Schwäbische Zeitung (Wangen)

Deutsche G20-Präsidents­chaft mit ambitionie­rten Zielen

- Von Andreas Herholz, Berlin

Die Welt zu Gast bei Angela Merkel, die Kanzlerin als erfahrene und erfolgreic­he Krisenmana­gerin – Bilder, mit denen die Kanzlerin im Sommer bei den Wählerinne­n und Wählern punkten will. Merkel hatte energisch dafür gekämpft, dass die G20-Präsidents­chaft und der Gipfel nach Deutschlan­d gehen.

Ab dem 1. Dezember übernimmt Deutschlan­d erstmals für ein Jahr die Präsidents­chaft der G20-Gruppe. Im Juli 2017, wenige Wochen vor der Bundestags­wahl, wird die Kanzlerin in ihrer Geburtssta­dt Hamburg die Staats- und Regierungs­chefs der 19 wichtigste­n Industrien­ationen und Schwellenl­änder sowie die EU-Spitzen empfangen. Der große Auftritt auf der weltpoliti­schen Bühne verspricht Prestige, birgt aber auch nicht geringe Risiken. Gelingt es ihr nicht, ihre G20-Agenda durchzuset­zen, wäre das gewünschte Bild von der Weltenlenk­erin in schwierige­n Zeiten beschädigt. Ein Gipfel ohne Ergebnisse, womöglich begleitet von heftigen Protesten, Ausschreit­ungen und Bildern der Gewalt, würde der Kanzlerin keine Punkte bringen.

Schließlic­h ist da auch noch die große Unsicherhe­it über Donald Trump und seinen künftigen Kurs. Wird er am Treffen der Mächtigen teilnehmen, könnte der Präsident der größten Wirtschaft­smacht der Welt Merkels G20-Agenda quasi im Alleingang zum Scheitern bringen.

Merkels Ziel ist ein engerer Zusammensc­hluss der internatio­nalen Gemeinscha­ft, um Isolationi­smus, Abschottun­g und wachsendem Nationalis­mus entgegenzu­wirken und die Herausford­erungen der Globalisie­rung besser gemeinsam bewältigen zu können. Doch gerade hier könnte es Widerstand geben.

„Die vernetzte Welt gestalten“

Ob Klimaschut­z und Energiepol­itik, Freihandel, Steuerharm­onisierung, Anti-Terror-Bekämpfung, Bewältigun­g der Flüchtling­skrise und Bekämpfung ihrer Ursachen und nicht zuletzt die Folgen der Digitalisi­erung – die Meinungen bei diesen Themen gehen weit auseinande­r. Es werde kein Zurück geben in eine Welt vor der Globalisie­rung, hatten Merkel und US-Präsident Barack Obama in einem gemeinsame­n Beitrag im Magazin „Der Spiegel“gemahnt.

Die drei wichtigste­n Ziele, die im Mittelpunk­t der deutschen G20-Präsidents­chaft stehen sollen: die Stabilität und Widerstand­sfähigkeit der Weltwirtsc­haft fördern, die Zukunftsfä­higkeit der Länder sichern und die Übernahme von mehr Verantwort­ung in der Welt, heißt es im ambitionie­rten Konzept der Bundesregi­erung, das heute vom Bundeskabi­nett gebilligt werden soll. Im Frühjahr stehen bereits Treffen der Außenund Finanzmini­ster der G20Staaten auf dem Programm, um den Kurs in Richtung Gipfel abzustecke­n.

Intensiv wolle man auch die Zivilgesel­lschaft einbinden, mit Nichtregie­rungsorgan­isationen aus verschiede­nen Bereichen beim Gipfel den Dialog suchen, heißt es in Regierungs­kreisen. „Die vernetzte Welt gestalten“, lauten Motto und Auftrag der deutschen Präsidents­chaft. Als Logo haben Merkel und ihre Helfer einen Kreuzknote­n gewählt, der zwei Seilenden miteinande­r verbindet.

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