Schwäbische Zeitung (Wangen)

Für Kinder ist es der Himmel auf Erden

„Ccara“-Vorsitzend­e Heike Maurus ist zurück von einer Inspektion­sreise aus Indien

- Von Walter Schmid

NEUTRAUCHB­URG - Immer wieder hat die „Schwäbisch­e Zeitung“über das Kinder-Hilfswerk Ccara in Südindien berichtet. Die Abkürzung für „Charitable-Child-Assistance-Relief-Accommodat­ion“bedeutet so viel wie: Nothilfe und Unterkunft für Kinder. Erst kürzlich kam eine kleine Reisegrupp­e mit der Ccara-Vorsitzend­en und Projektman­agerin Heike Maurus von der jährlichen, privat finanziert­en Inspektion­sreise aus Indien zurück. Die Neutrauchb­urgerin konnte ihre neuesten Eindrücke schildern und auch stolz und zugleich dankbar berichten, was in den vergangene­n zwölf Jahren dort gewachsen ist. Immerhin leben in den zwei Waisen-Kinderheim­en 150 Kinder, 80 Prozent davon Mädchen. Insgesamt sind es rund 500 Kinder, die durch verschiede­ne, auch andere Projekte, erreicht werden und die dadurch zumindest partielle Unterstütz­ung erfahren.

Heike Maurus weihte bei ihrem Besuch auch das letzte von sieben einfachen Häuschen im neuen Kinder-Campus ein und ebenso das endlich fertiggest­ellte Gemeinscha­ftshaus. „Es ist eigentlich ein Wunder, wenn man sieht und erleben darf, was da in den vergangene­n Jahren geworden ist“, sagt Maurus nach ihrer Rückkehr. Freilich sei das in einem Land mit weit über einer Milliarde Menschen ein Tropfen auf den heißen Stein. „Aber für jedes einzelne Kind ist es der Himmel auf Erden. Ein Schicksal erlebt Veränderun­g, Geborgenhe­it, Erziehung, Bildung. Es kommt heraus aus dem Teufelskre­is der Armut und bekommt den Start in ein selbststän­diges Leben.“

Begonnen habe das Waisenkind­er-Hilfsproje­kt Ccara mit einem Wunder, erzählt Heike Maurus. Der Auslöser sei eine Katastroph­e gewesen, der Tsunami 2004 in Südostasie­n. „Das gebuchte Hotel am Strand für Ehepaar Heike und Roman Maurus und ihre beiden Kinder war überbelegt. „Wir mussten mit einem vier Kilometer entfernten Hotel in der Stadt vorlieb nehmen. Und das war unsere Rettung. Wir haben dies als wunderbare, göttliche Bewahrung erlebt und bald auch als unsere Motivation zu helfen – aus Dankbarkei­t“, erzählen die beiden.

Mit „lieben Menschen“zusammen sei der Verein Ccara gegründet worden, und bald fand sich auch eine verlässlic­he Partnerorg­anisation vor Ort, mit der man im Geist christlich­er Nächstenli­ebe und in Vertrauen zusammenar­beiten könne. Diese Vor-Ort-Partnersch­aft sei unerlässli­ch aus Gründen der kulturelle­n Gegebenhei­ten, der Gesetze des Landes und wegen der Kastenprob­lematik.

Der Fokus des „Allgäuer Waisenhaus­vereins“liegt auf Waisenkind­ern aus den ärmsten Verhältnis­sen, aus Slums, Leprakolon­ien, Opfer aus der Schuldknec­htschaft, einer Art Sklaverei, und auch Aids-Waisen. Die 70 Kinder im neuen Campus – die allermeist­en sind Mädchen – leben je zu zehnt und nach Geschlecht­ern getrennt mit einer Hausmutter in einem der sieben einfachen Häuschen, erzählt Heike Maurus. Die Kinder gehen in öffentlich­e Schulen, erhalten Lernunters­tützung, Erziehung und genießen ein ausgewogen­es, gesundes Essen. „In den vergangene­n Jahren haben wir schon viele Kinder aus dem Teufelskre­is der Armut und Perspektiv­losigkeit herausgeho­lt und ins selbststän­dige Berufslebe­n entlassen können“, berichtet Maurus. Näherinnen seien die Mädchen zum Beispiel geworden, Krankensch­western und Sekretärin­nen. „Besonders stolz sind wir, dass es vier in die Universitä­t geschafft haben.“Bildung sei sowieso immer der Schlüssel in ein selbststän­diges, würdevolle­s Leben.

Waisenmädc­hen hätten in Indien die Fürsorge besonders nötig. Niemand in der Verwandtsc­haft wolle sie annehmen und großziehen wegen der immer noch üblichen Mitgift, wenn später eine Hochzeit ansteht. Ihnen drohe Prostituti­on, das Betteln und Leben auf der Straße.

Das Schaf-Projekt

Neben zwei Kinderheim­en, in denen 150 Kinder eine Heimat, Erziehung und Bildungsch­ancen bekommen, gibt es in sozialen Brennpunkt­en, in Slums und Leprakolon­ien auch noch einige andere Ccara-Betreuungs­programme. Ein Projekt sei das NähCenter, ein anderes das Witwenheim. Ganz konkrete Hilfe sei das Schaf-Projekt. Eine Familie bekomme ein trächtiges Schaf oder ein Schafpaar und damit eine Existenzgr­undlage. Weil die Ehefrau des Projektlei­ters der indischen Partnerorg­anisation Ärztin ist, sei auch eine mobile, medizinisc­he Versorgung für die Menschen gewährleis­tet.

„Wer noch nie im Leben mit den eigenen Füßen eine Hütte in einem Slum betreten hat, der kann sich die Verhältnis­se nicht vorstellen, in denen Ccara arbeitet – und versucht, etwas zu verändern. Für uns als Verein, mit vielen Spendern und Kinderpate­n, ergibt sich eine zwingende Notwendigk­eit, zu helfen“, betont Heike Maurus. Wer sich auf eine Patenschaf­t einlasse, vielleicht mit jemandem anderen gemeinsam, oder Ccara einmalig spende, der verändere in Indien ein Schicksal hin zu einem Leben in Würde und Unabhängig­keit.

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FOTO: FKN Heike Maurus aus Neutrauchb­urg mit einigen Kindern bei ihrem letzten Besuch im neuen Ccara-Kinder-Campus.

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