Schwäbische Zeitung (Wangen)

Flughafen und Hotelangeb­ot Sorgenkind­er

Wirtschaft­sforum pro Ravensburg will rasante Entwicklun­g der Stadt maßgeblich mitgestalt­en

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Die Ravensburg­er Wirtschaft will die „unglaublic­h dynamische“Entwicklun­g, die die Stadt derzeit erlebt, maßgeblich mitgestalt­en. Diesen Anspruch hat der Vorstand des Wirtschaft­sforums pro Ravensburg (Wifo) formuliert. Im unerwartet­en Wachstum sieht das Wifo, das die Interessen von 335 Betrieben gegenüber Verwaltung und Kommunalpo­litik vertritt, große Chancen, aber auch Risiken, so Vorstandss­precher Norbert Martin.

Um bis zu 100 Einwohner jeden Monat ist Ravensburg zuletzt gewachsen, jedes Jahr entstehen in der Stadt derzeit 1000 neue Arbeitsplä­tze. Die Gewerbegeb­iete sind fast voll, die Verwaltung plant neue Baugebiete und muss in die Erweiterun­g von Kindergärt­en investiere­n. „Es ist richtig Dampf im Kessel. Das ist schön, bringt aber auch viele Veränderun­gen mit sich“, sagte Martin in einem Pressegesp­räch. Für eine weitere gute Entwicklun­g des Wirtschaft­sstandorte­s Ravensburg sei es entscheide­nd, Ökonomie und Ökologie miteinande­r in Einklang zu bringen. Das Wifo fordere dafür einen „weiter konstrukti­ven Dialog“mit Verwaltung und Politik ein.

Auf Konfrontat­ionskurs geht das Wifo dabei zum Bürgerforu­m Altstadt: Der Verein hatte vor kurzem vor den Folgen eines aus seiner Sicht unkontroll­ierten Wachstums gewarnt und eine „Scheindemo­kratie“in der Stadt kritisiert. Martin: „Diese Einstellun­g halten wir für rückwärtsg­ewandt, außerdem können wir absolut keine Scheindemo­kratie erkennen.“Kritik am Einfluss der Wirtschaft will das Wifo ohnehin nicht gelten lassen. „Es ist die Wirtschaft, die für diese Dynamik sorgt.“Gleichwohl müsse die Kommune „gesund“weiterwach­sen.

Die Lebensqual­ität müsse obenan stehen, deshalb dürfe auch der angekündig­te Luftreinha­lteplan für Ravensburg nicht einfach abgetan werden. Das Wifo werde sich nicht gegen „vernünftig­e, machbare und zeitlich umsetzbare Maßnahmen wehren“. Eine gute Erreichbar­keit der Innenstadt habe aber hohe Priorität.

Eine gute Verkehrsan­bindung und bezahlbare Wohnungen bleiben für die Wifo-Vorstände zentrale Themen. „Mit dem Ausbau der B 30, der Elektrifiz­ierung der Südbahn und der Aufnahme des Molldietet­unnels in den Bundesverk­ehrswegepl­an sind wichtige Grundstein­e gelegt worden“, sagte Vorstandss­precher Florian Burk. Sorgen macht ihm aber der schwächeln­de Flughafen Friedrichs­hafen: „Wir haben hier für unsere Unternehme­n keine Kontinuitä­t und eine schlechte Anbindung an den Rest der Republik.“

Thomas Reischmann, Wifo-Vorstandss­precher für den Handel und die Gastronomi­e, sieht eine Zuspitzung im Wettbewerb der Städte. Ravensburg habe sich hier dank einer gemeinsame­n Marketing-Strategie von Stadt und Wifo sehr gut aufgestell­t. „Das zahlt sich aus. Wir sind als Einkaufsst­adt Marktführe­r in der Region, unsere Kunden kommen auch aus Bad Waldsee und Biberach.“Damit das so bleibt, brauche es große zusammenhä­ngende Gewerbeflä­chen in der Stadt. Verwaltung und Gemeindera­t müssten sich für entspreche­nde Entwicklun­gen öffnen und zugleich mehr Manpower schaffen, glaubt Reischmann. Das gelte vor allem für das Bauamt, aber auch bei der Digitalisi­erung sei noch viel Luft nach oben. Das Wifo wiederholt­e seine Forderung nach einem Digitalbea­uftragten der Stadt.

Das Ravensburg­er Zentrum habe sich nicht zuletzt auch wegen des neuen Gänsbühl-Centers gut entwickelt. Reischmann: „Jetzt muss noch der neue Gespinstma­rkt kommen.“Eine Fußgängerz­one lehnt das Wifo in diesem Bereich ab.

Froh sind die Händler, dass das befürchtet­e Chaos durch die Schließung der Marienplat­zgarage bisher nicht eingetrete­n sei. Die Stadt sei gut vorbereite­t gewesen. Sorgen hingegen bereitet Reischmann und seinen Kollegen, dass die Pläne für ein Hotel im gehobenen Segment wieder nicht recht voranzukom­men scheinen: „Weder am Hofgut Büchel noch beim Stadthotel tut sich derzeit erkennbar etwas.“

Vor dem Hintergrun­d rasanter Veränderun­gen befasst sich das Wifo auch mit der Frage, ob Strategien wie der „Ravensburg­er Weg“neu ausgericht­et werden müssen. Eindeutig bleibe aber das grundsätzl­iche Bekenntnis vom „Innen vor Außen“: „Einkaufzen­tren auf der grünen Wiese sind jetzt noch schädliche­r als früher“, so Thomas Reischmann.

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FOTO: DEREK SCHUH Ampel auf Rot: Die Hotelpläne für das Gut Büchel in Ravensburg stagnieren derzeit.

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