Mit Städteorchester Finnland entdecken
Die Pianistin Anni Poikonen erfreut mit Werken von Selim Palmgren und Erkki Melartin
LEUTKIRCH/WANGEN - Das Städteorchester hat am Sonntag mit einem Konzert in der Waldorfschule gastiert, ein Abend zuvor waren die Musiker in der Leutkircher Festhalle zu Gast. Die Pianistin Anni Poikonen erntete für zwei finnische Werke viel Beifall, zu Recht. Und das Städteorchester unter Marcus Hartmann spielte erfrischend, auf frappierenden Niveau, mit Leidenschaft. Chapeau. 61 Musikerinnen und Musiker auf der Bühne, ambitionierte Laien ebenso wie Profis. Von Sandra Marttunen an der ersten Violine über Adolf Wetzel an der Viola, Felix Kuon am Horn. Juliana Merk an der Tuba bis zu Samira Nowarra an der Harfe.
Schon bemerkenswert, was der Verein Städteorchester Württembergisches Allgäu hier auf die Beine gestellt hat, mit Aufführungen in Isny, Leutkirch und Wangen. Basis ist die Jugendmusikschule (JMS), die dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert. Ein halbes Jahrhundert – da sendet auch das Städteorchester mit dem „Gratulationsmenuett“von Ludwig van Beethoven beste Glückwünsche. Als weitere Zugabe, zuvor ist Johann Strauß im feurigen Galopp durch Ungarn geprescht.
Ein früher Höhepunkt
Das Orchester eröffnet mit der Ouverüre zu Athalia von Felix Mendelssohn Bartholdy. Nicht dessen stärkstes Werk, aber mit reizvollen Ideen, schön ausgeführt. Gleich danach Anni Poikonen am Bösendorfer – der Höhepunkt des Abends wird früh präsentiert. Die Finnin, seit 2014 Lehrerin an der JMS und dazu gefragte Kammermusikerin und Liedbegleiterin, hat das Konzert für Klavier und Orchester Nr. 1 g-moll von Selim Palmgren ausgewählt.
Das ist die erste seiner fünf Klavierkonzerte, aus dem Jahr 1903, geprägt von Spätromantik, Impressionismus und, natürlich, folkloristischen Einfluss. Tänzerisch, spielerisch, verhaltene Euphorie aus dem Land, das damals noch gar nicht finnisch, sondern russisches Großfürstentum war. Man darf das Werk getrost als Dokument des erwachenden finnischen Nationalbewusstseins betrachten.
Mit melancholischer Weite
Als Zugabe bringt Anni Poikonen solo eine ganz bezaubernde Barcarole von Erkki Melartin. Stilistisch weit gefasst, mit melancholischer Weite. Berührend. Das „Preludio sinfonico“von Giacomo Puccini, ein Frühwerk des Italieners, kann da nicht ganz mithalten. Trotz farbenreicher Orchestrierung, die Geigen schmelzend, bis die Bläser dramatisch einfallen.
Als Schlusspunkt die „Amerikanische Suite“von Antonin Dvorak. Wer die Symphonie „Aus der neuen Welt“kennt, ist auf diese fünfsätzige Suite gut vorbereitet. Die „Amerikanismen“sind eher zart eingesprenkelt, es dominieren die Klangfarben, die Idee des neuen Anfangs, des Aufbruchs, die gefühlte Unendlichkeit des Landes. Superweich intoniert das Orchester das Andante, mit viel Gefühl. Das erfreut die Herzen.