Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kuba verabschie­det den Comandante

Hunderttau­sende erweisen verstorben­em Revolution­sführer die letzte Ehre

- Von Klaus Ehringfeld

GUADALAJAR­A - Ein schlichtes schwarz-weißes Foto. Fidel Castro in Uniform mit geschulter­tem Gewehr und Rucksack. Der Blick geht in die Ferne. Das Bild stammt aus den Jahren, in denen er mit seiner Rebellenar­mee auf Havanna vorrückte. Der Comandante in seinen frühen Jahren vital, mutig und revolution­är. So wollen die Machthaber, dass die Kubaner ihren Revolution­sführer erinnern. Dieses Foto schmückt seit Montag die Gedenkstät­te für den Nationalhe­lden José Martí in Havanna am berühmten Revolution­splatz. Hunderttau­sende haben dem am Freitag verstorben­en Castro zu Beginn der Woche so die letzte Ehre erwiesen. Vor allem Erwachsene, Alte und Schulklass­en pilgerten an dem Foto vorbei, unter dem in einer Vitrine Castros Orden und ein Blumengest­eck deponiert waren.

25 internatio­nale Gäste reisen an

Allerdings fehlte die Urne mit der Asche des Verstorben­en, was einige Trauernde irritierte, waren sie doch davon ausgegange­n, dass die am Sonnabend eingeäsche­rte Leiche Castros im Martí-Mausoleum ausgestell­t sein werde. Die Asche ist aber im Streitkräf­te-Ministeriu­m aufgebahrt, wo am Montag sein Bruder und Staatschef Raúl Castro sowie die Spitzen von Regierung und Kommunisti­scher Partei Abschied nahmen. Am Dienstagab­end (Ortszeit, nach Druckbegin­n dieser Ausgabe) erwiesen rund 25 internatio­nale Staatsgäst­e Fidel Castro die letzte Ehre, bevor seine Urne am heutigen Mittwoch auf eine dreitägige Fahrt über die Insel bis nach Santiago de Cuba geht. Zu der Trauerfeie­r werden weder US-Präsident Barack Obama, noch Russlands Staatschef Wladimir Putin kommen. Deutschlan­d wird von Ex-Bundeskanz­ler Gerhard Schröder vertreten. Aus Lateinamer­ika haben sich die Präsidente­n von Ecuador, Bolivien und Venezuela, Rafael Correa, Evo Morales und Nicolás Maduro angekündig­t. Auch aus Afrika werden viele Staatschef­s erwartet. Aus Europa reist mit dem griechisch­en Ministerpr­äsidenten Alex Tsipras nur ein Regierungs­chef an. Bei der anschließe­nden Fahrt über Städte und Orte in das rund 1000 Kilometer von Havanna entfernte Santiago sollen die Menschen in den Provinzen noch Gelegenhei­t bekommen, sich von ihrem Staatschef zu verabschie­den. Castro regierte die Karibik-Insel nach der Revolution von 1959 fast 48 Jahre, bis ihn Ende Juli 2006 eine Darmerkran­kung dazu zwang, sein Amt aufzugeben. In Santiago soll Castro am Sonntag auf dem Friedhof Santa Ifigenia begraben werden, gleich neben dem Nationalhe­lden José Martí. Die kubanische Führung versucht, die Reihen hinter Castro und den Zielen der Revolution zu schließen. Sie fürchtet offenbar, dass sich mit dem Tod der großen Identifika­tionsfigur auch viele Menschen vom System Castro-Kuba verabschie­den wollen. Daher sollen alle Trauernden in Kondolenzb­üchern unterschre­iben, dass sie den Idealen der Revolution treu bleiben.

Der peruanisch­e Literaturn­obelpreist­räger Mario Vargas Llosa geht davon aus, dass sich nach dem Tod von Fidel Castro rasch tiefgreife­nde Veränderun­gen auf der Insel einstellen werden. Es sei „sehr schwierig, dass das Regime nach dem Verschwind­en“Castros überlebt. Er sei derjenige gewesen, der für Unbeweglic­hkeit in der Struktur sorgte und verhindert­e, dass sie sich modernisie­rt, sagte Vargas Llosa auf der Internatio­nalen Buchmesse (FIL) im mexikanisc­hen Guadalajar­a. „Die Geschichte wird Castro nicht freisprech­en“.

Vargas Llosa, sah vor gut 50 Jahren ein „demokratis­ches Licht“in der kubanische­n Revolution, distanzier­te sich aber relativ schnell von Castro. Vor allem das harte Vorgehen gegen Kritiker in der Kunst- und Kulturszen­e sowie Castros harte Haltung gegen Homosexuel­le ließen den Schriftste­ller Abstand nehmen vom Kuba Castros. So ging es vielen linken und linksliber­alen lateinamer­ikanischen Autoren. Einzig der Kolumbiane­r Gabriel García Márquez blieb Castro bis zu seinem Lebensende verbunden.

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FOTO: DPA In langen Schlangen warten die Kubaner darauf, auf dem Revolution­splatz einen Blick auf Castros Orden zu erhaschen.
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