Fillon will Frankreich überzeugen
Der Front National und die Sozialisten bringen sich gegen den Kandidaten der Konservativen in Stellung
PARIS - François Fillon dürfte Alain Juppé gut zugehört haben, als der am Abend seiner Niederlage bei den Vorwahlen vor seine Anhänger trat. Der Ex-Regierungschef richtete eine Warnung an den Gewinner: „Um zu befrieden und zu versöhnen, muss man auch Hoffnung geben, seine Kräfte für den gegenseitigen Respekt einsetzen und die Gerechtigkeit.“
Monatelang hatte der Bürgermeister von Bordeaux als Kandidat dafür geworben, Frankreich zusammenzubringen. Das gemäßigte Programm des 71-Jährigen überzeugte am Sonntag jedoch nur rund 33 Prozent der Wähler der Konservativen, die Fillon mit seinem stramm rechten Kurs zu ihrem Präsidentschaftskandidaten machten. „Der Abgeordnete von Paris hat sein Lager geeint, wird aber das Land spalten“, schrieb die Zeitung „Libération“am Montag.
Schlösschen in der Sarthe
Das liberale Wirtschaftsprogramm des Kandidaten der konservativen Republikaner zeigt, wo die Linien verlaufen werden: zwischen dem eher wohlhabenden Bürgertum, das Fillon mit seinem Schlösschen in der Sarthe verkörpert, und dem Rest der Gesellschaft. Der wertkonservative Fillon ist ein willkommener Gegner für Sozialisten und den Front National (FN), der sich als Anwalt der „kleinen Leute“sieht.
FN-Chefin Marine Le Pen kritisierte Fillons Vorschläge als „schlimmstes Programm des sozialen Kahlschlags, das es je gab.“Alle Umfragen sagen derzeit ein Duell zwischen Fillon und Le Pen 2017 voraus. Das Meinungsforschungsinstitut Harris Interactive veröffentlichte am Sonntag eine Umfrage, wonach der Konservative die erste Runde der Präsidentschaftswahl mit 26 zu 24 Prozent für sich entscheiden könnte. Die Stichwahl gewänne Fillon dann mit einer Zweidrittelmehrheit.
Für Marine Le Pen ist Fillon eine Herausforderung, denn der skandalfreie 62-Jährige bietet anders als beispielsweise der Verlierer der ersten Runde, Nicolas Sarkozy, keine Angriffsfläche. Mit seinem Programm zielt der Kandidat eines katholischen, provinziellen Frankreichs auf eine ähnliche Wählerschaft wie sie. „Die Wähler der Rechten und des Zentrums haben in meinem Programm die französischen Werte wiedergefunden“, sagte Fillon in seiner Rede nach dem Sieg. Genau diese Werte will auch Le Pen verkörpern.
Deshalb bleiben dem FN als Angriffsfläche nur die sozialen Auswirkungen des Programms vor allem auf die ärmere Bevölkerung. Die haben auch die Sozialisten im Visier, die in den vergangenen Jahren massiv die Stimmen der Arbeiter an den FN verloren haben. Eine Entwicklung, die die Parteilinke kritisiert. Ihr Aushängeschild ist der frühere Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg, der die Vorwahlen der Sozialisten im Januar gewinnen könnte.
Für die Regierungspartei könnte die Kandidatur Fillons nun eine Chance sein, sich gemeinsam gegen einen Gegner zu wenden, der besser zu fassen ist als der gemäßigte Juppé. „Für die Linke ist der Sieg Fillons eine göttliche Überraschung“, zitierte „Le Monde“einen Präsident François Hollande nahestehenden Abgeordneten. Der Staatschef muss sich allerdings in den eigenen Reihen immer stärkere Kritik gefallen lassen.
Am Sonntag erklärte auch Premierminister Manuel Valls seine Bereitschaft zur Kandidatur und positionierte sich damit klar gegen Hollande. Fillon teilt unterdessen nach links und rechts aus. „Die Linke steht für Versagen und die extreme Rechte für den Bankrott“, bemerkte er in seiner nüchternen Art noch am Wahlabend. Der einstige Regierungschef weiß aber, dass er allein mit Kritik keine Wahlen gewinnen kann. „Ich habe die Pflicht, das ganze Land zu überzeugen.“Eine schwere Aufgabe, für die Fillon nun fünf Monate Zeit hat.