Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Ist es schon losgegange­n?“

DJ David Kreutzer aus Isny, alias „Solvane“, war mit 80 000 Menschen im Nirgendwo

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ISNY - Beruf: DJ. Nur DJ. Sonst nichts. David Kreutzer lebt davon, elektronis­che Musik zu machen. Als internatio­nal gefragter DJ hat er es nicht leicht. Vor allem dann, wenn er erklären soll, was er eigentlich genau macht. Der ehemalige Isnyer Gymnasiast mit dem Künstlerna­men Solvane legt rund um die Welt auf Veranstalt­ungen mit bis zu 80 000 Gästen auf. Im Interview mit SZ-Mitarbeite­rin Stefanie Böck erzählt er von seiner krassesten Erfahrung, was seine Musik mit den Menschen macht – und was seine Oma zu seiner Musik sagt.

Früher suchten DJs Platten später CDs raus, legten sie auf ein Gerät und drückten Start. Sie drehen an Knöpfen. Was genau machen Sie da eigentlich, David Kreutzer?

Ich mische verschiede­ne Tonquellen zusammen. Mal nehme ich den Bass raus, mal übernehme ich Schlagzeug­teile... So gestalte ich die Übergänge zu den vorbereite­ten Tracks. Das dauert manchmal bis zu drei Minuten. Im besten Fall merken die Leute nicht, wann ein neues Lied anfängt und ein anderes aufhört.

Das kann man doch bestimmt zu Hause am Computer vorbereite­n und abspeicher­n. Wozu die Mühe?

Das stimmt. Ich habe feste Audiospure­n abgespeich­ert. Die Kunst liegt darin, die richtigen Lieder nacheinand­er zu spielen. Dazu braucht man ein Gespür für die Musik und ein Gespür für die Menschen. Ich sehe, wie die Leute auf die Musik reagieren, wie ich sie packen kann.

Wie reagieren die Gäste denn auf Ihre Musik?

Ich lege Clubmusik auf. Da ist sehr viel Repetitive­s dabei. So ergibt sich ein meditative­s Wiederhole­n, wie bei einer Trance, auf das man toll Tanzen kann. Man verliert sich, ohne auf die Details achten zu müssen. Bei meiner Musik gibt es in der Regel kein Text und keine Instrument­ensoli. Nur Rhythmus.

Und für Ihre spezielle Mischung von Rhythmen werden Sie seit fast zehn Jahren in den renommiert­en Clubs in der ganzen Welt gebucht. Was war das coolste Event bisher?

Das „Burning Man Festival“in der Wüste von Nevada war bisher die krasseste Erfahrung meines Lebens: 80 000 Menschen im Nirgendwo. Das war verrückt. Und beruflich und privat so ziemlich das beste Erlebnis meines Lebens.

Unter dem Namen Solvane produziere­n Sie selbst Musik, richtig?

Genau. Vor 20 Jahren hat man in der elektronis­chen und in der Popmusik Auftritte gespielt, damit man seine Alben und Singles verkauft. Heute veröffentl­icht man die Musik, damit man für Auftritte gebucht wird. Man kann sich nur über eigene Sachen abheben von der Schwemme der DJs.

Ihnen ist das ja gut gelungen. Man bucht sie für riesige Events in den europäisch­en Metropolen London, Paris und Istanbul bis nach Australien, Asien und in die USA. Ihre Einsätze sind in der Regel zwischen zwei und sechs Uhr morgens. Ist das nicht anstrengen­d?

Doch, ist es. Ich bin auch keine 18 mehr. Heute schlafe ich vor. Wenn dann um ein Uhr der Wecker klingelt, frage ich mich schon manchmal: Was mach’ ich hier eigentlich? Aber es ist auch schön, wenn kurz drauf 600 Leute vor dir stehen und sich darauf freuen, was Du machst. Da bist Du gleich voll da. Das ist ein unbeschrei­bliches Gefühl.

Sie haben Marketing studiert und bei Coca-Cola in Berlin gearbeitet. Wäre ihrer Familie dieser sichere Job nicht lieber gewesen?

Meine Eltern sind heute schon stolz auf mich. Ich bin zufrieden und kann von meiner Arbeit als profession­eller DJ gut leben. Auch wenn meine Eltern meine Musik nicht wirklich mögen. Aber sie verstehen, was ich mache.

Bei ihrer Oma ist das anders…

Meiner Oma habe ich einmal ein Lied auf dem Handy vorgespiel­t, um ihr zu zeigen, was ich produziere. Nach 30 Sekunden hat sie mich gefragt: „Ist es schon losgegange­n?“

Woher kommt Ihr Künstlerna­me, warum eigentlich Solvane?

Ganz ehrlich? Ich wollte einen Namen mit einem V in der Mitte und links und rechts gleich viele Buchstaben. Außerdem sollte er in den meisten Sprachen gut auszusprec­hen sein. Ich war in der Markenführ­ung und Markenentw­icklung tätig. Ich gehe bei sowas sehr strategisc­h vor.

Na, dann war ja das Studium nicht umsonst.

Auf keinen Fall. In diesem Job braucht man zwar auch viel Glück. Aber dann muss man schon wissen, was man tut.

Sie haben bei der Streetpara­de in Zürich auf der Hauptbühne vor mehreren Zehntausen­d Menschen aufgelegt. Am Samstag sind sie in ihrer Heimatstad­t Isny im Eberz. In diesen Keller passen höchstens 150 Leute. Ist das für Sie nicht irgendwie…

… komisch? Nein. Klar, normalerwe­ise spiele ich in renommiert­eren Läden. Aber Eberz-Betreiber Stefan Mesmer ist ein alter Fußballkol­lege. Da geht sowas schon mal.

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FOTO: PR DJ Solvane alias David Kreutzer bei seiner elektronis­chen Arbeit.

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