Verwaltung: Gleiches Recht für alle auf den Dächern
Im Frühjahr 2016 haben städtische Mitarbeiter die beiden Solarthermieanlagen auf den Häusern mit den Adressen Albert-Scheurle-Weg entdeckt. „Sie sind vom Südring aus gut sichtbar“, sagt Astrid Exo. Für Wangens Bauamtsleiterin ist die Sachlage klar: „Sie sind gestalterisch nicht gewünscht.“
Exo beruft sich dabei zuvorderst auf einen Bebauungsplan für das ehemalige Ill-Beck-Gelände, das sich ein Stück weit entlang von Wangens Hauptumgehungsstraße zieht. Der Plan stammt aus dem Jahr 2008 und regelt, wie Wohnbebauung auf dem Areal auszusehen hat. Dazu gehört auch, dass die Häuser statt der in der Stadt und in unmittelbarer Nachbarschaft üblichen Sattel- hier Pultdächer haben müssen. Und zwar in Richtung Ost/Nordost.
Was Solaranlagen angeht, stehen im Bebauungsplan ebenfalls Regeln: Zur Gewinnung von Sonnenenergie seien „Indach- und Aufdachlösungen“bis maximal zwölf Zentimetern Höhe zulässig. Damit also ausschließlich „dachparallel“und nicht „aufgeständert“, wie sie auf den beiden direkt zum Südring gelegenen Häusern stehen.
Zudem legt die Stadt die Landesbauordnung in die Waagschale. Verkürzt ausgedrückt, besagt entsprechender Paragraf 74 zweierlei: Zum einen spricht er für die beiden Hauseigentümer. Denn die örtlichen Bauvorschriften dürfen die Nutzung erneuerbarer Energien weder ausschließen noch „unangemessen beeinträchtigen“.
Zum anderen besagt das Gesetz aber: „Möglich bleiben Ausschlüsse von gestalterisch besonders problematischen Anlagen wie aufgeständerte Solarmodule, Über-First-Anlagen oder Dachwindkraftanlagen durch die Gemeinden.“Voraussetzung: „Dachintegrierte Solaranlagen“müssen möglich bleiben. Im Albert-Scheurle-Weg ist nach Lesart der Stadt all dies gegeben: Die Solaranlagen sind „aufgeständert“und der generelle Betrieb von Solaranlagen auf dem Ill-Beck-Gelände sei gewährleistet. Siehe Bebauungsplan.
Als das Stadtbauamt in der zurückliegenden Gemeinderatssitzung die Stadtpolitiker von dem Streitfall informierte, führte sie in den Unterlagen außerdem zwei Gerichtsurteile an. Sie stammen aus Bayern und sind aus den Jahren 2012 und 2014. Damit stammen sie aus einer Zeit, bevor der Paragraf 74 der Landesbauordnung im Sinn des Ausschlusses der „unangemessenen Beeinträchtigung“von regenerativen Energien geändert worden war. Im Kern besagen beide Richtersprüche: Optik und Ortsbild haben Vorrang vor Sonnenkollektoren, die auf Stelzen stehen.
Weiteres Argumente der Stadt: Der Vergleich mit anderen Anlagen in der Stadt und in der Nähe hinkt rechtlich. So bestehen zwar auf dem Gebäude des „Rosenparks III“an der Bregenzer Straße ähnliche Solaranlagen wie auf den beiden Häusern im AlbertScheurle-Weg. Nur: dort ohne Bebauungsplan, hier mit. „Deswegen können wir da nichts tun“, sagt Astrid Exo.
Die Bauamtsleiterin will im Übrigen den Gleichbehandlungsgrundsatz unter den Hauseigentümern wahren. Denn einige Bauherren auf dem früheren Ill-Beck-Gelände hätten sich in Sachen Solar vorher mit den Bauvorschriften vertraut gemacht, andere wie die beiden Eigentümer der Häuser Albert-ScheurleWeg allerdings nicht.
Dass der Ratschlag der Energieagentur im Landkreis Ravensburg dagegen steht, tut aus städtischer Sicht nichts zur Sache. Zwar liefen die Gespräche zwischen Agentur und Bauhherren in Räumen des Bauamts. Dennoch sei sie unabhängig und habe mit der Einhaltung von Bebauungsplänen nichts zu tun.
Dennoch handelt die Stadt jetzt auf zwei Schienen: Zum einen bekommt die Energieagentur künftig alle Unterlagen von Bebauungsplänen. Zum anderen hat die Stadt die beiden Hausbesitzer zum Gespräch geladen. Dies hatte OB Michael Lang im Rat bereits angekündigt.
Ausschlüsse von problematischen Anlagen sind möglich. Aus der Landesbauordnung