Nachrichten aus der Provinz
Der 1. FC Heidenheim fordert Hannover 96 zum Duell um den dritten Tabellenplatz
HEIDENHEIM (dpa/sz)- Man braucht sich als Bewohner von Heidenheim nichts vorzumachen. Aus der Sicht eines Großstädters ist die 48 000Einwohner-Stadt auf der Schwäbischen Alb tiefe Provinz. Auch das neue sportliche Aushängeschild der Stadt, der 1. Fußballclub Heidenheim, fand lange Zeit wenig Beachtung, kickte das Team doch vor wenigen Jahren noch in der vierten Liga. In jüngster Zeit aber hat sich die Wahrnehmung in Fußballerkreisen grundlegend geändert: Am Freitag (18.30 Uhr/Sky) fordert der FCH Bundesligaabsteiger Hannover 96 in dessen Stadion zum Zweitliga-Topspiel des 15. Spieltags heraus. Übermäßigen Respekt vor 96 bekunden die Kicker von der Ostalb nicht. „Wir fahren da hin, um drei Punkte zu holen“, sagt Geschäftsführer Holger Sanwald.
Das Abenteuer 2. Liga sind die Heidenheimer seit ihrem Aufstieg 2014 selbstbewusst angegangen – und tun es weiterhin. Nach den Plätzen 8 und 11 in den Vorjahren verfolgt der aktuelle Tabellenvierte weiter die Vision vom ersten Aufstieg in die erste Liga – nicht heute und nicht morgen, aber mittelfristig schon. „Es soll immer stetig und Schritt für Schritt vorangehen“, sagt der langjährige Trainer Frank Schmidt.
An diesem Zeitplan würde auch ein Sieg gegen Hannover, mit dem der FCH an den Gastgebern vorbei auf Rang drei rücken würde, nichts ändern. Denn vorerst geben die Heidenheimer vor, immer auch noch mit einem Auge nach unten zu schauen. „Sollten wir fünf Spieltage vor Schluss so stehen wie jetzt, dann können wir sagen, wir wollen aufsteigen. Aber davon sind wir noch extrem weit weg“, erklärt Sanwald.
Alles eine Nummer größer
Der Vergleich mit Bundesligaabsteiger Hannover zeigt, mit welchen Kalibern sich der FCH mittlerweile misst. Mit etwa 40 Millionen Euro ist der Etat von 96 doppelt so hoch wie das Budget der Heidenheimer (20). Die HDI-Arena, 2006 WM-Austragungsort, bietet mehr als dreimal so vielen Zuschauern Platz wie die Voith-Arena (15 000). Und das 96erAufgebot ist im Unterschied zum FCH-Kader gespickt mit bundesligaerfahrenen Profis.
Einschüchtern lassen sich die Heidenheimer von den großen Namen und Zahlen nicht. „Wir haben vor niemandem die Hosen voll“, sagt Sanwald. Man geht die Sache mit dem gebotenen Respekt an. Schmidt: „Hannover hat eine große Offensivqualität und einen überragenden Kader“– mit dem VfB Stuttgart das Beste, was die Liga zu bieten habe.
Mit Kapitän Marc Schnatterer bilden Schmidt und Sanwald ein Trio, das das FCH-Projekt seit Jahren vorantreibt. Schmidt trainiert den FCH seit 2007, Schnatterer kam 2008. Ihre Verträge laufen bis 2020.
Mit nur zehn Gegentoren stellt Heidenheim die bisher beste Defensive der Liga. Das Team bereitet den Gegnern mit schnellem Umschaltspiel Probleme, punktuell setzt Schmidt auch auf mehr Ballbesitz. Der Unterschied zur Vorsaison ist die gute Heimbilanz mit bereits fünf Siegen. Im Vorjahr waren es in der gesamten Saison sechs. Das, erklärt Schmidt, sei „die Grundvoraussetzung, um so erfolgreich zu sein.“Auch ohne den seit Wochen verletzt fehlenden Torjäger Tim Kleindienst.
Obwohl schon Anfang September ein 2:1-Auswärtssieg beim zweiten Bundesligaabsteiger in Stuttgart gelang, hat Sanwald den Eindruck, dass der FCH weiter oben in der Tabelle noch nicht so richtig ernst genommen wird. In der Berichterstattung gehe es „immer nur um den VfB, Braunschweig, Hannover oder Düsseldorf “. Und das sei ihm recht so. Es siegt sich leichter als immerwährender Außenseiter.