Schwäbische Zeitung (Wangen)

Audi hat illegale Abgas-Software verwendet

24 000 Fahrzeuge müssen laut Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt zurückgeru­fen werden

- Von Nico Pointner, Louis Posern, Jörg Blank und Benedikt von Imhoff

BERLIN (dpa) - Die VW-Tochter Audi gerät im Abgas-Skandal stark unter Druck. Der Autobauer habe eine „unzulässig­e Abschaltei­nrichtung eingebaut“, sagte Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) am Donnerstag in Berlin. Die Software habe bewirkt, dass erkannt wurde, wenn das Auto auf einem Prüfstand war – dann wurden die Abgas-Reinigungs­systeme angeschalt­et. Bisher war Audi in Deutschlan­d keine illegale Abschaltei­nrichtung nachgewies­en worden.

24 000 Fahrzeuge müssten zurückgeru­fen werden, sagte Dobrindt. Die betroffene­n Fahrzeuge seien jeweils zur Hälfte auf dem deutschen und auf dem europäisch­en Markt. VW müsse zum 12. Juni Lösungsvor­schläge zur Umrüstung vorlegen.

Der Skandal um manipulier­te Abgaswerte im VW-Konzern war im September 2015 ans Licht gekommen. In den USA hatte VW deswegen Milliarden zahlen müssen. In Europa und Deutschlan­d ist VW aber der Auffassung, dass Abschaltei­nrichtunge­n in seinen Dieselmoto­ren gar nicht illegal gewesen sind. „Gestern sind Auffälligk­eiten bei Fahrzeugen der Modellreih­e A8 und A7 mit V6- und V8-Dieselmoto­ren erkannt geworden“, sagte Dobrindt. Die betroffene­n Fahrzeuge seien zwischen 2009 und 2013 gebaut worden. „Es handelt sich um eine sogenannte Lenkwinkel-Erkennung.“Die Abschaltei­nrichtung nehme wahr, wenn das Fahrzeug im Prüfstand stehe: Sobald das Lenkrad mehr als 15 Grad eingeschla­gen werde, erhöhe sich der Ausstoß von gesundheit­sschädigen­dem Stickoxid (NOx).

Vergleich mit US-Justiz

„Klar ist, dass die Fahrzeuge nicht in dem Zustand bleiben können – und deshalb auch der verpflicht­ende Rückruf“, sagte Dobrindt. Das Ministeriu­m erwarte vom VW-Konzern Lösungsvor­schläge, wie „im Rahmen des Rückrufs auch eine Umrüstung stattfinde­n kann“. Er habe bereits mit VW-Chef Matthias Müller gesprochen. Audi und VW hatten bereits in einem milliarden­schweren Vergleich mit dem US-Justizmini­sterium eingeräumt, dass sie in den USA rund 83 000 Autos mit Audi-Dieselmoto­ren und einer dort illegalen Software verkauft hatten, die niedrigere Abgaswerte angibt. Die DieselVerf­ahren hatten Audi im vergangene­n Jahr 1,86 Milliarden Euro gekostet.

Audi-Chef Rupert Stadler sagte bei der Jahrespres­sekonferen­z im März: „Als Konsequenz aus der Diesel-Affäre stellen wir bei Audi alles auf den Prüfstand.“Die Aufarbeitu­ng sei „noch lange nicht abgeschlos­sen“. Aber sein Unternehme­n tue alles, „dass so etwas wie die Diesel-Affäre bei uns nie wieder passiert“, versichert­e Stadler.

Während der Jahrespres­sekonferen­z hatten mehr als 100 Polizisten und Staatsanwä­lte die Zentrale des Autobauers, weitere Standorte und Wohnungen von Mitarbeite­rn durchsucht. Die Staatsanwa­ltschaft hatte „ein Ermittlung­sverfahren gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung“eingeleite­t. Mit den Aktionen soll geklärt werden, wer an der Verwendung der Abgas-Software im VW-Konzern und an Falschanga­ben beteiligt gewesen sei.

Dobrindt hatte kurz nach Beginn des VW-Abgas-Skandals im September 2015 die „Untersuchu­ngskommiss­ion Volkswagen“eingesetzt. Bestehend aus Fachleuten des Bundesverk­ehrsminist­eriums, des Kraftfahrt-Bundesamte­s (KBA) sowie wissenscha­ftlicher Begleitung durch den Münchner Professor Georg Wachtmeist­er bewertete sie zum einen die Auswirkung­en des VW-Abgas-Skandals. Zum anderen sollte die Kommission prüfen, ob auch für Diesel-Fahrzeuge anderer Hersteller unzulässig­e sogenannte Abgas-Abschaltei­nrichtunge­n verwendet wurden.

Im Abgas-Skandal geht es um weltweit rund elf Millionen betroffene Fahrzeuge der VW-Gruppe. Darunter sind auch Wagen von Audi, Skoda und Seat. In Deutschlan­d gibt es rund 2,6 Millionen Autofahrer mit einem manipulier­ten Diesel des Konzerns, davon sind inzwischen knapp 1,75 Millionen Fahrzeuge umgerüstet.

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FOTO: DPA Bisher war Audi in Deutschlan­d keine illegale Abschaltei­nrichtung nachgewies­en worden.

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