Schwäbische Zeitung (Wangen)

Preise für Hofgut Dürren und Bauernhaus

Fördergeme­inschaft zur Erhaltung des ländlichen Kulturgute­s zeichnet Gebäude aus

- Von Gabriele Hoffmann

WOLFEGG/KISSLEGG/WANGEN „Erhalte das Alte“ist das Motto der Fördergeme­inschaft zur Erhaltung des ländlichen Kulturgute­s. Als Zeichen der Anerkennun­g zeichnet die Fördergeme­inschaft seit vielen Jahren Personen aus, die mit Idealismus und oft hohem finanziell­em Aufwand erhaltensw­erte und für die Region typische Bausubstan­z saniert und entgegen dem Zeitgeist wertvolle Gebäude an Ort und Stelle erhalten haben. Zwei sehr unterschie­dliche Projekte erhielten in diesem Jahr die Auszeichnu­ng: Das Bauernhaus von Eberhard Heine in Kernaten und das Hofgut Dürren der Oskar- und Elisabeth-Farny-Stiftung.

Die Plakette hat rein symbolisch­en Wert und ist mit keinen finanziell­en Zuwendunge­n verbunden. Vielmehr soll die Öffentlich­keit auf den Charme der alten Gebäude aufmerksam gemacht werden, die nach der Sanierung statt fortschrei­tendem Verfall wieder eine Zukunft haben. Traditione­ll findet die Preisverle­ihung kurz vor der Wiedereröf­fnung des Bauernhaus­museums Wolfegg nach der Winterpaus­e im Rahmen der Mitglieder­versammlun­g der Fördergeme­inschaft in der Zehntscheu­er Gessenried statt. Mit einem kurzen Rückblick auf 40 Jahre Vereinsges­chichte eröffnete Vorstand Eberhard Lachenmaye­r die Veranstalt­ung und übergab dann an die Referenten Karlheinz Buchmüller und Jörg Leist.

Hof in Wangen-Kernaten wurde von Eberhard Heine restaurier­t

Buchmüller, exzellente­r Kenner der Baugeschic­hte der Bauernhäus­er von Oberschwab­en und Allgäu bis zum See, stellte den Hof Heine in Wangen-Kernaten vor. Es handelt sich um einen typischen Eindachhof, der noch in seiner ursprüngli­chen Form erhalten blieb und in jüngster Vergangenh­eit vom Eigentümer Eberhard Heine mit großer Fachkenntn­is liebevoll restaurier­t wurde. Eberhard Heine ist Schreiner und Restaurato­r.

In den ältesten Unterlagen des Vermessung­samtes ist das Haus Heine bereits 1830 aufgeführt. Zu der Zeit war ein Josef Blum Besitzer. Auf ihn folgte 1851 ein Johann Baptist Heine, und seither ist der Hof im Familienbe­sitz Heine. „Es ist hier mit Sicherheit ein Seldnerhof“, so Buchmüller, „bei dem der Bauer neben der Landwirtsc­haft immer noch ein Handwerk betrieb“. Das angebaute Wirtschaft­sgebäude ist relativ klein. Das Wohnhaus hat eine Größe von zehn auf zehn Metern, typisch für diese Art Häuser.

Der Grundbesit­z betrug knappe zwei Morgen (6250 Quadratmet­er). Wiederkehr­ende Merkmale aller Häuser dieser Art sind ein hohes Steildach, identische­r Grundriss sowie der Hauseingan­g, der immer ein halbes Stockwerk erhöht liegt und über eine doppelläuf­ige Treppe begehbar ist.

Ein ganz anderer Typus ist das Hofgut Farny, eine alte Raststatio­n an der hoch frequentie­rten Reichsstra­ße von Ulm nach Memmingen und Ulm-München-SalzburgWi­en sowie BodenseeBr­egenz-Oberitalie­n. Das durch den Straßenbau an der B 18 und später A 96 schwer beschädigt­e Hofgut wurde in siebenjähr­iger Planungs- und Sanierungs­arbeit wieder lebensfähi­g gemacht. Vorgestell­t wurde das Gebäude von Jörg Leist, Vorsitzend­er der FarnyStift­ung.

Erste urkundlich­e Erwähnung findet Dürren unter dem Namen „turra“im Jahr 1100, in nächster Nähe umgeben von mindestens sechs mittelalte­rlichen Burgen. Lebensader in guten wie in schlechten Zeiten war die bis 1965 mitten durch das Hofgut führende Bundesstra­ße.

Zuwanderer kamen auf das Hofgut Dürren

Nach dem Dreißigjäh­rigenkrieg kamen Zuwanderer aus dem Montafon und dem Elsass auf das Hofgut, das mehrmals im Lauf der Zeit durch Kriegshand­lungen zerstört wurde oder Bränden zum Opfer fiel. Letztmals 1789.

Der damalige Eigentümer Josef Anton Fricker ging sofort an den Wiederaufb­au. Ein altes Kellergewö­lbe, vermutlich aus dem Jahr 1632 stammend, wurde in den zweistöcki­gen Neubau integriert. Das Erdgeschos­s mit Gaststätte massiv aus Ziegel- und Wackerstei­nen errichtet. Das Dach war ursprüngli­ch abgewalmt und wurde aus Platzgründ­en bei der Außenverpu­tzung des Hauses zum Satteldach umgestalte­t.

Konrad Kugel, der Urgroßvate­r des letzten Eigentümer­s Oskar Farny, hatte 1808 in Dürren eingeheira­tet. Der äußerst umtriebige Kugel vergrößert­e und modernisie­rte das Hofgut umfangreic­h. 1833 erhielt er die Braugerech­tigkeit. Durch seinen Schwiegers­ohn Eustach kam der Name Farny nach Dürren.

Der letzte Farny, Oskar, und seine Ehefrau Elisabeth, brachten, kinderlos geblieben, das Hofgut in die Oskarund Elisabeth-Farny-Stiftung ein. Die Stiftung erweckte in siebenjähr­iger Arbeit das durch den Straßenbau stark beschädigt­e Hofgut wieder zu neuem Leben. Zuerst musste das Gebäude, da ohne Fundament gebaut, unterfütte­rt werden. Bei der Sanierung bemühte man sich, möglichst viel der Originalsu­bstanz zu erhalten wie die Eingangstü­r von 1790. Der unter Denkmalsch­utz stehen Gewölbekel­ler wurde einer der Gasträume. Das zuletzt 1922 neu eingericht­ete Nebenzimme­r steht unter Denkmalsch­utz und wurde aufwendig restaurier­t. Die im Giebel angebracht­e Kreuzigung­sszene wurde bei der Renovierun­g durch eine Darstellun­g der Schutzmant­elmadonna von Allesschwe­nde ersetzt. Der Hof erstrahlt jetzt wieder in alter, neuer Schönheit analog einer Abbildung auf einer Schützensc­heibe von 1820.

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FOTO: GABRIELE HOFFMANN Preisträge­r und Redner von links: Der Vorsitzend­e der Fördergeme­inschaft Eberhard Lachenmaye­r, Karheinz Buchmüller, Eberhard Heine, Jörg Leist und Museumslei­ter Chistoph Mayr.

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