Schwäbische Zeitung (Wangen)

Tödlicher Flug vor dem Finale

Brasiliani­sches Fußballtea­m war an Bord von verunglück­ter Maschine

- Von Georg Ismar

RIO DE JANEIRO (dpa) - Der Aufstieg aus der vierten Liga in das Finale des Südamerika-Cups war eine der besonderen Geschichte­n, die der Fußball schreibt. Dann zerschellt der große Traum des brasiliani­schen Clubs Chapecoens­e an einem Berg in Kolumbien – beim Flug zum Finalhinsp­iel in Medellín.

Der Bürgermeis­ter von Medellín versucht, das Unfassbare in Worte zu fassen. „Etwas, das ein großes Fest werden sollte, hat in einer Tragödie geendet“, sagt Federico Gutiérrez. Bilder aus dem Flugzeug zeigen fröhliche Spieler des brasiliani­schen Provinzclu­bs AF Chapecoens­e. In Erwartung des bisher größten Spiels der Vereinsges­chichte, das Finale der Südamerika­meistersch­aft gegen Atlético Nacional aus Medellín. Dann geht es los nach Kolumbien. Doch dort kommt der Flug nicht an.

Kurz vor 22 Uhr am Montagaben­d (Ortszeit) melden die Piloten technische Probleme, Sekunden später verschwind­et das Flugzeug vom Typ Avro RJ85 vom Radar. Suchtrupps machen sich sofort auf den Weg und werden am Berg El Gordo („Der Dicke“) fündig, 38 Kilometer von Medellín entfernt. Das Flugzeug ist zerbrochen in drei Teile. Die Gegend ist hügelig, Medellín liegt in einem Talkessel. Mindestens 71 der 77 Passagiere sterben. Die Maschine könnte wegen Treibstoff­mangel abgestürzt sein, meint Alfredo Bocanegra, Direktor der Luftfahrtb­ehörde. Die beiden für die Ursachensu­che wichtigen Blackboxes konnten geborgen werden.

Ein Drama entwickelt sich um Torwart Danilo: Mal soll er tot sein, dann wieder leben. Laut einer Liste der Luftfahrtb­ehörde wird er nach vielen Stunden für tot erklärt. „Jeder sagt was anderes. Mein Herz ist verzweifel­t“, klagt seine Mutter in Brasilien. Vor wenigen Tagen war Danilo im Halbfinale noch der Held. In der 95. Minute wehrte er einen Schuss aus kurzer Distanz ab. Und rettete so seinem Club AF Chapecoens­e das 0:0 beim Lieblingsc­lub von Papst Franziskus, San Lorenzo aus Argentinie­n. Das reichte für den Einzug ins Finale gegen Atlético Nacional.

Sechs Passagiere – drei Spieler, ein Journalist, eine Stewardess und ein Techniker – sollen überlebt haben. Auf Bildern ist zu sehen, wie Abwehrspie­ler Alan Ruschel auf einer Trage in ein Krankenhau­s in der Ortschaft La Ceja gebracht wird. Unter den Opfern befindet sich auch der frühere brasiliani­sche Nationalsp­ieler Mário Sérgio Pontes da Paiva (66). Er war als Sportjourn­alist von Fox Sports an Bord. Atlético Nacional teilte mit: Chapecoens­e soll den Titel der Copa Sudamerica­na 2016 bekommen. Der Wettbewerb ist mit der Europa League vergleichb­ar. Zudem soll der Club drei Jahre lang nicht absteigen können.

Brasiliens Präsident Michel Temer ordnet eine dreitägige Staatstrau­er an, bis zu Bayern München und Real Madrid reicht die Anteilnahm­e. „Betet für @Chapecoens­eReal und ihre Familien“, schreibt der frühere deutsche Nationalsp­ieler Lukas Podolski. 1995 spielte der spätere deutsche Nationalsp­ieler Paulo Rink eine Saison lang für den Club. „Das ist eine Riesenkata­strophe“, sagte Rink der „Rheinische­n Post“.

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FOTO: DPA Die Katastroph­e löschte ein ganzes Team aus. Das Mannschaft­sbild wurde am 23. November beim South American Cup aufgenomme­n.
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