Schwäbische Zeitung (Wangen)

Erfolg sieht anders aus

- Von Christoph Plate c.plate@schwaebisc­he.de

Die Enttarnung eines Islamisten beim Bundesamt für Verfassung­sschutz gilt den einen als Erfolg. Andere, die Geheimdien­ste per se als ein Übel empfinden, sehen die Tatsache, dass der Mann überhaupt so weit kommen konnte, als Beweis für das unprofessi­onelle Vorgehen der Sicherheit­sbehörden. Vollkommen unangebrac­ht scheint zumindest die Beschwicht­igungsrhet­orik aus Köln: Es gebe keine Beweise, dass der Mann tatsächlic­h eine terroristi­sche Gewalttat geplant habe. Nein, aber der 51-Jährige hat sich eingeschli­chen, alle Sicherheit­süberprüfu­ngen bestanden und ist nur dank der Aufmerksam­keit eines Kollegen und seiner eigenen Dummheit überführt worden. Ein Fahndungse­rfolg sieht anders aus.

Immer dann, wenn es massive gesellscha­ftliche Veränderun­gen gibt, steigt in der deutschen Verwaltung und bei den Sicherheit­sbehörden der Bedarf an Experten. Das war nach dem Fall der Berliner Mauer und der deutschen Wiedervere­inigung so: Es brauchte Ökonomen in Massen, um Betriebe abzuwickel­n und Verwaltung­sstrukture­n zu reformiere­n. Dass nicht alle, die damals kamen, einen guten Leumund hatten, wissen wir inzwischen. Auch das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e musste diese Erfahrung machen und sich von eilig eingestell­ten Sachbearbe­itern trennen, die inkompeten­t und überforder­t waren.

Der Verfassung­sschutz wie auch der für die Auslandsau­fklärung zuständige Bundesnach­richtendie­nst richten sich sehr wohl auf die neue Bedrohungs­lage durch den islamistis­chen Terrorismu­s ein. Spezialist­en für Arabisch oder Persisch wurden angestellt, ferner IT-Fachleute und Experten, die sich im Nahen Osten, in Afghanista­n und Pakistan auskennen. (Übrigens hätte ein vergleichb­arer Aufwand gegen den Rechtsterr­orismus seinerzeit womöglich die Morde des NSU aus Jena verhindern können.) Die Erfolgsmel­dungen des Bundesinne­nministers wirken aber nicht nur darum verstörend. Die Erfahrung mit Maulwürfen bei Geheimdien­sten zeigt, dass sie selten alleine agieren und mit weiteren Enttarnung­en gerechnet werden darf.

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