Ausländer sollen für Studium zahlen
Landesregierung einig bei Gebühren für Nicht-Europäer und für Zweitstudium
STUTTGART - Das grün-schwarze Kabinett hat am Dienstag einen Gesetzentwurf zur Einführung von Studiengebühren auf den Weg gebracht. „Wir haben es für richtig und notwendig erachtet“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nach der Sitzung des Ministerrats in Stuttgart. Ab dem Wintersemester 2017/18 sollen neue Studenten aus Ländern jenseits der EU pro Semester 1500 Euro zahlen. Ein Zweitstudium soll pro Semester 650 Euro kosten. Dass dieses Thema vor allem die Grünen spaltet, hat sich bereits beim jüngsten Landesparteitag gezeigt.
Schon vor Wochen kamen die entsprechenden Pläne von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) an die Öffentlichkeit. Mit dieser Strategie will Bauer ihren Teil zur Haushaltskonsolidierung des Landes beitragen, ohne Gelder für Forschung, für Kunst oder Kultur zu streichen. An der von Grün-Schwarz beschlossenen Konsolidierung müssen sich alle Ressortchefs beteiligen. Die FDP, die allgemeine Studiengebühren generell unterstützt, kritisierte Bauers Vorgehen indes als Tabubruch. „Die Haushaltskonsolidierung halten wir für ein unlauteres Motiv für die Erhebung von Studiengebühren“, erklärte der Salemer FDP-Abgeordnete Klaus Hoher.
Attraktiv, nicht billig
Die Zahl der Studienanfänger aus dem Ausland steigt nach Zahlen des Wissenschaftsministeriums seit Jahren deutlich – und soll weiter steigen. Die größten Gruppen internationaler Studenten in Baden-Württemberg kommen aus China (21 Prozent) und Indien (sechs Prozent). Die Studenten seien es gewohnt, so Kretschmann, für herausragende Bildung einen Eigenbeitrag zu leisten – die Gebühren in ihren Ländern seien deutlich höher. „Wir wollen, dass die Studierenden zu uns kommen, weil unsere Hochschulen attraktiv sind, nicht weil es bei uns billig ist.“Lediglich drei Prozent der Studenten stammten aus sogenannten Entwicklungsländern. Zu ihrer Unterstützung gebe es bereits Stipendien der Baden-Württemberg-Stiftung, sagte Kretschmann. In der Aufsichtsratssitzung im Frühjahr werde darüber gesprochen werden, diese zu erhöhen.
Ein Teil der Gebühren, voraussichtlich 300 Euro pro Student und Semester, soll den Hochschulen zugute kommen. Das Geld soll für eine bessere Betreuung der internationalen Studenten eingesetzt werden. Sie hätten eine vergleichsweise hohe Abbrecherquote.
Wie Teile in ihrer Partei und vor allem die Grüne Jugend über die Studiengebühren denken, hat Bauer bei der Wahl in den Parteirat in Schwäbisch Gmünd vor eineinhalb Wochen erlebt. Sie bekam lediglich 58 Prozent der Stimmen. Auch in den Uni-Städten im Land regt sich Widerstand. Vergangenes Wochenende demonstrierten etwa in Freiburg 600 Studenten gegen die Studiengebühren.
Die Grüne Jugend erinnerte daran, dass die grün-rote Vorgängerregierung die allgemeinen Studiengebühren abgeschafft hat. Den Gesetzentwurf bezeichnet die Jugendorganisation nun als weiteren Schritt, das Attribut „sozial“aus dem grünen Selbstverständnis zurückzudrängen. Juso-Chef Leon Hahn erklärte: „Das ist der Wiedereinstieg in die Studiengebühren.“
Nur ein erster Schritt?
Ähnlich positionierte sich die stellvertretende DGB-Landesvorsitzende Gabriele Frenzer-Wolf, die beim Parteitag der Grünen ebenfalls in den Parteirat gewählt wurde – mit 71 Prozent und damit deutlich mehr Stimmen als Bauer. „Wir befürchten, dass die Landesregierung mit dem jetzt vorgesehenen Schritt den Wiedereinstieg in allgemeine Studiengebühren betreiben könnte“, so die DGB-Vizechefin. Das wies Ministerin Bauer allerdings strikt von sich. „Allgemeine Studiengebühren schließt der Koalitionsvertrag aus. Und der gilt.“