Frieden und Wohlstand in Europa nicht garantiert
Prominente CDU-Politiker diskutieren in Isny mit Industrievertretern und Wissenschaftlern über weltweite Konfliktherde
ISNY - Brexit, Donald Trump, Syrien und einiges mehr: Über wirtschaftliche und politische Konfliktherde innerhalb und außerhalb Europas haben am Wochenende in Isny prominente CDU-Politiker mit Industrievertretern und Wissenschaftlern diskutiert. Nachdenklichkeit und Sorgen prägten die offenen Debatten. Der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, warnte die Teilnehmer ironisch vor einem „Stadium vertiefter Depressionen“.
Zum 37. Mal fand die Isny-Runde statt, zu der Gastgeber Helmut Aurenz in sein Hotel Jägerhof eingeladen hatte und die vom Ex-Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann moderiert wurde. Der Grundtenor der Vorträge wie Wortmeldungen lautete: „Ohne stabile internationale Allianzen geht es nicht.“Und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) verlangte ein europäisches Selbstbewusstsein, das „nicht klein geschreddert“werden dürfe.
„Wir leben in der gefährlichsten Zeit seit 70 Jahren“, fasste der britische Energiemanager Ian Conn die weltpolitischen Rahmenbedingungen zusammen. Hessens früherer Ministerpräsident Roland Koch bemängelte: „Wir taumeln von einer falschen Analyse zur anderen.“Er glaube nicht, dass es ausreiche zu hoffen, dass die Menschen wieder vernünftig würden. „Sind wir dafür gerüstet, wenn die USA oder China ihre Grenzen dicht machen sollten?“
Ischinger wies auf die Gefahr unbeabsichtigter militärischer Auseinandersetzungen auch in Europa hin und bedauerte, dass es keine Regierungsfähigkeit der internationalen Gemeinschaft gebe. Vielmehr müsse eine permanente Selbstblockade des UN-Sicherheitsrates festgestellt werden. Deutschland müsse ein großes Interesse daran haben, dass der amerikanisch-russische Dialog wieder aufgenommen werde.
Riskante Brexit-Verhandlungen
Der frühere BP-Mann Conn warb trotz des geplanten EU-Austritts Großbritanniens (Brexit) für eine enge Zusammenarbeit zwischen London und Brüssel. Er sei gegen den Brexit („ich war geschockt“), aber das hülfe jetzt auch nichts mehr. „Wir verlassen die EU, aber nicht Europa.“Das Problem sei, dass die Briten wirtschaftlich argumentierten und die übrigen Europäer politisch. Dies berge bei den Verhandlungen ein erhebliches Risiko. Ihn erinnere das an ein „Bombenentschärfungskommando“.
Conn kritisierte die soziale Ungleichheit in Europa, die auch zum Brexit geführt habe. Die Jugendarbeitslosigkeit sei viel zu hoch. „Spanien, Griechenland und der Brexit, das hängt alles zusammen.“EU-Kommissar Günther Oettinger wies auf die gemeinsame europäische Forschungspolitik hin, die für die Zukunft des Kontinents wesentlich sei und die nicht in Gefahr kommen dürfe. „Wenn das Forschungsband zwischen der EU, dem Vereinigten Königreich und auch der Schweiz reißt, dann wird es ganz schwierig.“Deutschland könne es bei der Entwicklung von Innovationen alleine nicht schaffen.
Deutsche Alleingänge seien grundsätzlich nicht erfolgversprechend, stimmte Voith-Chef Hubert Lienhard zu, der den Asien-PazifikAusschuss der Deutschen Wirtschaft leitet. „Die EU befindet sich in einer Selbstfindungsphase. Frieden und Wohlstand sind nicht garantiert.“Etwa 25 Prozent der deutschen Exporte gingen durchschnittlich nach Asien. Beim Auto- und Maschinenbau sei es noch mehr. Und dennoch erklärten ihm die Geschäftspartner in Asien, wo 2030 fünf Milliarden Menschen leben werden, dass die EU dort nicht mehr als Partner ernst genommen werde. Deutschland brauche aber sichere und stabile Exportmärkte, die es ohne europäische Zusammenarbeit aber nicht absichern könne. Das Fazit des Gedankenaustausches war sodann auch eindeutig. Ohne eine starke EU wird Deutschland in der globalisierten Welt massiv an Einfluss und Wirtschaftskraft verlieren.