Daimler forciert Entwicklung von E-Autos
Bis 2022 soll es zehn neue Elektromodelle geben – Aktionäre treiben Diesel-Sorgen um
BERLIN - Bislang konnte Daimler Schlagzeilen um möglicherweise manipulierte Dieselfahrzeuge weitgehend umfahren. Doch nach dem US-Justizministerium geht auch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft einem Verdacht nach. Die Folgen für den Autobauer sind schwer absehbar. Die Frage nach möglichen Manipulationen von Abgaswerten bei Fahrzeugen des Stuttgarter Autobauers trieb die Aktionäre des Autobauers bei der Hauptversammlung am Mittwoch in Berlin um.
„Können Sie Entwarnung geben, dass wir nicht ein Volkswagen 2.0 werden?“, fragte Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in Anspielung auf den Abgas-Skandal bei VW. Bislang ist Daimler eine Manipulation nicht nachgewiesen worden, auch wenn Umweltorganisationen und US-Anwälte in einer Zivilklage diesen Vorwurf erheben. „Selbstverständlich kooperieren wir vollumfänglich mit allen Behörden“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche. Er verwies darauf, dass weder das Kraftfahrtbundesamt noch das Bundesverkehrsministerium bei ihren Messungen Verstöße bei DaimlerFahrzeugen festgestellt hätten.
Höchster Absatz
Das Unternehmen erwartet für die Monate Januar bis März den höchsten jemals in einem Quartal erreichten Absatz. Entwicklungsvorstand Ola Källenius sieht in den Verkaufszahlen bislang keine Veränderung bei der Diesel-Quote. Bis 2022 sollen zehn neue Elektromodelle auf den Markt kommen, vom Smart bis zur Geländelimousine von Mercedes, wie der Autobauer am Mittwoch ankündigte. Bisher war dies bis 2025 geplant. In den nächsten Jahren investiere das Unternehmen zehn Milliarden Euro in seine Elektroflotte, sagte Zetsche. Eine Milliarde soll demnach in die Batterieproduktion gehen.
Parallel setze Daimler aber weiter auf konventionelle Motoren, insbesondere Dieselmotoren, ergänzte Zetsche. Moderne Dieselmotoren produzierten inzwischen deutlich weniger klimaschädliches CO2. Es sei zudem noch unklar, wie lange es dauere, bis Elektroautos zahlenmäßig Fahrzeuge mit konventionellen Motoren überholten.
Der Stuttgarter Friedens- und Öko-Aktivist Paul Russmann rief für die Kritischen Aktionäre dazu auf, Vorstand und Aufsichtsrat wegen angeblich zu hoher Abgaswerte selbst bei neuesten Dieseln nicht zu entlasten. Jens Hilgenberg von den Kritischen Aktionären sagte, auch Daimler trage Verantwortung für Belastungen mit Feinstaub und Stickoxiden in Städten. Selbst wenn Gerichte anders urteilen sollten, „ethisch und moralisch ist das nicht akzeptabel“, kritisierte Hilgenberg. „Hersteller wie Daimler tragen die Verantwortung, dass Städte als letztes Mittel Fahrverbote erlassen müssen.“Die Entlastung für Vorstand und Aufsichtsrat fiel dennoch mit weit über 90 Prozent eindeutig aus. Der institutionelle Investor Union Investment verband seine Stimme aber mit der „Forderung, Licht ins Dunkel des Lkw-Kartells zu bringen sowie offen und transparent bei Emissionsthemen zu berichten“, sagte Fondsmanager Ingo Speich. Daimler war an einem Lkw-Kartell beteiligt, das die EU aufgedeckt hatte. Die DSW kritisierte, dass der Aufsichtsrat keine Schadenersatzforderungen an Manager und Vorstände geltend gemacht hatte. Zetsche selbst verantwortete von 1999 bis 2000 im Vorstand das Lkw-Geschäft.
Die Aktionäre beschlossen bei der Hauptversammlung eine konstante Dividende in Höhe von 3,25 Euro je Aktie. Die Ausschüttungssumme beläuft sich auf 3,477 Millionen Euro – bislang die höchste der DAX30-Unternehmen.