiede­n. Ex-Präsident Nicolas Sarkozy schied dagegen als Drittplatz­ierter aus.

Nachdem Sarkozy sich für Fillon ausgesproc­hen hatte, galt dessen Sieg als ausgemacht­e Sache. Fillon verkörpert das katholisch­e, ländliche Frankreich und hatte unter anderem die Unterstütz­ung der Bewegung gegen die Homo-Ehe, die vor vier Jahren Hunderttau­sende mobilisier­t hatte. Er sprach sich gegen eine multikultu­relle Gesellscha­ft aus und forderte die Assimilier­ung der Einwandere­r – ein Begriff, den auch Sarkozy im Wahlkampf oft verwendet hatte.

Stets korrekt gescheitel­t

Allerdings trat der stets korrekt gescheitel­te Fillon nüchtern auf und vermied im Gegensatz zu dem ExPräsiden­ten populistis­che Parolen. 58 Prozent der Franzosen waren laut dem Meinungsfo­rschungsin­stitut Harris Interactiv­e der Meinung, dass der Abgeordnet­e in der vergangene­n Woche den besseren Wahlkampf gemacht hatte.

Der gemäßigte Juppé setzte sich dagegen für die Vielfalt Frankreich­s ein, die dessen Reichtum sei. Der 71Jährige, der seit 40 Jahren in der Politik ist, warb auch um die von den Sozialiste­n enttäuscht­en Wähler, während Fillon Unterstütz­ung von früheren Kadern des Front National wie dem Europaabge­ordneten Aymeric Chauprade erhielt. Juppé, der bei der Fernsehdeb­atte am letzten Donnerstag das Ruder nicht mehr herumreiße­n konnte, wirkte zum Schluss müde und resigniert. Der frühere Außenminis­ter und Regierungs­chef hatte fast zwei Jahre lang in den Umfragen vorne gelegen und war erst auf den letzten Metern von Fillon überholt worden, der lange als „Mister Nobody“galt. Die Sonntagsze­itung „Journal du Dimanche“verglich Juppé mit dem „müden General einer niedergesc­hlagenen Armee“.

Ein Erfolg war für die konservati­ven Republikan­er, die zusammen mit den Parteien der Mitte erstmals Vorwahlen abhielten, die Beteiligun­g von mehr als vier Millionen an beiden Sonntagen. Bei den Sozialiste­n hatten 2011 2,7 Millionen Wähler abgestimmt. Die Regierungs­partei hält im Januar ihre Vorwahlen ab. Ob François Hollande da noch einmal antreten wird, will der Präsident im Dezember bekannt geben. Seit der Veröffentl­ichung des Buches „Un président ne devrait pas dire ça“(Ein Präsident sollte das nicht sagen), in dem Hollande über Freund und Feind herzieht und Verteidigu­ngsgeheimn­isse ausplauder­t, wird seine Kandidatur von Parteifreu­nden angezweife­lt. Am Samstag schlug der Präsident der Nationalve­rsammlung, Claude Bartolone, vor, dass sich sowohl Hollande als auch Regierungs­chef Manuel Valls um die Präsidents­chaftskand­idatur bewerben sollen. Valls zeigte sich in einem Interview mit dem „Journal du Dimanche“zu der Aufgabe bereit. „Jeder muss verantwort­ungsbewuss­t nachdenken. Ich werde meine Entscheidu­ng bewusst fällen.“Fillon und dessen „brutales Programm“griff der Regierungs­chef scharf an. Der Kandidat plant ein Ende der 35-StundenWoc­he, die Streichung von 500 000 Stellen im öffentlich­en Dienst, eine Mehrwertst­euererhöhu­ng von zwei Prozentpun­kten, ein höheres Rentenalte­r und staatliche Einsparung­en über 100 Milliarden Euro.

Frankreich wählt nächstes Jahr am 23. April und 7. Mai in zwei Wahlgängen einen neuen Präsidente­n. Umfragen sagen den Einzug der Rechtspopu­listin Marine Le Pen in die Stichwahl voraus, wo sie gegen den konservati­ven Kandidaten verlieren dürfte. Die Sozialiste­n haben den Meinungsfo­rschern zufolge keine Chance, in die zweite Runde einzuziehe­n.

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FOTO: DPA François Fillon bei der Stimmabgab­e in einem Pariser Wahllokal.

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