Kinderpornos: 55-jähriger Mann muss wieder hinter Gitter
Angeklagter zu mehr als zwei Jahren verurteilt – Verteidigerin spricht von Sucht
KEMPTEN - Gerade erst war er wegen des Besitzes von Kinderpornos verurteilt worden, da fand die Polizei bei einer Durchsuchung schon wieder solches Material. Mehr als 2000 Dateien hatte ein 55-Jähriger gespeichert. Jetzt hat ihn das Amtsgericht Kempten zu weiteren zwei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der Vorwurf: Besitz und Verbreitung von Kinderpornos. Denn das Programm, mit dem der Mann die Dateien runtergeladen hatte, stellte diese gleichzeitig wieder zum Download für andere zur Verfügung. Die Verteidigerin spricht von Sucht.
Absitzen wird der 55-Jährige die zwei Jahre und neun Monate ab 2019, bis dahin verbüßt er seine andere Strafe. Die beschlagnahmten Dateien zeigen Kinder unter 14 Jahren und auch ein Baby. Ein Arzt für Psychiatrie sagte in der Verhandlung über den Angeklagten: „Er weiß genau, dass er Unrecht tut – kann dem Drang aber keinen Widerstand entgegensetzen.“Der Staatsanwalt sagte: Der 55-Jährige wird sich wie auch zuvor von einer Haft nicht beeindrucken lassen. Und die Verteidigerin: „Das ist eine Krankheit wie eine Drogensucht.“
„Er ist sich trotz seines Alters von 55 Jahren unklar über seine sexuelle Identität“, berichtete der Mediziner von einem Gespräch mit dem Angeklagten. Der Angeklagte habe bei der Gelegenheit gesagt, sich beim Konsum der Videos gedanklich in die Rolle der Kinder zu versetzen und sich im Anschluss selbst körperlich zu quälen. Nach eigenen Angaben habe er seine Vorlieben bisher nur anhand von Videos und Bildern ausgelebt, nicht an Kindern selbst.
Der Mediziner bescheinigte dem Mann eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit einer multiplen Störung der sexuellen Vorlieben. Gleichzeitig empfahl er dem Gericht keine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus: Die Rückfallwahrscheinlichkeit läge so oder so bei 100 Prozent. Auch bisherige Therapieversuche seien gänzlich gescheitert: Ein Jahr lang habe der Angeklagte eine Ärztin im Glauben gelassen, seine Sucht im Griff zu haben. Gleichzeitig schaute er ungebremst weiter Kinderpornos. Auch habe er während einer früheren Haft beim Freigang sich an solchen berauscht. Bereits mehrfach wurde ihm wegen seiner Neigung der Arbeitsplatz gekündigt.
Um sein Problem in den Griff zu bekommen, erwäge der 55-Jährige laut dem Arzt eine chemische Kastration. Dabei nehmen Patienten Medikamente, die den Sexualtrieb verringern. Der Angeklagte erhoffe sich, so eine Basis für eine erfolgreiche Therapie schaffen zu können. Seine Verteidigerin sagte in ihrem Plädoyer: „Ich will nichts schönreden. Aber mein Mandant ist krank. Das geht nicht weg, weil er das will oder ein Gericht das sagt.“Sie legte daher nahe, eine chemische Kastration als Auflage ins Urteil aufzunehmen. „Was bringt es, wenn er noch mal ins Gefängnis geht? Das kostet nur Geld.“Eine chemische Kastration dagegen böte die Chance auf eine langfristige Besserung.
In seinem Urteil bewertete der Richter den 55-Jährigen als erheblich vermindert schuldfähig. Eine chemische Kastration als Auflage sei rechtlich nicht möglich – sie ist ein zu starker Eingriff. Zum Angeklagten sagte er: „Es ist positiv, dass Sie das anstreben – das könnte zu einer vorzeitigen Entlassung aus der Haft führen. Jetzt spricht es aber nicht für eine geringere Strafe – denn angekündigt ist so etwas schnell.“