Weniger Krebstote im Südwesten
Neuer Bericht zeigt Unterschiede nach Bundesländern – Lebensstil kann schützen
BERLIN (dpa) - Politiker Peter Hinze und Moderatorin Miriam Pielhau, Popstar David Bowie und „HarryPotter“-Star Alan Rickman: 2016 scheint über Ländergrenzen hinweg ein Jahr der Krebstode zu sein. Zeit, sich daran zu gewöhnen? Experten am Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin haben Bundesländer-Daten zusammengetragen und einen übergreifenden Bericht zum Krebsgeschehen geschrieben. Der 270-Seiten-Report ist am Dienstag vorgestellt worden. Gisela Gross beantwortet die wichtigsten Fragen.
Erkranken und sterben mehr Menschen an Krebs?
Ja und ja. Das Erkrankungsrisiko nimmt bei vielen Krebsarten mit zunehmendem Alter zu – damit steigen in der älter werdenden Gesellschaft Deutschlands die Fallzahlen. Es gab zuletzt fast doppelt so viele Neuerkrankungen wie 1970: Rund 253 000 Männer und 230 000 Frauen bekamen 2013 Krebs-Diagnosen. Während 1980 noch 193 000 Menschen an Krebsfolgen starben, waren es 2013 knapp 223 000. Dabei gibt es regionale Unterschiede: Baden-Württemberg hat bei beiden Geschlechtern die niedrigste Krebssterblichkeit. Es gibt Bundesländer, deren Werte je nach Geschlecht 25 beziehungsweise 35 Prozent höher liegen.
Woran liegt das?
Vermutlich an einer gesünderen Lebensweise im Südwesten, wie der Mediziner Andreas Stang sagte. Er ist Beiratsvorsitzender des Zentrums für Krebsregisterdaten, an dem der Bericht verfasst wurde. Baden-Württemberg sei wirtschaftlich stark, nur wenige Menschen seien arbeitslos. Solche Umstände machten sich im Lebensstil bemerkbar.
Welcher Lebensstil hilft bei der Krebsvorbeugung?
Viele Krebsfälle gelten als vermeidbar – 30 Prozent weltweit werden angenommen. Als ungesund und damit auch krebsförderlich gelten neben dem Rauchen und dem Alkoholkonsum Übergewicht und Bewegungsmangel. Beim Essen beobachten die Fachleute, dass die Deutschen zu wenig Obst und Gemüse essen, aber zu viel rotes Fleisch. Vorbeugen lasse sich zudem mit Schutzimpfungen gegen Humane Papillomviren (HPV) und Hepatitis B.
Wie geht es Betroffenen nach der Erkrankung?
Menschen, die an Krebs sterben, werden heute im Mittel etwa 74 Jahre alt – vier Jahre älter als Betroffene 1980. Über die Lebensqualität dabei haben die RKI-Experten bisher nur wenige Informationen. Bei Brustkrebs-Patientinnen zum Beispiel sei bekannt, dass sie noch lange chronisch erschöpft sind. Angesichts einer erwarteten Zunahme der Fälle bei höherer Lebenserwartung ist die Lebensqualität ein wichtiges Kriterium künftiger Behandlungen.
Haben alle Patienten eine höhere Lebenserwartung?
Die Aussichten unterscheiden sich je nach Krebsart. Im Bericht sind insbesondere Bauchspeicheldrüsen- und Leberkrebs als Formen genannt, bei denen sich keine Verbesserungen abzeichnen. Stattdessen: steigende Fallzahlen, kaum veränderte Sterblichkeitsraten. Die Behandlungsergebnisse hätten sich in den vergangenen Jahrzehnten „nicht entscheidend verbessert“, hieß es. Weder mit Prävention noch mit Medizin-Fortschritt werde Krebs in absehbarer Zeit gänzlich beizukommen sein.