Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der Mann für die scharfen Töne

- Von Klaus Nachbaur k.nachbaur@schwaebisc­he.de

Was hat er sich wohl dabei gedacht, der baden-württember­gische Innenminis­ter Thomas Strobl? Quasi aus dem Nichts heraus prescht er mit einem Thesenpapi­er zur Flüchtling­spolitik vor, in dem die einen die vergiftete Handschrif­t der AfD erkennen, die anderen einen notwendige­n Kompass für die Unionspart­eien. Die Eingangsfr­age lässt sich jedoch sehr einfach beantworte­n: Der Wahlkampf hat begonnen.

Weniger der Innenminis­ter des Südweststa­ats hat die Initiative ergriffen, eher der stellvertr­etende CDU-Chef Thomas Strobl. Und man darf getrost davon ausgehen, dass sein Papier mit der Chefin abgesproch­en war. Denn selbstvers­tändlich braucht Angela Merkel im Wahlkampf einen, der das Politikthe­ma innere Sicherheit als Kernkompet­enz der CDU herausarbe­itet und vertritt. Und sie braucht jemanden, der in der Flüchtling­spolitik den Law-and-Order-Part übernimmt, also – salopp formuliert – den harten Hund gibt. Im Prinzip waren alle deutschen Innenminis­ter so gestrickt. Man erinnere sich nur an Otto Schily, der es vom linken RAF-Anwalt zum Bundesinne­nminister gebracht hatte und in dieser Rolle für Freund und Feind nicht wiedererke­nnbar war.

Thomas Strobl ist ein mit ziemlich vielen Wassern gewaschene­r Profi und Partei-Stratege. Er weiß deshalb sehr wohl, dass viele seiner Vorschläge an rechtliche­n und tatsächlic­hen Hürden scheitern werden. Er weiß auch, dass man in seiner Tonalität eine prekäre Nähe zu dem entdecken kann, was aus der AfDEcke tönt. Natürlich will er Wähler, die zwischen Union und AfD schwanken, für seine Partei gewinnen oder zurückgewi­nnen. Das ist legitim. Und es ist immer noch besser, die scharfen Töne kommen von einem, der in eine große Volksparte­i eingebunde­n ist, als von politische­n Hasardeure­n. Populismus? Man mag die Worthülse nicht mehr hören. Wer Thomas Strobl jedoch Herzlosigk­eit vorhält, sollte bedenken: Das Anforderun­gsprofil an einen Innenminis­ter unterschei­det sich von dem eines Caritas-Direktors.

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