Immer größer und beliebter
Die Füssener Forggenseeschifffahrt startet am 1. Juni in ihre 60. Saison
FÜSSEN - Mehr Elektronik, mehr Gäste, mehr Sonderfahrten, mehr Personal: Bei der städtischen Forggenseeschifffahrt in Füssen hat sich in den vergangenen 60 Jahren einiges verändert, erzählen Matrose Roland Gössl und Ex-Kapitän Joachim Brückner. Für Gössl ist die diesjährige Jubiläumssaison, die am 1. Juni beginnt, die 38. und gleichzeitig seine letzte. Er geht einige Wochen nach dem Start in Ruhestand. Brückner ist 2016 nach 27 Jahren als Kapitän und Technischer Leiter ausgeschieden.
Endgültig trennen wollen sich die beiden aber nicht von der Forggenseeschifffahrt. Sie springen gern ein, wenn Not am Mann ist, erzählen sie. Denn die Besatzung sei wie eine kleine Familie.
„Entweder man hört nach kurzer Zeit wieder auf oder man bleibt für immer“, sagt Gössl über die Fahrgastschifffahrt. Er habe darin seinen Traumjob gefunden, auch wenn es über die Jahre immer stressiger geworden sei. Ganz zu Anfang – von 1957 bis 1985 – wurden die Passagiere noch mit zwei Holzbooten befördert, auf denen insgesamt Platz für 90 Fahrgäste war, erzählt Gössl. Heute befördert die MS Füssen bis zu 400 und die MS Allgäu maximal 250 Menschen.
Auch der Anspruch der Gäste sei inzwischen viel höher, sagt Gössl. „Heute wären die Schiffe ohne Gastronomie zum Beispiel gar nicht mehr denkbar. Die Leute würden nicht kommen“, sagt Kapitän Dirk Schranz, der seit vergangenem Jahr der Chef an Bord der Forggenseeschiffe ist. Oft würden mehrere Reisegruppen am Tag für Kaffee und Kuchen auf dem Schiff reservieren. „1980 gab es nur kalte Getränke und Eis“, erzählt Gössl.
Im normalen Tagesgeschäft ist es nie langweilig
Auf ihren gemeinsamen Runden über den See haben Gössl und Brückner so einiges erlebt. Sie erinnern sich an zahlreiche Abendfahrten mit dem Deutschen Eishockeybund, in dessen Vorstand der ehemalige Füssener Bürgermeister Otto Wanner saß. Bei Brautverziehen sei schon der ein oder andere über Bord gesprungen und bei einer Piratenfeier blieb sogar einmal eine betrunkene Frau „übrig“, die niemand kannte, erzählt Gössl.
Aber auch im normalen Tagesgeschäft werde es nie langweilig. Einmal habe Brückner ihn glatt an der Anlegestelle Waltenhofen vergessen. „Ich wollte den Fahrplan am Ufer auswechseln und er fährt einfach weiter“, erzählt der 63-jährige Matrose. Der ehemalige Kapitän habe ihn aber schnell wieder eingesammelt.
An Bord müsse man auf alles vorbereitet sein, erzählen die erfahrenen Seemänner – Schwächeanfälle, ungeduldige Gäste, Stürze, Kinder, die ohne ihre Eltern aussteigen.
Die Abwechslung und der Kontakt zu verschiedenen Menschen sei es aber gerade, was den Beruf für ihn so spannend mache, sagt Gössl. Mit manchen Stammgästen seien er und seine Frau, die auch bei der Forggenseeschifffahrt arbeitet, sogar befreundet.
Nach dem Winter, in dem die Schiffsbesatzung ihren Jahresurlaub abfeiert, und dem Frühjahr, in dem die Schiffe auf Vordermann gebracht werden, ist die Freude auf die neue Saison riesig, erzählt der 64-jährige Brückner: „Dann reicht es einem mit der Streicherei und Richterei.“„Es beginnt eine andere Zeit. Wir wechseln vom Handwerk in die Tourismusbranche“, sagt Kapitän Schranz.