Viele Familienbetriebe sorgen für Milch
Zum heutigen Tag der Milch berichten Landwirte über Vorzüge und Probleme ihrer Arbeit
AMTZELL - Milchviehhalter zu sein, ist ein Vollzeitjob – und meist einer, der von Familien geleistet wird. So wie bei Christoph, Meinrad und Josefine Stauber aus Amtzell. Der Sohn Christoph, 29 Jahre alt, hat eine landwirtschaftliche Ausbildung hinter sich und ist Agrartechniker. 2008 ist er in den elterlichen Milchviehbetrieb eingestiegen.
Seitdem ist einiges passiert: Die Familie baute zusätzlich zum bestehenden Stall in Amtzell-Lubach einen neuen Stall in Untermatzen: Hier haben 95 Kühe Platz. Der Stall entspreche den neuesten Tierschutzrichtlinien, erklärt Christoph Stauber. „Die Tiere bekommen hier sehr viel Luft und Licht.“Und tatsächlich: Der Vor-Ort-Besuch zum internationalen Tag der Milch am 1. Juni, zu dem der Landesbauernverband nach Amtzell eingeladen hat, zeigt, dass die Tiere sich wohlfühlen. Während des Gesprächs und Rundgangs lassen sie sich nicht stören, fressen ihr Futter oder liegen auf ihren gummierten „Matratzen“und sind ruhig. Jede Kuh die will, kann sich am Kraftfutter, sozusagen der „Schokolade für Kühe“, bedienen oder sich von den Massagebürsten den Rücken kraulen lassen. „Den Tieren soll es an nichts fehlen“, sagt Christoph Stauber.
Zweimal am Tag werden die Kühe gemolken, morgens um 6 und abends um 17 Uhr. Täglich gehen rund 2000 Liter Milch an die Genossenschaft Bauernkäserei Leupolz, die dann direkt weiter zu Käse verarbeitet wird.
Hohe Auflagen und Investitionen
An 365 Tagen im Jahr machen Milchviehhalter diesen Job. „Kühe scheren sich nicht um Weihnachten und Ostern“, weiß Egon Braun vom Bauernverband Allgäu-Oberschwaben. Er sagt aber auch, dass die Milchkuh gerade hier in der Region eine große Rolle spielt und sie jenseits von den Milchbauern jede Menge Arbeitsplätze schafft. In der Region seien Milchviehbetriebe fast immer Familienbetriebe. Im Durchschnitt hätten diese 49 Kühe. „Das sollte die Bevölkerung wahrnehmen und anerkennen“, meint er. Er spricht den „enormen Wandel“in der Landwirtschaft an, und zugleich den großen technischen und biologischen Fortschritt, den man in den vergangenen 40 Jahren erzielt habe.
Dennoch gibt es auch einige Dinge, die den Milchbauern zu schaffen machen: Zum einen sind es die hohen Investitionen. 800 000 Euro habe 2008 der Bau des Stalls der Staubers in Untermatzen gekostet. In der damaligen Weltwirtschaftskrise habe man günstiger bauen können als heute. Danach sei der Milchpreis wieder gestiegen und man habe Einnahmen erzielen können, berichtet Christoph Stauber. „Da sind wir ein Stück vorangekommen.“Danach sank der Milchpreis deutlich und die Einnahmen wurden weniger. Inzwischen sei der Milchpreis „nicht gut, aber auch nicht schlecht“, findet der Agrartechniker. Dennoch müssen Investitionen momentan warten. Der Betrieb sei nur rentabel, weil in der Familie keine Löhne gezahlt werden müssten.
„Viel Herzblut und Know-How“
„Dass man in der Landwirtschaft reich wird, hab’ ich schon aufgegeben“, sagt er – und grinst. Ihm ist anzumerken, dass er keinen anderen Job haben will. „Es ist einer der schönsten Berufe, den man machen kann.“Man könne sich immer nach der Natur richten. Auch Bekannte in seinem Alter seien davon überzeugt. „Aber die hohen Investitionen und die hohen Auflagen von Tierschutzund Umweltverbänden schrecken ab.“Dazu werde es immer schwieriger, Genehmigungen von Behörden zu bekommen. Es müssten häufig Gutachten und umfangreiche Dokumentationen vorgelegt werden.
Oft müssten landwirtschaftliche Betriebe schließen, weil keine Hofnachfolger gefunden werden oder die Investitionen zu hoch sind, um all die Auflagen zu erfüllen, meint Christa Fuchs, Vizepräsidentin der Landfrauen Württemberg-Hohenzollern. Sie und ihre Familie haben dieses Problem zum Glück nicht. „Ich bin so stolz, dass unser Sohn in den Betrieb einsteigt“, sagt sie. In Eglofs hat die Familie einen Betrieb mit 100 bis 120 Kühen.
Fuchs sieht sich als Botschafterin für regionale Produkte. Immer wieder versucht sie, mit Verbrauchern in Kontakt zu kommen und über die Arbeit der Landwirte aufzuklären. „Ich finde es schade, dass unsere ureigensten Lebensmittel über den Preis so geringe Wertschätzung erlangen“, sagt sie zur „Geiz ist geil“-Mentalität.
Zum Thema Milchpreis und Wegfall der Milchquote kritisiert Gerhard Glaser, Vizepräsident des Landesbauernverbands Baden-Württemberg: „Die Politik hat uns in einen gnadenlosen, weltweiten Wettbewerb geworfen.“Milchviehhalter sei kein Beruf wie jeder andere. „Da muss Herzblut vorhanden sein, und das Know-How muss stimmen.“
Trotz der Probleme will er gerade zum Tag der Milch am 1. Juni eine Lanze für die Landwirte brechen. Er will zeigen, wie viel Arbeit und Zeit die Bauern investieren, um so ein gesundes Lebensmittel wie Milch herzustellen. „Ich bin überzeugt, dass wir uns in unserer Landwirtschaft in Sachen Umwelt- und Tierfreundlichkeit von niemandem übertreffen lassen.“Oft entstehe der Eindruck nach außen, dass es in den vergangenen 40 Jahre keine Optimierung gegeben habe. „Das ist unser täglich Brot. Aber es wird von außen zu wenig wahrgenommen.“
Und auch Christoph Stauber merkt bei Führungen häufig, dass viele Leute gar nicht wissen, wo die Produkte im Supermarkt herkommen. Auf die Frage, wie man den Bauern helfen könne, sagt er immer: „Regionale Produkte kaufen.“