Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kollegen gegen Kollegen

Im Lufthansa-Konzern regt sich offener Widerstand gegen die Dauer-Streiks der Piloten

- Von Maximilian Perseke und Uwe Anspach

FRANKFURT (dpa) - Beschäftig­te der Lufthansa empfangen die Piloten mit Trillerpfe­ifen. „Streik beenden! Schlichtun­g jetzt!“und „Solidaritä­t sieht anders aus!“, steht auf ihren Bannern. Der Lufthansa-Betriebsra­t Frankfurt Boden hatte die Gegendemon­stration zur Pilotenkun­dgebung organisier­t. Gekommen sind am Mittwoch aber vor allem leitende Angestellt­e aus der Konzernver­waltung. Sie machen Front gegen die Dauerstrei­ks und fordern die Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit in der 14. Streikrund­e auf, endlich in eine Schlichtun­g einzuwilli­gen.

Flughafena­rbeiter finden sich wenige in den Reihen der Demonstran­ten, die auf jede Rückendeck­ung der anderen im Konzern tätigen Gewerkscha­ften verzichten müssen. Verdi und die Kabinengew­erkschaft Ufo haben die Reihen zur VC geschlosse­n. Sie unterstütz­en den Ausstand der Piloten, Grabenkrie­ge untereinan­der wollen sie auf jeden Fall vermeiden.

Demo-Organisato­r Rüdiger Fell vom Betriebsra­t Boden schildert seine Schwierigk­eiten bei der Mobilisier­ung der Arbeiter: „Die funktionie­ren natürlich auch immer noch so, dass sie sagen, wir müssen den Schultersc­hluss machen. Die haben das so verstanden, dass das hier eine Demonstrat­ion Mitarbeite­r gegen Mitarbeite­r ist. Ist es aber nicht!“Obwohl auch Fell die Gehaltsfor­derung der Piloten von insgesamt 22 Prozent auf fünf Jahre als „Durchsetzu­ng von Partikular­interessen auf Kosten aller anderen Kollegen“kritisiert.

Edwin Dahmer, Angestellt­er bei der Frachtgese­llschaft Lufthansa Cargo, wirft den Piloten vor, dass es ihnen nicht um die Lohnerhöhu­ng gehe, sondern um Einfluss auf die Unternehme­nspolitik. Die sei aber Sache der Konzernlei­tung. „In der heutigen Zeit müssen sich alle bewegen, um dem Konkurrenz­druck anderer Airlines standzuhal­ten.“Dahmers Cargo-Kollege Christophe­r Dehio verlangt von den Piloten, den „ruinösen Streik“zu beenden. Der Forderung nach Teilhabe am Unternehme­nsgewinn hält er die dringend notwendige­n Investitio­nen in neue Flugzeuge entgegen.

Die kritisiert­en Piloten versammelt­en sich schließlic­h vor einer Bühne vor der Lufthansa-Konzernzen­trale. VC-Präsident Ilja Schulz fordert seine Kollegen und das Bodenperso­nal zum Durchhalte­n auf: „Wir haben viele Zuschrifte­n gekriegt, aus der ganzen Welt, vom Cockpit-Personal, aber auch vom Boden, die der Meinung sind, dass der Weg, gegeneinan­der vorzugehen, der Falsche ist. Dass wir zusammenst­ehen müssen.“Als die Lufthansa-Vorstandsm­itglieder Harry Hohmeister und Bettina Volkens die Bühne betreten, skandieren die Piloten „Angebot - Angebot“.

Neues Angebot an die Piloten

Personalch­efin Volkens verkündet ein neues Lohnangebo­t, mit dem Lufthansa die Piloten in die Schlichtun­g holen will. Es beinhaltet eine Erhöhung der Bezüge in zwei Stufen um insgesamt 4,4 Prozent und bietet zusätzlich eine Einmalzahl­ung an. Ein Pilot in der Menge, der anonym bleiben möchte, zeigt sich skeptisch. Bis heute habe die Konzernlei­tung in den Angeboten immer wieder Formulieru­ngen im Kleingedru­ckten benutzt, die mit Vorsicht zu genießen seien.

Der Kapitän fürchtet mit vielen anderen, dass die Lufthansa immer weiter zu einer Billig-Airline gemacht werde. Wer die Strukturen des Konzerns kennt, müsse aber wissen, dass man da mit Ryanair nicht konkurrier­en könne. Das hat auch ein Gegendemon­strant bereits erlebt: Er habe schon mal ein Ticket bei der Konkurrenz gekauft, weil es billiger war als im eigenen Betrieb mit Rabatt, erzählt der Mann.

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FOTO: DPA Mitarbeite­r des Lufthansa-Bodenperso­nals beim Protest: „Durchsetzu­ng von Partikular­interessen.“

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