Besitzer: Stadt widerspricht eigenem Energieleitbild
Als die vierköpfige Wangener Familie im Januar vergangenen Jahres in ihr gerade hochgezogenes Einfamilienhaus im Albert-Scheurle-Weg einzog, war ihre Welt noch in Ordnung: Der Traum vom Eigenheim ging in Erfüllung – und auch der vom Kachelofen im Wohnzimmer als zentralem Element. Drumherum hatte sich das Ehepaar, das seinen Namen nicht in der Zeitung sehen will, ein Energiekonzept erstellen lassen. Und das beinhaltete auch die aufgeständerte Solaranlage auf dem Dach.
Die Pläne hatte sich die Familie zuvor von der Energieagentur Ravensburg absegnen lassen. Die Beratung war auf Geheiß der Stadt über die Bühne gegangen – als Bedingung, um das Grundstück kaufen zu können und zwar in den Räumen des städtischen Bauamts. Da die Energieberatung die Pläne als „zukunftsträchtig“absegnete, gab man anschließend die Umsetzung in Auftrag.
„Zu diesem Zeitpunkt war uns nicht bekannt, dass eine Aufständerung der geplanten Sonnenkollektoren von der Stadt im Bebauungsplan untersagt war“, schreibt der 39-jährige Familienvater in einem Brief an die Stadt, der der „Schwäbischen Zeitung“vorliegt.
Auch sei ihm nicht bewusst gewesen, dass die Energieberatung inhaltlich nichts mit der Stadt zu tun hat. Zudem versteht der Mann nicht, dass die Beraterin nicht mit den städtischen Bauvorschriften vertraut war. Er habe davon ausgehen müssen, dass es möglich sein müsse, ein offiziell empfohlenes Heizsystem auch umzusetzen. „Alles andere ergibt für mich keinen Sinn“, so der 39-Jährige in seinem Brief.
Sicher, sagt der Mann im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“: Im Nachhinein betrachtet, habe man den Fehler gemacht, nicht in den Bebauungsplan geschaut zu haben. Gleichwohl sieht er sich im Recht – und beruft sich auf denselben Passus des Paragrafen 74 der 2015 geänderten Landesbauordnung wie die Stadt. Der Hausbesitzer macht geltend: „Ich bin der Meinung, dass bei uns durch das Verbot der Aufständerung eine unangemessene Beeinträchtigung vorliegt, da dachintegrierte Solaranlagen hier aufgrund der vorgegebenen Dachform und Dachausrichtung eben nicht möglich sind“, schreibt er.
Damit bezieht er sich auf einen hinzunehmenden Energieverlust von nahezu 50 Prozent, sollte die Solaranlage in anderem Winkel aufgestellt werden. Dies habe die Stadt nach Rücksprache mit der Energieagentur so bestätigt, geht aus dem Brief des Mannes an die Stadt hervor.
Zudem argumentiert er prinzipiell: Gerade in Neubaugebieten sollten Energieeinsparungen möglich sein. Schließlich trügen sie zum Umweltund Klimaschutz bei. Besonders in Wangen, findet er. Denn die Stadt werbe ganz offensiv mit ihrem jüngst erworbenen European Energy Award in Gold.
Auch halte sie die Klimaschutzfahne öffentlichkeitswirksam hoch. Sie reklamiere auf der eigenen Homepage für sich , dass „alle Entscheidungen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen zukunftsfähig unter Berücksichtigung der Nachhaltigkeitskriterien getroffen werden“.
Aus Sicht des Familienvaters widersprechen die für das ehemalige Ill-Beck-Gelände geltende Bauvorschriften genau diesem Credo der Verwaltung. Zumal er auch die Argumentation des Bauamts in Sachen Optik nicht nachvollziehen kann. Mit den vorgeschriebenen Pultdächern stelle das Ill-Beck-Gelände im Vergleich zur Umgebung ohnehin ein „Exotengebiet“dar: „Von Einheitlichkeit ist hier nicht zu sprechen.“
Nachdem jetzt Monate mit Gesprächen und Schriftwechseln ins Land gegangen sind, will die Familie nicht klein beigeben. „Es geht mir ums Prinzip“, sagt der Eigentümer. Denn zur Änderung der Landesbauordnung gebe es noch keine Rechtsprechung. Und ein Umbau seiner Heizungsanlage könne schnell in die Tausende von Euro gehen.
Eine unangmessene Beeinträchtigung von Solaranlagen. Hausbesitzer zur Landesbauordnung