Preise für Hofgut Dürren und Bauernhaus
Fördergemeinschaft zur Erhaltung des ländlichen Kulturgutes zeichnet Gebäude aus
WOLFEGG/KISSLEGG/WANGEN „Erhalte das Alte“ist das Motto der Fördergemeinschaft zur Erhaltung des ländlichen Kulturgutes. Als Zeichen der Anerkennung zeichnet die Fördergemeinschaft seit vielen Jahren Personen aus, die mit Idealismus und oft hohem finanziellem Aufwand erhaltenswerte und für die Region typische Bausubstanz saniert und entgegen dem Zeitgeist wertvolle Gebäude an Ort und Stelle erhalten haben. Zwei sehr unterschiedliche Projekte erhielten in diesem Jahr die Auszeichnung: Das Bauernhaus von Eberhard Heine in Kernaten und das Hofgut Dürren der Oskar- und Elisabeth-Farny-Stiftung.
Die Plakette hat rein symbolischen Wert und ist mit keinen finanziellen Zuwendungen verbunden. Vielmehr soll die Öffentlichkeit auf den Charme der alten Gebäude aufmerksam gemacht werden, die nach der Sanierung statt fortschreitendem Verfall wieder eine Zukunft haben. Traditionell findet die Preisverleihung kurz vor der Wiedereröffnung des Bauernhausmuseums Wolfegg nach der Winterpause im Rahmen der Mitgliederversammlung der Fördergemeinschaft in der Zehntscheuer Gessenried statt. Mit einem kurzen Rückblick auf 40 Jahre Vereinsgeschichte eröffnete Vorstand Eberhard Lachenmayer die Veranstaltung und übergab dann an die Referenten Karlheinz Buchmüller und Jörg Leist.
Hof in Wangen-Kernaten wurde von Eberhard Heine restauriert
Buchmüller, exzellenter Kenner der Baugeschichte der Bauernhäuser von Oberschwaben und Allgäu bis zum See, stellte den Hof Heine in Wangen-Kernaten vor. Es handelt sich um einen typischen Eindachhof, der noch in seiner ursprünglichen Form erhalten blieb und in jüngster Vergangenheit vom Eigentümer Eberhard Heine mit großer Fachkenntnis liebevoll restauriert wurde. Eberhard Heine ist Schreiner und Restaurator.
In den ältesten Unterlagen des Vermessungsamtes ist das Haus Heine bereits 1830 aufgeführt. Zu der Zeit war ein Josef Blum Besitzer. Auf ihn folgte 1851 ein Johann Baptist Heine, und seither ist der Hof im Familienbesitz Heine. „Es ist hier mit Sicherheit ein Seldnerhof“, so Buchmüller, „bei dem der Bauer neben der Landwirtschaft immer noch ein Handwerk betrieb“. Das angebaute Wirtschaftsgebäude ist relativ klein. Das Wohnhaus hat eine Größe von zehn auf zehn Metern, typisch für diese Art Häuser.
Der Grundbesitz betrug knappe zwei Morgen (6250 Quadratmeter). Wiederkehrende Merkmale aller Häuser dieser Art sind ein hohes Steildach, identischer Grundriss sowie der Hauseingang, der immer ein halbes Stockwerk erhöht liegt und über eine doppelläufige Treppe begehbar ist.
Ein ganz anderer Typus ist das Hofgut Farny, eine alte Raststation an der hoch frequentierten Reichsstraße von Ulm nach Memmingen und Ulm-München-SalzburgWien sowie BodenseeBregenz-Oberitalien. Das durch den Straßenbau an der B 18 und später A 96 schwer beschädigte Hofgut wurde in siebenjähriger Planungs- und Sanierungsarbeit wieder lebensfähig gemacht. Vorgestellt wurde das Gebäude von Jörg Leist, Vorsitzender der FarnyStiftung.
Erste urkundliche Erwähnung findet Dürren unter dem Namen „turra“im Jahr 1100, in nächster Nähe umgeben von mindestens sechs mittelalterlichen Burgen. Lebensader in guten wie in schlechten Zeiten war die bis 1965 mitten durch das Hofgut führende Bundesstraße.
Zuwanderer kamen auf das Hofgut Dürren
Nach dem Dreißigjährigenkrieg kamen Zuwanderer aus dem Montafon und dem Elsass auf das Hofgut, das mehrmals im Lauf der Zeit durch Kriegshandlungen zerstört wurde oder Bränden zum Opfer fiel. Letztmals 1789.
Der damalige Eigentümer Josef Anton Fricker ging sofort an den Wiederaufbau. Ein altes Kellergewölbe, vermutlich aus dem Jahr 1632 stammend, wurde in den zweistöckigen Neubau integriert. Das Erdgeschoss mit Gaststätte massiv aus Ziegel- und Wackersteinen errichtet. Das Dach war ursprünglich abgewalmt und wurde aus Platzgründen bei der Außenverputzung des Hauses zum Satteldach umgestaltet.
Konrad Kugel, der Urgroßvater des letzten Eigentümers Oskar Farny, hatte 1808 in Dürren eingeheiratet. Der äußerst umtriebige Kugel vergrößerte und modernisierte das Hofgut umfangreich. 1833 erhielt er die Braugerechtigkeit. Durch seinen Schwiegersohn Eustach kam der Name Farny nach Dürren.
Der letzte Farny, Oskar, und seine Ehefrau Elisabeth, brachten, kinderlos geblieben, das Hofgut in die Oskarund Elisabeth-Farny-Stiftung ein. Die Stiftung erweckte in siebenjähriger Arbeit das durch den Straßenbau stark beschädigte Hofgut wieder zu neuem Leben. Zuerst musste das Gebäude, da ohne Fundament gebaut, unterfüttert werden. Bei der Sanierung bemühte man sich, möglichst viel der Originalsubstanz zu erhalten wie die Eingangstür von 1790. Der unter Denkmalschutz stehen Gewölbekeller wurde einer der Gasträume. Das zuletzt 1922 neu eingerichtete Nebenzimmer steht unter Denkmalschutz und wurde aufwendig restauriert. Die im Giebel angebrachte Kreuzigungsszene wurde bei der Renovierung durch eine Darstellung der Schutzmantelmadonna von Allesschwende ersetzt. Der Hof erstrahlt jetzt wieder in alter, neuer Schönheit analog einer Abbildung auf einer Schützenscheibe von 1820.